Mikrobiom beeinflusst Erfolg der Chemotherapie
Stoffwechselprodukt 3-IAA gilt als möglicher Biomarker
Kann eine bestimmte Darmflora die Therapie von Tumoren der Bauchspeicheldrüse steigern? Hinweise darauf hat ein multizentrisches Team von Forschenden in einer ganzen Serie von Experimenten gefunden, deren Ergebnisse jetzt im renommierten Fachjournal „Nature“ veröffentlicht wurden. Federführend waren Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Beteiligt an der Studie waren aber auch Forschende des LMU Klinikums München um Prof. Dr. Stefan Böck und Dr. Danmei Zhang von der Medizinischen Klinik und Poliklinik III, die Blutproben und klinische Daten von Patienten beigesteuert haben.
Tumoren der Bauchspeicheldrüse zählen zu den tödlichsten Krebsformen überhaupt: Fünf Jahre nach der Diagnose leben nur noch zehn bis 20 Prozent der Patienten. Häufig kommt es zur Bildung von Tochtergeschwulsten. Nicht einmal die Hälfte der Patienten spricht auf die primäre Behandlung mit Chemotherapie an.
Genetische Veränderungen im Tumor allein können das nicht erklären. Also schauen sich Forschende inzwischen auch andere Faktoren an. Jüngsten Studien zufolge kann auch die Ernährung beeinflussen, wie ein Mensch auf eine Therapie reagiert. Welche Rolle sie im Falle von Pankreastumoren spielt, haben die LMU-Forschenden mit internationalen Kollegen genauer beleuchtet. Konkret ging es um das Mikrobiota im Darm, also allen Bakterien und Pilzen, die den Darm besiedeln, gemeinhin bekannt unter dem Titel Darmmikrobiota.
Mit modernen Verfahren der Erbgutanalyse und der Analyse von Stoffwechselprodukten hat das Team erstmals mit zwei Patientenkohorten (eine aus München) nachgewiesen, dass bei Patienten, die auf eine gängige Chemotherapie ansprechen, „gehäuft ein Stoffwechselprodukt, das 3-IAA genannt wird, vom Darmmikrobiota gebildet wird“, wie Böck erklärt. 3-IAA (für Indol-3-Essigsäure) ist ein Molekül, das von den Darmbakterien aus der essenziellen Aminosäure Tryptophan gebildet wird.
Wirksamkeit von Chemotherapie vorab testen
Womöglich lässt sich 3-IAA sogar als sogenannter Biomarker nutzen, der prognostiziert, ob ein Patient von der Chemotherapie profitiert oder nicht.
Auch therapeutisch könnte diese Substanz eine Rolle spielen. Die Forschenden haben Mäuse mit Pankreastumoren die Aminosäure Tryptophan oder die Substanz 3-IAA gefüttert. Zudem bekamen Mäuse über eine Fäkaltransplantation ein neues Mikrobiota.
Hatten die Nager eine Fäkaltransplantation von einem Menschen erhalten, der von einer Chemotherapie profitierte, ´dann haben sie nur mit der Zugabe von Tryptophan mehr 3-IAA gebildet und besser auf eine Chemotherapie angesprochen. Hatten die Mäuse Darmbakterien von einem Patienten bekommen, der zuvor nicht von einer Chemotherapie profitierte, dann konnten die Tiere nur wenig 3-IAA bilden und brauchten die direkte Gabe dieses Stoffes, um auf eine Chemotherapie anzusprechen.
Das alles spricht dafür, entsprechende Interventionen auch bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs zu testen. Das wäre, sagt Stefan Böck, „absolut sinnvoll.“
Originalpublikation:
Tintelnot, J., Xu, Y., Lesker, T.R. et al. Microbiota-derived 3-IAA influences chemotherapy efficacy in pancreatic cancer. Nature 615, 168–174 (2023), doi: 10.1038/s41586-023-05728-y
Pankreaszentrum am LMU Klinikum München
Das LMU Klinikum München verfügt über ein interdiszipilnäres, DKG-zertifiziertes Pankreaszentrum, das Teil des Onkologischen Spitzenzentrums CCC München ist. Kontaktdaten und weitere Informationen unter https://www.lmu-klinikum.de/ccc-pankreaszentrum