Kognitive Rehabilitation verbessert gezielt Alltagsfunktion bei Alzheimer- und vaskulärer Demenz
Original Titel:
Goal-oriented cognitive rehabilitation for early-stage Alzheimer's and related dementias: the GREAT RCT
MedWiss – In einer Multizentrenstudie mit fast 500 Teilnehmern zeigte sich, dass Ergotherapie zur kognitiven Rehabilitation klinisch wirksam Menschen mit Demenz im Frühstadium darin unterstützt, ihre Alltagsfunktionalität gezielt zu verbessern. Diese Förderung stellt damit eine wertvolle Bereicherung der Therapieansätze für Menschen mit Demenz dar.
Als kognitive Rehabilitation bezeichnet man eine individualisierte, ganz auf die Person zentrierte Intervention für Menschen mit einer milden bis moderaten Demenz. Dieses Training für Geist und Sinne soll helfen, die Beeinträchtigungen im Alltag abzufangen und auszugleichen. Um zu ermitteln, ob eine solche kognitive Rehabilitation im klinischen Sinne wirksam, aber auch kosteneffektiv ist – also ihr Geld wert ist – wurde eine Untersuchung der Methode mit Betroffenen durchgeführt und analysiert.
Kann kognitive Rehabilitation Menschen mit Demenz sinnvoll helfen?
An der Studie nahmen verschiedene Einrichtungen teil (Multizentrenstudie). Die Teilnehmer wurden zufällig entweder der untersuchten Behandlung, also der kognitiven Reha, zugewiesen, oder aber zur Kontrolle einer Behandlung wie sonst üblich (TAU). Nach einer ersten Einschätzung der jeweiligen Demenzsymptome wurden Ziele mit den einzelnen Teilnehmern entwickelt: also Bereiche im Alltag identifiziert, in denen ihre Symptome sie auf belastende Weise einschränkten oder die einfach besser laufen könnten. Anschließend wurden die Teilnehmer zufällig der gezielten Rehabilitation oder der Standardbehandlung zugewiesen. Nach je 3 und 9 Monaten wurden die Ergebnisse der jeweiligen Behandlung ermittelt.
Training für Geist und Sinne zur Erleichterung des Lebens mit Demenz
Sämtliche Teilnehmer waren mit der Alzheimerkrankheit, vaskulärer oder gemischter Demenz diagnostiziert. In der anfänglichen Einschätzung zeigte sich eine mild bis moderate geistige Einschränkung: im Mini-Mentalstatustest (MMST) erreichten die Teilnehmer typische Werte von mindestens 18 Punkten. Die jeweilige Medikation war unterschiedlich, aber stabil. Alle Teilnehmer hatten Unterstützung in der Studie durch einen Betreuer aus der Familie. Um eine gute Aussagekraft der Untersuchung zu erreichen, planten die Forscher 350 Teilnehmer ein.
Die kognitive Reha bestand aus 10 Therapiesitzungen über drei Monate hinweg. Daran schlossen Erhaltungssitzungen über weitere 6 Monate an, die bei den Teilnehmern zuhause durch insgesamt 9 Ergotherapeuten und eine Pflegerin durchgeführt wurden.
Regelmäßige Ergotherapie zur Verbesserung des Alltags
Vorrangig war das Ziel zu Beginn durch die Teilnehmer selbst gesetzt – dieses Ziel sollte also in den drei Monaten erreicht werden. Nach 9 Monaten wurde ermittelt, ob dies immer noch nachwirkte. Beides wurde von den Betroffenen selbst erfragt. Die Betreuer gaben unabhängig davon aber auch eine Einschätzung ab, ob das ursprüngliche Ziel erreicht worden war. Weiter wurden auch Faktoren wie Lebensqualität, Stimmung, Selbst-Wirksamkeit (das Gefühl, selbst Änderungen bewirken zu können) und die Kognition, also geistige Fähigkeit, untersucht. Auch die Belastung der Betreuer und die allgemeine Gesundheit wurden erfasst. Bei diesen Untersuchungen war jeweils auch für die Tester nicht klar, welche Behandlung der jeweilige Mensch erhalten hatte.
Große Studie: erreichen Menschen mit Demenz selbstgesetzte Ziele mit der Therapie?
Insgesamt wurden 475 Teilnehmer zufällig den Behandlungsgruppen zugeordnet. 239 sollten die kognitive Rehabilitation, 236 die Standardbehandlung erhalten. Immerhin 427 Teilnehmer (90 %) schlossen die Studie komplett ab. Abschließend konnten von diesen die Ergebnisse von 426 Teilnehmern analysiert werden (208 mit kognitiver Rehabilitation, 218 mit Standardbehandlung).
Nach 3 Monaten gab es einen deutlichen, positiven Effekt auf die Selbsteinschätzung der Teilnehmer, ob ihr Ziel erreicht wurde. Dieser wurde auch durch die Einschätzung der Betreuer unterstützt. Beides hielt sich auch nach 9 Monaten. Aus Sicht sowohl der Betroffenen als auch ihrer Angehörigen war demnach das Ziel nachhaltig erreicht. Dies schien sich allerdings nicht messbar auf weitere Faktoren auszuwirken.
Wie viel war dieser Effekt nun geldwert? Dazu führten die Forscher eine Kosten-Nutzen-Analyse durch. Weder die Patienten noch ihre Betreuer gewannen messbar Lebensqualität hinzu – dieser Faktor wird in Qualität-angepasste-Lebensjahre umgerechnet. In diesem Fall gab es aber keinen Zugewinn an Lebensjahren mit besserer Lebensqualität, die Behandlung rechnete sich darin also nicht. Mit Blick auf das individuelle Ziel war dies natürlich anders: dieses wurde häufig erreicht und auch über 9 Monate erhalten. Aus sozialer und gesundheitlicher Sicht war die Ergotherapie damit durchaus ihr Geld wert.
Begrenzt ist diese Einschätzung leider durch das fehlende Maß für die individuelle Verbesserung, also der funktionellen Fähigkeiten vor und nach der Therapie. In nächsten Schritten sollen auch Menschen mit anderen Demenzerkrankungen untersucht werden.
Kognitive Rehabilitation: ihr Geld wert zur Verbesserung von Alltagsfunktionalität
Die Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass Ergotherapie zur kognitiven Rehabilitation klinisch wirksam Menschen mit Demenz im Frühstadium darin unterstützt, ihre Alltagsfunktionalität zu verbessern. Ziele, die im Rahmen der Therapie identifiziert und entwickelt werden, können somit auch erreicht und erhalten werden. Diese gezielte Förderung stellt damit eine Bereicherung der Therapieansätze für Menschen mit Demenz dar.
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