Allogene Stammzelltransplantation bei Hodgkin-Lymphom kann auch nach vorheriger Behandlung mit Checkpointinhibitoren helfen
Original Titel:
Allogeneic hematopoietic stem cell transplantation in r/r Hodgkin lymphoma after treatment with checkpoint-inhibitors: feasibility and safety.
MedWiss – Eine Analyse früherer Behandlungsdaten bei Patienten mit Hodgkin-Lymphom fand, dass eine allogene, hämatopoietische Stammzelltransplantation auch nach Behandlung mit Checkpoint-Hemmer machbar ist und nicht zu höherer Sterblichkeit führt. Allerdings muss dabei auf ein möglicherweise erhöhtes Risiko für die akute Transplantat-gegen-Wirt-Krankheit geachtet werden. Glücklicherweise gibt es inzwischen in Krebszentren viel Erfahrung mit vorbeugenden Maßnahmen, Früherkennung und effektiver Behandlung dieser Folgeerkrankung.
Bei einem klassischen Hodgkin-Lymphom ist nach einem Krankheitsrückfall die Stammzelltransplantation eine wesentliche Therapie, zusätzlich zu einer hochdosierten Chemotherapie. Dabei wird typischerweise die autologe Stammzelltransplantation durchgeführt – also eine Transplantation eigener Stammzellen aus Knochenmark oder Blut. Stammzellen sind die Alleskönner des Körpers: Sie können sich in jede andere Körperzelle verwandeln und so, je nachdem in welchem Organ sie sich befinden, unterschiedlichste Funktionen übernehmen. Die eigenen Zellen können also im Körper nach der Chemotherapie ganz neu die Herstellung von Blutzellen übernehmen. Das nennt man dann hämatopoietische (blutbildende) Stammzelltransplantation (englisch abgekürzt HSCT). Allerdings kann auch nach dieser Behandlung ein Rückfall erfolgen, wenn beispielsweise die eigenen Stammzellen bereits die Anlagen zur Erkrankung in sich tragen. Dann steht eine allogene Stammzelltransplantation als Option bereit, bei der also Stammzellen von einem anderen Menschen gewonnen und übertragen werden. Diese Behandlung ist vor allem ein Thema bei sogenannt behandlungssensiblen Patienten, die also grundlegend auf die Chemotherapie ansprechen. Es gibt allerdings Bedenken, diese Therapie bei Patienten durchzuführen, die bereits mit Checkpoint-Hemmer behandelt wurden.
Wie sicher ist eine allogene Stammzelltransplantation nach Behandlung mit Checkpoint-Hemmer?
Dazu ein kleiner Exkurs in diese Mittel, die zwei Forschern den Nobelpreis 2018 für Medizin verschafften. Checkpoint-Hemmer lösen eine Blockade, die Krebszellen aufbauen – die Krebszellen senden nämlich Signale aus, die das Immunsystem von einem Angriff abhalten. Die Checkpoint-Hemmer wiederum binden an diese Signale und verhindern so, dass sich die Krebszellen für das Abwehrsystem unangreifbar machen können.
Wie sicher ist also eine allogene Stammzelltherapie bei Patienten, die bereits mit Checkpoint-Hemmer behandelt wurden? Um dies zu ermitteln, sammelten Wissenschaftler Daten früherer Studien mit Patienten nach Behandlung mit den neuartigen Medikamenten (Kohorte 1) und verglichen sie mit Patienten, die nicht mit Checkpoint-Hemmer behandelt worden waren (Kohorte 2). Sämtliche dieser Patienten erhielten eine allogene Stammzelltransplantation, um ihre Erkrankung mit dem Hodgkin-Lymphom zu heilen.
Analyse früherer Behandlungsdaten von Patienten mit und ohne Checkpoint-Hemmer
Die Daten wurden aus Veröffentlichungen sowie verschiedenen Konferenzbeiträgen (aus den Jahren 2015-2017) und klinischen Studien aus den Jahren 2015-2018 gewonnen. Fokus bei der Analyse war die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung mit und ohne vorherige Behandlung mit Checkpoint-Hemmer.
Nach Durchsicht von 272 Veröffentlichungen und Ausschluss von Duplikaten basierten die Daten der Kohorten 1 (122 Patienten) und 2 (978 Patienten) jeweils auf 6 Publikationen. Zu den gravierendsten Problemen bei der allogenen Stammzelltransplantation gehört die Transplantat-gegen-Wirt-Krankheit (engl. graft versus host disease, kurz GvHD), bei dem das transplantierte, fremde Immunsystem den Körper des Patienten als fremd erkennt und angreift. Schwerere, akute Fälle dieses Problems (Grad 3‐4) wurden in der Patientenkohorte 1 (mit vorheriger Checkpoint-Hemmer-Therapie) in 28 % der Fälle gefunden, in der Kohorte 2 dagegen nur in 8 % der Patienten. Chronische Fälle des Angriffs durch die körperfremden Zellen traten dagegen ähnlich häufig auf (26 % versus 29 %). Nach einem halben Jahr waren 15 % der Patienten der Kohorte 1 und 19 % der Kohorte 2 rückfallsfrei – der Behandlungserfolg war also auch in diesem Aspekt vergleichbar mit vorheriger Behandlung mit Checkpoint-Hemmer und ohne.
Ähnliche Behandlungserfolge mit und ohne vorheriger Behandlung mit Checkpoint-Hemmer
Zusammenfassend konnte diese Analyse zeigen, dass eine allogene, hämatopoietische Stammzelltransplantation auch nach Behandlung mit Checkpoint-Hemmer machbar ist und nicht zu höherer Sterblichkeit führt. Allerdings muss bei dieser Art der vorherigen Behandlung auf ein möglicherweise erhöhtes Risiko für die akute Transplantat-gegen-Wirt-Krankheit geachtet werden. Glücklicherweise gibt es inzwischen in Krebszentren viel Erfahrung mit vorbeugenden Maßnahmen, Früherkennung und effektiver Behandlung dieser Folgeerkrankung. Weitere gezielte Untersuchungen zu diesen Behandlungen sollten nun aber folgen, um direkt und kontrolliert Behandlungseffekte vergleichen zu können.
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