Chronische Schmerzen: Neue Angebote ermöglichen frühe Therapie
Neues ambulantes Behandlungsprogramm hilft gegen wiederkehrende Schmerzen, bevor sie chronisch werden / Universitätsklinikum Freiburg einziges Behandlungszentrum im Südwesten Deutschlands / Weiteres Projekt soll telemedizinische Versorgung stärken
Rücken, Kopf, Gelenke: Rund 23 Millionen Menschen in Deutschland haben chronische Schmerzen, jede*r vierte Betroffene ist dadurch im Alltag beeinträchtigt. Um Personen mit regelmäßig wiederkehrenden Schmerzen zu helfen, bevor die Beschwerden chronisch werden, bietet das Interdisziplinäre Schmerzzentrum (ISZ) des Universitätsklinikums Freiburg eine neue ambulante Therapie an. Das von der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. initiierte Programm PAIN2.0 kann auch berufsbegleitend erfolgen. Das ISZ ist das einzige Zentrum im Südwesten Deutschlands, das das Programm anbietet. Die Behandlung steht allen gesetzlich Versicherten offen.
„Mit PAIN2.0 können wir den Betroffenen helfen, bevor die Schmerzen chronisch werden. Damit schließen wir eine wichtige Versorgungslücke“, sagt Dr. Kristin Kieselbach, Ärztliche Leiterin des Interdisziplinären Schmerzzentrums am Universitätsklinikum Freiburg. „Bislang erhalten Patient*innen mit wiederkehrenden Schmerzen viel zu oft nur Schmerzmedikamente und zu selten eine interdisziplinäre Therapie, die den gesamten Schmerz in den Blick nimmt. Dabei sind chronische Schmerzen nicht allein körperlich bedingt, sondern haben vielfältige Ursachen und Auswirkungen in den psychosozialen Bereich. Hier frühzeitig helfen zu können, bedeutet viel Leid zu verhindern“, so Kieselbach
Mit drei Stunden pro Woche hin zur Schmerzlinderung
Das Therapiekonzept orientiert sich an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Vorbeugung von chronischen Schmerzen und kombiniert Wissensvermittlung und körperliche Übungen. Während zehn Wochen arbeiten die Patient*innen in jeweils dreistündigen Gruppen- und Einzelsitzungen eng mit Schmerzexpert*innen aus Medizin, Psychologie und Physiotherapie zusammen. „Das Schöne an dem Programm ist, dass es ambulant und parallel zum regulären Alltag erfolgen kann“, so Kieselbach.
PAIN2.0 richtet sich an Erwachsene mit Schmerzen, die länger als sechs Wochen anhalten oder häufig wiederkehren, wenn die Betroffenen sich in ihrer Lebensführung durch diese Schmerzen eingeschränkt fühlen. „Sehr wichtig ist uns dabei, dass die Patient*innen die neu erlernten Strategien unmittelbar im Alltag anwenden können“, betont Kieselbach.
PAIN2.0 ist eine bundesweite wissenschaftliche Versorgungsstudie, die durch den Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss über drei Jahre mit rund sieben Millionen Euro gefördert wird. Nach Auswertung der Studie könnte das neue Behandlungsprogramm in die Regelversorgung überführt werden.
Per Telemedizin Schmerzpatient*innen landesweit erreichen
Weil nicht jede*r Schmerzpatient*in zur Behandlung nach Freiburg kommen kann, erprobt das Interdisziplinäre Schmerzzentrum gemeinsam mit dem Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Freiburg derzeit ein volldigitales Beratungsangebot. Im Projekt telaskoop sollen mit bis zu 20 ländlich gelegenen Praxen in Südbaden Videosprechstunden zwischen niedergelassenen Ärzt*innen, Patient*innen und dem Team des Interdisziplinären Schmerzzentrums etabliert werden. „Durch den engen Austausch mit niedergelassenen Kolleg*innen möchten wir eine rechtzeitige und leitliniengerechte Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzerkrankungen ermöglichen“, sagt ISZ-Leiterin Kieselbach. Derzeit werden weitere niedergelassene Ärzt*innen gesucht, die an einer Kooperation interessiert sind.
Weitere Informationen:
Weiterführende Informationen zum Programm Pain2.0
Weiterführende Informationen zum Programm telaskoop