Chronische Darmentzündung

Tacrolimus gegen Colitis ulcerosa – Ein Vergleich mit TNF-Hemmern

Original Titel:
Tacrolimus versus anti-tumor necrosis factor agents for steroid-refractory active ulcerative colitis based on the severity of endoscopic findings: a single-center, open-label cohort study

MedWiss – Wenn die herkömmlichen Therapien im Kampf gegen Colitis ulcerosa nicht ausreichen, kommen innovative Arzneimittel zum Einsatz. Gut bewährte innovative Wirkstoffstoffe sind die TNF-Hemmer. Doch auch Tacrolimus konnte bereits Erfolge erzielen. Doch ist Tacrolimus genauso wirksam wie die bewährten TNF-Hemmer? Wissenschaftler kamen in der vorliegenden Studie zu dem Schluss, dass TNF-Hemmer in mancher Hinsicht die Nase vorn hatten.


Biologika finden immer mehr Anwendungen in der Medizin. Auch bei der Behandlung von Colitis ulcerosa haben diese biotechnologisch hergestellten Wirkstoffe bereits Einzug erhalten. Es sind bereits drei Biologika für die Behandlung von Colitis ulcerosa in Deutschland zugelassen, die sich gegen den Tumornekrosefaktor (TNF), einen Botenstoff des Immunsystems, richten. Die sogenannten TNF-Hemmer haben bereits viele Erfolge erzielen können, doch leider wirken sie nicht bei jedem Patienten. Bei etwa 30 % der Patienten mit einer chronischen Darmentzündung zeigen TNF-Hemmer keine Wirkung und bei 13 % bis 15 % der Patienten verlieren die Wirkstoffe pro Behandlungsjahr ihre Wirkung. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch weiterhin an alternativen Wirkstoffen zu forschen. Ein möglicher neuer Wirkstoff mit einem anderen Wirkmechanismus stellt Tacrolimus dar. Statt TNF hemmt Tacrolimus das Enzym Calcineurin, welches ebenfalls für die Entzündungsreaktion von Bedeutung ist. Es gibt bereits erste Hinweise darauf, dass Tacrolimus wirksam bei der Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa ist. In einer Übersichtsarbeit fassten Wissenschaftler 22 kleinere Studien, die sich mit der Wirksamkeit von Tacrolimus bei Colitis ulcerosa befassten, zusammen und fanden heraus, dass Tacrolimus zu einem Rückgang der Krankheitssymptome führen kann (Studie von Lasa und Kollegen, 2017 in der medizinischen Fachzeitschrift Arquivos de gastroenterologia veöffentlicht). Doch kann Tacrolimus auch die gleichen Erfolge erzielen wie die bewährten TNF-Hemmer?

Patienten mit Colitis ulcerosa bekamen entweder TNF-Hemmer oder Tacrolimus

Diese Frage stellten sich sechs japanische Wissenschaftler. Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, untersuchten sie 52 Colitis ulcerosa-Patienten, die sich in einem mittelschweren bis schweren Krankheitsschub befanden und bei denen Kortisonpräparate keine Wirkung zeigten. Diese Patienten erhielten entweder Tacrolimus (29 Patienten) oder TNF-Hemmer (23 Patienten) mit dem Ziel, die Erkrankung wieder in eine Ruhephase zu versetzen. Um die Wirksamkeit der Wirkstoffe zu überprüfen wurde die Krankheitsaktivität mit Hilfe des Colitis Activity-Index (CAI) bestimmt, welcher sowohl Laborwerte als auch Symptome mit in die Bewertung einbezieht. Außerdem wurde die Darmschleimhaut mit einem bildgebenden Verfahren (Endoskopie) untersucht und mithilfe eines speziellen Punktesystems (Ulcerative Colitis Endoscopic Index of Severity, kurz UCEIS) bewertet. Des Weiteren wurde erfasst, wie häufig es zu Komplikationen kam. Dazu zählten das erneute Aufflammen der Erkrankung, Krankenhausaufenthalte und Operationen.

TNF-Hemmer hatten in mancher Hinsicht die Nase vorn

Bei der Analyse der Daten fiel auf, dass die Patienten, die mit Tacrolimus behandelt wurden, zu Beginn der Therapie im Durchschnitt einen höheren UCEIS-Wert aufwiesen als die Patienten, die mit TNF-Hemmern behandelt wurden. Ein höherer UCEIS-Wert bedeutete, dass die Darmschleimhaut der Patienten stärker angegriffen war. Beide Wirkstoffe (TNF-Hemmer oder Tacrolimus) konnten nach 12 Wochen bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten die Krankheitssymptome so stark reduzieren, dass sich diese in einer Ruhephase der Erkrankung befanden. Hierbei konnte kein nennenswerter Unterschied zwischen Tacrolimus und den TNF-Hemmern festgestellt werden. Unterschiede gab es jedoch in der Häufigkeit von Komplikationen im Krankheitsverlauf. Die Patienten, die Tacrolimus bekamen, waren häufiger von Krankheitsschüben, Krankenhausaufenthalten und Operationen betroffen als die Patienten, die TNF-Hemmer bekamen. Im 1. Monat blieben 65,5 % der Patienten mit Tacrolimus von diesen Komplikationen verschont, während es bei den Patienten mit TNF-Hemmern bei 95,7 % der Fall war. Während der ersten 6 Monate konnten 39,4 % der Patienten mit Tacrolimus und 77,2 % der Patienten mit TNF-Hemmern vor den negativen Ereignissen bewahrt werden. Ähnlich sah es in dem kompletten ersten Jahr aus: 71,7 % der Patienten hatten in dem ersten Jahr weder einen erneuten Krankheitsschub noch mussten sie ins Krankenhaus oder operiert werden, wenn sie TNF-Hemmer bekamen. Bekamen sie Tacrolimus, war das nur bei 39,4 % der Patienten der Fall.

Tacrolimus schien somit gerade dann verwendet zu werden, wenn die Darmschleimhaut der Colitis ulcerosa-Patienten während eines Krankheitsschubs besonders stark angegriffen war. Was die Einleitung einer Ruhephase der Erkrankung angeht, war Tacrolimus genauso wirksam wie die TNF-Hemmer. Um eine Ruhephase so lang es geht zu erhalten, schienen sich jedoch die TNF-Hemmer besser zu eignen.

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