Nebenwirkungen von Immun-Checkpoint-Hemmern häufiger als bisher angenommen
Original Titel:
Side Effects From Certain Immunotherapies May Be Higher Than Initially Reported
MedWiss – Nebenwirkungen von Immun-Checkpoint-Hemmern kommen eventuell häufiger vor, als bisher angenommen. Trotzdem sind die Behandlungen verträglicher als z. B. eine Chemotherapie.
Die Immuntherapie mit Checkpoint-Hemmern verlängert das Leben vieler Krebspatienten. Auch bei nicht-kleinzelligem Lungenkrebs kommen die Wirkstoffe zum Einsatz, ein Fortschritt in der Therapie von Lungenkrebs. Doch bei neuen Therapien dauert es meist eine gewisse Zeit, bis Nebenwirkungen und Risiken gänzlich bekannt sind.
Seltene Nebenwirkungen werden nicht immer in Zulassungsstudien entdeckt
Wenn solche Therapien einige Zeit im Einsatz sind und immer mehr Patienten damit behandelt wurden, werden manchmal seltene Nebenwirkungen bekannt, die so in den Untersuchungen zu dem Medikament bisher nicht beobachtet wurden oder die Häufigkeit von bestimmten Nebenwirkungen ist doch anders als zuerst angenommen. Das liegt vor allem daran, dass viel mehr Patienten und eine viel größere Bandbreite von Patienten behandelt werden, als an einer entsprechenden klinischen Studie teilnehmen.
Auswertung von Versicherungsdaten zu Immun-Checkpoint-Hemmern
Dies scheint auch bei den zielgerichteten Therapien mit Nivolumab, Pembrolizumab und Atezolizumab der Fall zu sein. Amerikanische Wissenschaftler um Dr. Elizabeth Jane Cathcart-Rake von der renommierten Mayo Clinic in Rochester, Minnesota haben dazu Gesundheitsdaten von Lungenkrebspatienten aus einer großen US-Versicherungsdatenbank ausgewertet, die zwischen 2015 und 2017 mit den Immun-Checkpoint-Hemmern behandelt wurden.
Schilddrüsenunterfunktion häufigste Nebenwirkung
Die Wissenschaftler stellten fest, dass die häufigste immunbedingte Nebenwirkung eine Schilddrüsenunterfunktion war. Sie trat bei 9,2 % der behandelten Patienten auf. Die Wissenschaftler schreiben, dies sei nicht verwunderlich, da gerade die Schilddrüse empfindlich auf Immun-Reize reagiert.
Magen-Darm-Beschwerden und Herz-Kreislauf- Probleme selten
Weitere Nebenwirkungen, die die Wissenschaftler in den Daten fanden, war Blutarmut (Anämie), die bei 5,7 % der Patienten auftrat, sowie akute Nierenschäden bei 2,8 % der Patienten. Magen-Darm-Beschwerden oder Herz-Kreislauf-Probleme hingegen waren recht selten. Die Wissenschaftler wollten die Daten noch genauer auswerten, um eine noch bessere Einschätzung der in den Studien zu den Wirkstoffen gemeldeten Toxizität und denen in der gesamten Bevölkerung erhalten zu können.
Forschern fehlten Zahlen aus Studien zum genaueren Vergleich
Dahingehend bemängeln die Forscher, dass in zu vielen klinischen Studien zum Zeitpunkt der wissenschaftlichen Veröffentlichung keine Angaben zu Nebenwirkungen bzw. ihrer Häufigkeit gemacht werden – diese Daten sind dann oft erst mal nur in den Zulassungsanträgen an die Arzneimittelbehörden enthalten. Im Vergleich zu den Daten zu den Nebenwirkungen aus der KEYNOTE-24- Studie, die Pembrolizumab mit einer Standardchemotherapie verglich, zeigte sich, dass die Nebenwirkungen in der Auswertung der Forscher um Dr. Cathcart-Rake anscheinend öfter auftraten, als in der klinischen Studie zunächst beobachtet werden konnte.
Entzündung der Hirnanhangdrüse trat häufiger auf als in Studie beobachtet
So wurde in der klinischen Studie eine Hypophysitis, also eine Entzündung der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), die selten vorkommt, bei 0,6 % der Teilnehmer beobachtet. In der Auswertung der Versicherungsdaten machten die Wissenschaftler jedoch eine höhere Rate aus. Hier trat die Entzündung bei 2,4 % der behandelten Patienten auf. Die Hypophyse ist für die Ausschüttung verschiedener Hormone verantwortlich, die z. B. das Wachstum oder die Schilddrüsenfunktion steuern. Bei einer Entzündung der Drüse kann es zu einer geringeren Ausschüttung dieser Hormone, mit verschiedensten Symptomen als Folge, Kopfschmerzen und Sehstörungen kommen.
Immuntherapien sind trotzdem sicher, wirksam und gut verträglich
Die Wissenschaftler betonen aber, dass die Immuntherapien mit Nivolumab, Pembrolizumab und Atezolizumab nach wie vor gut verträglich ist. Schwere Nebenwirkungen sind seltener als bei den üblichen Chemotherapien. Trotzdem können Immun-Checkpoint-Hemmer schwerwiegende Nebenwirkungen haben – aber nur in seltenen Fällen.
Weitere Auswertung für besseres Nebenwirkungsmanagement durch Ärzte
Als nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler genauer auswerten, wann im Verlauf der Behandlung die Nebenwirkungen bei den Patienten auftraten. Das kann dabei helfen, die Nebenwirkungen besser im Blick zu haben und sie gezielt und zeitnah anzugehen.
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Referenz:
Pressemitteilung der American Society of Clinical Oncology (ASCO),“Side Effects From Certain Immunotherapies May Be Higher Than Initially Reported“, vom 13.11.2018, abgerufen am 28.03.2019 Arznei-News-Mitteilung „Immun-Checkpoint-Inhibitoren • Nebenwirkungen einiger Immuntherapeutika könnten häufiger sein als zuvor angenommen“ vom 24.11.2018, abgerufen am 28.03.2019