Wirksamkeit von Lorlatinib erstmals bei Patienten mit Lungenkrebs getestet
Original Titel:
Lorlatinib in non-small-cell lung cancer with ALK or ROS1 rearrangement: an international, multicentre, open-label, single-arm first-in-man phase 1 trial
MedWiss – Lorlatinib könnte ein neuer zielgerichteter Wirkstoff für die Behandlung von fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs mit bestimmten genetischen Merkmalen sein. Der Tyrosinkinase-Hemmer könnte gegen Lungenkrebs und Metastasen im Gehirn wirken.
Bei etwa 4 % der Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs liegt eine fehlerhafte Veränderung des Erbmaterials für ein spezielles Enzym, die anaplastische Lymphom-Kinase (ALK), oder des Krebsgens ROS1 in den Tumorzellen vor. Durch diese Veränderungen wird das unkontrollierte Wachstum der Krebszellen begünstigt. Meistens können die betroffenen Patienten mit zielgerichteten Wirkstoffen, den sogenannten Tyrosinkinase-Hemmern (TKI) erfolgreich behandelt werden. Allerdings kann die TKI-Behandlung im Laufe der Zeit unwirksam werden, weil die Tumorzellen Resistenzen gegenüber den Wirkstoffen entwickeln. Häufig schreitet die Krankheit dann unter Befall des zentralen Nervensystems fort. Lorlatinib ist ein neuartiger Tyrosinkinasehemmer, der gegen ALK und ROS1 gerichtet ist und zur gezielten Behandlung von Lungenkrebs und Gehirnmetastasen eingesetzt werden soll.
Erste Studie mit Lorlatinib abgeschlossen
In einer Studie haben Krebsforscher nun die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Wirkstoffs Lorlatinib erstmals an Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem oder ROS1-positivem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs getestet. Die Dosierungen des Wirkstoffs variierten und lagen zwischen 10 mg und 200 mg einmal täglich oder zwischen 35 mg und 100 mg zweimal täglich, jeweils oral verabreicht. Jede Dosierung wurde an mindestens drei Patienten getestet. Die Patienten wurden genaustens beobachtet, um Verträglichkeit und Nebenwirkungen zu erfassen.
Zwischen Januar 2014 und Juli 2015 wurden 54 Patienten in die Studie eingeschlossen und erhielten mindestens eine Dosis Lorlatinib in 21-tägigen Zyklen. Davon hatten 44 Patienten (77 %) ALK-positiven Lungenkrebs und bei 12 Patienten (23 %) konnte das Krebsgen ROS1 in den Tumorzellen nachgewiesen werden. Bei einem Patienten konnten diese biologischen Merkmale nicht erfasst werden. Bei 28 Patienten (52 %) wurden mindestens zwei verschiedene TKI verabreicht und 39 Patienten (72 %) waren von Gehirnmetastasen betroffen. Als häufigste Nebenwirkung trat eine Erhöhung der Blutfettwerte auf. Bei 39 Patienten (72 %) war der Cholesterinspiegel und bei 21 (39 %) der Triglycerid-Wert erhöht. Nervenschädigungen und Ödeme (Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe) traten bei jeweils 21 Patienten (39 %) auf. Die höchste verabreichte Dosis lag bei 200 mg, wobei es in einem Fall zu mäßigen Giftigkeitserscheinungen kam, die dazu führten, dass der betroffene Patient 16 der 21 vorgesehenen Medikamentengaben innerhalb des ersten Therapiezyklus nicht einnehmen konnte. Dabei betrafen die auftretenden Nebenwirkungen vorwiegend das Nervensystem, wodurch es zu verlangsamter Sprache und Wortfindungsschwierigkeiten kam. Die höchste verträgliche Dosis konnte in dieser Studie nicht ermittelt werden. Als empfohlene Dosierung für die zweite Behandlungsphase wurde 100 mg einmal täglich festgelegt.
Messbare Tumorverkleinerung bei etwas weniger als der Hälfte der Patienten
Eine messbare Tumorverkleinerung wurde bei 19 (46 %) der ALK-positiven Patienten festgestellt. Bei den 26 Patienten, die mehr als zwei verschiedene TKI verabreicht bekommen hatten, war in 11 (42 %) Fällen eine Tumorverkleinerung nachweisbar. Von den 12 ROS1-positiven Patienten erzielten 6 (50 %) eine messbare Tumorverkleinerung unter Lorlatinib-Behandlung, allerdings waren 7 dieser 12 Patienten mit dem Wirkstoff Crizotinib, einem Wirkstoff, der ebenfalls gegen ROS1 und ALK gerichtet ist, vorbehandelt gewesen.
Aus diesen Studienergebnissen schlussfolgern die Forscher, dass Lorlatinib eine wirksame zielgerichtete Substanz zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem oder ROS1-positivem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs darstellen könnte, die eine Resistenz gegen bisher verfügbare TKI entwickelt haben und von Gehirnmetastasen betroffen sind.
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