DGIM begrüßt Reformvorschläge für Notfallversorgung

Patientenströme lenken, um Notaufnahmen zu entlasten 

Wiesbaden Eine schnelle telefonische oder telemedizinische Ersteinschätzung und eine qualitätsgestützte Zuweisung in die passende Struktur der Notfallversorgung: Mit Reformvorschlägen will die „Kommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ der Bundesregierung dafür sorgen, dass alle Patientinnen und Patienten eine ihrem jeweiligen Gesundheitszustand angemessene medizinische Behandlung erhalten. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) sieht in den Vorschlägen der Regierungskommission für die Notfallversorgung ein wirksames Konzept, um Patientenströme sinnvoll und nach medizinischen Qualitätskriterien in die richtigen Versorgungsstrukturen zu leiten und so die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten. Von einer demnach schnelleren Versorgung würden vor allem die Patientinnen und Patienten profitieren, so die DGIM.

Die Zahl der Menschen, die ambulant oder stationär als Notfälle in Krankenhäusern behandelt wurden, steigt: Allein von 2009 bis 2019 verzeichnen Statistiken einen Anstieg um 28 Prozent auf fast 20 Millionen Fälle, beschreibt die Regierungskommission die Ausgangslage in ihrer 4. Stellungnahme. „Dieses Bild können alle Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern bestätigen, die diese Entwicklung tagtäglich zu spüren bekommen“, sagt Professor Dr. med. Georg Ertl. Insbesondere während saisonaler Infektionswellen stünden einige Notaufnahmen regelmäßig kurz vor dem Kollaps. Die Folge: Schlimmstenfalls gesundheitsgefährdend lange Wartezeiten für Patientinnen und Patienten. Vor diesem Hintergrund begrüßt der DGIM-Generalsekretär die aktuellen Vorschläge der Regierungskommission. Diese sehen die Einführung einer Integrierten Leitstelle (INL) als Weiterentwicklung der Notfall-Hotlines 112 und 116117 mit telefonischer oder telemedizinischer Ersteinschätzung sowie Integrierter Notfallzentren (INZ) vor.

INZ sollen nach den Plänen der Regierungskommission an rund 420 Krankenhäusern der Notfallversorgungsstufen 2 und 3 aufgebaut und vom jeweiligen Krankenhaus gemeinsam mit der regionalen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) betrieben werden. „Die Vorschläge setzen die richtigen Akzente, um Menschen direkt in die Versorgungsstruktur zu lenken, in der sie die ihrem Gesundheitszustand entsprechende Behandlung erhalten“, so Ertl. So sollen nach medizinischer Hilfe Suchende in INZ an einem sogenannten zentralen Tresen eine medizinische Ersteinschätzung erhalten, nach der sie entweder in die Notaufnahme des Krankenhauses oder die KV-Notdienstpraxis geleitet werden. „Eine solche, qualitätsgestützte Lenkung der Patientenströme entlastet die Notaufnahmen der Krankenhäuser deutlich. Auch die Patientinnen und Patienten mit weniger akuten Erkrankungen profitieren, da sie kürzer auf eine Behandlung beziehungsweise eine Ersteinschätzung warten müssen“, prognostiziert auch Professor Dr. med. Ulf Müller-Ladner, Vorsitzender der DGIM.

Einziger Kritikpunkt der DGIM: Neben den strukturellen Vorschlägen empfiehlt die Regierungskommission in ihrer Stellungnahme auch die Einführung einer Weiterbildung zum Facharzt für Notfallmedizin, die perspektivisch zur Leitung der Integrierten Notfallzentren befähigen soll. „Diesen Vorschlag halten wir für nicht zielführend, wenn man bedenkt, dass die weit überwiegende Zahl der Patientinnen und Patienten die Notaufnahmen mit internistischen Erkrankungen aufsuchen“, sagt Ertl. Zielführender sei es, Fachärztinnen und Fachärzte zu motivieren, die bestehende Zusatzweiterbildung für klinische Akut- und Notfallmedizin zu erwerben.

Quelle:

Vierte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung: Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland – Integrierte Notfallzentren und Integrierte Leitstellen, Februar 2023: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/Vierte_Stellungnahme_Regierungskommission_Notfall_ILS_und_INZ.pdf