Fachgesellschaft erkennt Dresdner Uniklinikum als Hämophilie-Betreuungs-Zentrum der höchsten Kategorie an

Das im Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden angesiedelte Universitäts HämophilieCentrum (UHC) wurde Anfang Dezember als Behandlungszentrum für Bluter – das sind an Hämophilie erkrankte Menschen – der höchsten Kategorie anerkannt. Es wurde hierzu als umfassendes Hämophilie-Betreuungs-Zentrum – Hemophilia-Comprehensive Care Center (HCCC) zertifiziert. Damit ist es eines von zehn Zentren in dieser Kategorie in Deutschland und bisher das einzige in den neuen Bundesländern, das die harten Kriterien der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) erfüllt.

Das aus Ärztinnen und Ärzten der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, der Medizinischen Klinik I sowie weiteren Spezialisten bestehende Team des Dresdner Universitäts HämophilieCentrum stellt eine umfassende ambulante und stationäre Versorgung von rund 600 Patientinnen und Patienten jeden Alters sicher, die unter Gerinnungsstörungen mit Blutungsneigung leiden. Darunter sind auch etwa 60 Personen mit Bluterkrankheit, der Hämophilie.

In den beiden Ambulanzen des Universitäts HämophilieCentrums stellen sich jährlich mehr als 600 Patientinnen und Patienten vor. Sie kommen entweder zur regelmäßigen Kontrolluntersuchung oder werden von niedergelassenen Ärztinnen oder Ärzten bei Verdacht auf eine Gerinnungsstörung mit Blutungsneigung ans UHC überwiesen. Bei der Versorgung dieser Patienten spielt die seit vielen Jahren etablierte enge Zusammenarbeit mit dem Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Uniklinikum mit ihrer ausgewiesenen Expertise auf dem Gebiet der Gerinnungsdiagnostik eine entscheidende Rolle. Das Team des Instituts kann mit speziellen, teilweise sehr aufwändigen Labormethoden auch äußert seltene Gerinnungsstörungen, wie zum Beispiel angeborene Funktionsstörungen von Blutplättchen, zuverlässig feststellen und liefert so die Grundlage für eine optimale Behandlung. Diese umfassende Gerinnungsdiagnostik wird beispielsweise auch benötigt, um bei Kindern eine unklare Blutungsneigung, die nicht selten zum Verdacht auf eine Misshandlung führt, abzuklären. Prof. Ralf Knöfler, Leiter der Gerinnungsambulanz für Kinder und Jugendliche an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, hat dazu umfangreich publiziert und ist an der gerade laufenden Überarbeitung der deutschlandweit geltenden Kinderschutzleitlinie beteiligt.

„Das Universitäts HämophilieCentrum ist ein anschauliches Beispiel für die hochspezialisierten Angebote der Dresdner Hochschulmedizin“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums: „Dank der interdisziplinären Zusammenarbeit werden Patienten mit seltenen, schweren und besonders komplexen Erkrankungen nach den modernsten Erkenntnissen der Medizin betreut. Nur sehr wenige Krankenhäuser in Deutschland verfügen über die entsprechende Expertise, die für diese Patientinnen und Patienten überlebenswichtig ist.“ Die Anerkennung als HCCC durch die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung bildet die Grundlage dafür, dass die Krankenkassen den mit der Betreuung dieser an Hämophilie Erkrankten verbundenen hohen zeitlichen und personellen Aufwand mit zusätzlichen Fallpauschalen vergüten. Die dafür notwendigen Verträge mit den Krankenkassen wurden bereits abgeschlossen und sind nun wirksam.

Basis der durch die GTH für fünf Jahre erfolgten Anerkennung ist nicht nur die fachübergreifende Zusammenarbeit der Expertinnen und Experten, sondern die umfangreiche Dokumentation der Leistungen und Abläufe. Dazu erstellten die Teams unter der Koordination der beiden Leiter des UHC, Prof. Ralf Knöfler und Oberärztin Dr. Karolin Trautmann-Grill von der Medizinischen Klinik I, umfangreiche Unterlagen mit detaillierten Angaben zur Betreuung von Gerinnungspatientinnen und -patienten mit Blutungsneigung. Bevor die GTH das HCCC-Zertifikat erteilte, überprüften externe Fachexperten dies vor Ort. Besondere Beachtung fand dabei auch, dass sich die Gerinnungsexpertinnen und -experten des Uniklinikums mehrfach pro Jahr zu Gerinnungsboards treffen und schwierige Patientenfälle besprechen und Fortbildungen zu Gerinnungsstörungen ausrichten.

Die Bluterkrankheit zählt zu den seltenen Gerinnungsstörungen und tritt als „Hämophilie A“ mit fehlendem beziehungsweise vermindertem Gerinnungsfaktor 8 bei einem von 5.000 Jungen auf. Von der „Hämophilie B“ – hier liegt ein Mangel des Gerinnungsfaktors 9 vor – ist einer von 30.000 Jungen betroffen. „Gerade die schwere und mittelschwere Verlaufsform dieser Erkrankung stellt eine große therapeutische Herausforderung dar. Die betroffenen Patientinnen und Patienten neigen spontan oder bei Bagatellverletzungen zu bedrohlichen Blutungen, welche beispielsweise im Bereich der Gelenke auftreten und mit dem Risiko bleibender Gelenkschädigungen verbunden sind“, sagt Prof. Knöfler. Daher benötigen die Betroffenen regelmäßig, zum Teil sogar mehrfach pro Woche, blutungsvorbeugende Injektionen von gerinnungsaktiven Medikamenten. Zudem erfordert jede invasive Prozedur, wie beispielsweise Operationen ein für jeden Patienten individuell festzulegendes Schema für die gerinnungsunterstützende Therapie. Die dafür benötigten Konzentrate werden durch den Bereich Transfusionsmedizin an der Medizinischen Klinik I bereitgestellt.

Die Bluterkrankheit wird oft im Säuglings- und Kleinkindesalter bei der Abklärung einer auffälligen Blutungsneigung diagnostiziert. Wenn die Erkrankung in der Familie bekannt ist, wird die Diagnose meist schon in den ersten Lebenstagen gestellt. Für Patientinnen und Patienten mit der schweren Form der Bluterkrankheit ist unbedingt die regelmäßige Gabe eines Gerinnungsmedikamentes erforderlich, um bedrohlichen Blutungen, die spontan oder bei Bagatellverletzungen auftreten können, vorzubeugen. Dies erfolgt zunächst durch die Kinderärzte in der Gerinnungsambulanz oder durch engagierte niedergelassene Kolleginnen und Kollegen.

Die Therapiemöglichkeiten für Hämophilie-Patientinnen und -Patienten haben sich in den letzten Jahren deutlich erweitert. Neben Gerinnungsfaktorenkonzentraten, die regelmäßig in die Venen gespritzt werden, steht für die Hämophilie A ein Medikament zur Verfügung, welches lediglich einmal pro Woche oder sogar nur jede zweite Woche unter die Haut gespritzt werden muss. Ganz aktuell wurde für die Hämophilie A bei Erwachsenen eine Gentherapie zugelassen; voraussichtlich im kommenden Jahr wird dies auch für die Hämophilie B der Fall sein. Letztlich gilt es, für jeden Betroffenen die passende Therapie auszuwählen, was einer großen Expertise bedarf. Mit Erreichen des Erwachsenenalters wechseln die Patientinnen und Patienten zur weiteren Mitbetreuung in die Gerinnungsambulanz der Medizinischen Klinik I. „Das ist eine ideale Situation für die Betroffenen und ermöglicht Kontinuität in der hohen Qualität der medizinischen Versorgung“, sagt Dr. Karolin Trautmann-Grill.

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin

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Medizinische Klinik I

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