Nächtlicher Puls zeigt Depression an
Original Titel:
Twenty-Four-Hour Heart Rate Is a Trait but Not State Marker for Depression in a Pilot Randomized Controlled Trial With a Single Infusion of Ketamine
Kurz & fundiert
- Herzrate und Depression – auch relevant für die antidepressive Behandlung?
- Studie aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland
- 16 Patienten mit uni- oder bipolarer behandlungsresistenter Depression und 16 Kontrollpersonen
- EKG-Messung, antidepressive Behandlung der Patienten mit Ketamin (eine Infusion)
- Herzrate unterschiedlich zwischen depressiven Patienten und Kontrollen
- Höhere Herzrate zu Beginn deutet auf bessere Ketamin-Wirkung
Auffälligkeiten der Herzrate (HR) und ihre Variabilität werden häufig bei Depression festgestellt. Ein Team aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland untersuchte nun Tageszeit-abhängige Muster der Herzrate bei Patienten mit Depression und ob sich daran Effekte einer Behandlung mit Ketamin ablesen lassen.
Herzrate und Depression – auch relevant für die antidepressive Behandlung?
Die Forscher führten mit Patienten mit behandlungsresistenter Depression (unipolar oder bipolar) ein viertägiges EKG durch. Die Herzraten-Messung begann vor einer randomisierten Gabe von rasch antidepressiv wirkendem Ketamin oder einem Placebo. Die EKG-Messungen wurden mit einer Kontrollgruppe ähnlichen Alters und Geschlechts verglichen. Alle Patienten wurden begleitend auch mit ihrer jeweiligen antidepressiven Basistherapie, bei Patienten mit der Bipolaren Störung mit ihrer jeweiligen Phasenprophylaxe behandelt.16 Patienten mit uni- oder bipolarer behandlungsresistenter Depression und 16 Kontrollpersonen im EKG
16 Patienten mit behandlungsresistenter Depression und 16 Kontrollpersonen nahmen an der Studie teil. Gesunde Kontrollen zeigten eine im Allgemeinen höhere Amplitude der Herzrate mit deutlichem Abfall in der Nacht (10 Uhr abends bis 6 Uhr morgens) und einem steilen Anstieg am Morgen (6 Uhr morgens bis 3 Uhr nachmittags). Variationen über den Tag (zirkadiane Rhythmen) der gesunden Teilnehmer zeigten zudem einen 12-Stunden-Rhythmus, besonders deutlich in einer Abnahme der Herzrate am Nachmittag zu erkennen. Patienten zeigten ein ähnliches Muster, die Variation der Herzraten war jedoch weniger ausgeprägt. Amplitude und Variation der zirkadianen Herzrhythmen erschienen demnach gedämpft, wenn auch die Herzrate allgemein höher war als die der Kontrollpersonen. Die Veränderungen der Herzraten wurden gesondert, als RMSSD-Wert (quadrierter Veränderungswert), analysiert. Gesunde Kontrollen zeigten mehrere kleinere Fluktuationen im Laufe des Tages, bei Patienten trat stattdessen ein einzelner, langsamer Anstieg der Herzrate auf, mit dem der Höhepunkt der Herzrate gegen Mittag bis frühen Abend erreicht wurde (11 Uhr morgens bis 6 Uhr abends). Bei den Menschen mit Depression zeigten sich somit höhere Herzraten, aber geringere Fluktuationen in der Herzrate (RMSSD) als bei den gesunden Kontrollen. Patienten unterschieden sich besonders deutlich von den gesunden Kontrollen in ihrer nächtlichen Herzrate, besonders zwischen 2 und 3 Uhr morgens. Die Herzrate vor Behandlungsbeginn deutete auf die Wirksamkeit der Ketamin-Therapie hin, fanden die Forscher (r = 0,55; p = 0,046): Patienten mit höheren Herzraten sprachen besser auf die Behandlung an. Die Herzrate sank deutlich im Anschluss an die Behandlung mit Ketamin – dies stand jedoch nicht in Zusammenhang mit der Stimmungsbesserung aufgrund der einzelnen Ketamin-Infusion, berichteten die Autoren.Depression erkennbar anhand der Herzrate, Herzrate deutet auf Wirksamkeit von Ketamin
Patienten mit Depression zeigten somit ein von gesunden Kontrollen unterscheidbares Herzaktivitäts-Muster auf. Besonders die nächtliche Herzrate kann diesen Ergebnissen zufolge eine Unterscheidung depressiver und gesunder Menschen ermöglichen. Die Herzrate zu Beginn der Untersuchung stand zudem mit der Wirksamkeit der Ketamin-Behandlung in Zusammenhang – ob sich dies in größeren Patientengruppen bestätigen lässt, wird nun untersucht werden müssen.© Alle Rechte: HealthCom