Qualitätssicherung in der HNO – Nationales CI-Register mit großem Erfolg gestartet
94. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC), 17. bis 20. Mai 2023, Leipzig
Leipzig/Bonn – Mithilfe eines Cochlea-Implantats (CI) das Gehör wieder zu erlangen oder zum ersten Mal im Leben überhaupt hören zu können – die Bedeutung der Innenohrprothese für die Patientinnen und Patienten kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Damit ein medizinischer Eingriff von solcher Tragweite den betroffenen Kindern und Erwachsenen auch den größtmöglichen Nutzen bringt, hat die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie (DGHNO-KHC) in den vergangenen Jahren ein aus mehreren Säulen bestehendes System zur Qualitätssicherung entwickelt: Experten der Fachgesellschaft waren federführend an der Erstellung einer Leitlinie und eines Weißbuchs zur CI-Versorgung beteiligt und nehmen fortlaufend eine Zertifizierung CI-versorgender Einrichtungen (CIVE) vor. 2022 wurde nun auch ein CI-Register gestartet, in dem Behandlungsdaten möglichst vieler mit einem CI versorgter Patienten gebündelt werden sollen. Aufbau und Funktionsweise des Registers stellen Experten auf der Online-Pressekonferenz am 16. Mai anlässlich des 94. HNO-Kongress vor.
Das deutschlandweite CI-Register (DCIR), das nach zeit- und kostenintensiven Vorarbeiten im Januar 2022 seinen Betrieb aufgenommen hat, ist der letzte und zugleich einer der wichtigsten Bausteine der CI-Qualitätssicherung. Es ist mit großem Zuspruch gestartet: „In den ersten 15 Monaten wurden bereits Daten zu mehr als 2500 CIs von mehr als 2000 Patienten in das Register eingepflegt“, sagt Prof. Dr. med. Timo Stöver, Vorstandsmitglied der DGHNO-KHC und Direktor der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Frankfurt. Auch hätten sich bereits 75 Kliniken vertraglich zur Registerteilnahme bereiterklärt.
Wie viele Einrichtungen es in Deutschland insgesamt gibt, an denen CIs implantiert werden, ist nicht bekannt – die DGHNO-KHC schätzt ihre Zahl jedoch auf rund 100. „Dass bereits kurz nach dem Registerstart rund drei Viertel dieser Einrichtungen zur Teilnahme bereit sind, spricht sehr für die breite Akzeptanz des Konzepts“, sagt Stöver. Er erwarte, dass das DCIR innerhalb kurzer Zeit über eine breite Datenbasis verfügen werde, mit der sich sowohl wissenschaftliche Fragestellungen beantworten, als auch zukünftige Qualitätsstandards erarbeiten ließen.
Bereits bei der Entwicklung des Registers wurde einer übersichtlichen Struktur und einer guten Nutzbarkeit der – durchweg pseudonymisierten – Daten eine hohe Priorität eingeräumt. Behandlungsergebnisse und mögliche Einflussfaktoren werden zu vorgegebenen Zeitpunkten erfasst: Von der Vorsorge, über den operativen Eingriff, die Basistherapie und die Folgetherapie bis hin zur lebenslangen Nachsorge. „Die erhobenen Daten orientieren sich an der aktuellen CI-Leitlinie und den Handlungsempfehlungen des Weißbuchs“, erläutert Stöver. Umgekehrt soll die regelmäßige Auswertung der Registerdaten in die Weiterentwicklung der Qualitätsstandards einfließen und damit der Aktualisierung von Leitlinie und Weißbuch zum Wohl der behandelten Patienten dienen.
Der besondere Wert klinischer Register liegt darin, dass nicht nur akute Komplikationen erfasst, sondern auch langfristige Therapieergebnisse und rein technische Faktoren – etwa die Haltbarkeit der Implantate – beurteilt werden können. „Aus diesem Grund sieht das Implantateregistergesetz IRegG es vor, dass Einrichtung und Betrieb solcher Register in den kommenden Jahren verpflichtend werden“, sagt Prof. Dr. med. Orlando Guntinas-Lichius, Präsident der DGHNO-KHC, Kongresspräsident der diesjährigen Jahresversammlung und Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Jena. Auch wenn der zeitliche Beginn der gesetzlichen Dokumentationspflicht noch nicht feststehe, habe die DGHNO-KHC mit ihrer Register-Initiative bereits jetzt einen hohen fachlichen Standard gesetzt. Durch seine klare Struktur, die Ausrichtung auf wissenschaftliche Nutzbarkeit und die enge Verzahnung mit den anderen Säulen der Qualitätssicherung könne das DCIR als beispielgebend für andere medizinische Implantat-Register betrachtet werden.
Literatur:
Stöver, T., Plontke, S.K., Guntinas-Lichius, O. et al. Konzeption und Implementierung eines Zertifizierungssystems zur Qualitätssicherung der Cochlea-Implantat-Versorgung in Deutschland. HNO (2023). https://doi.org/10.1007/s00106-023-01305-x
Stöver, T., Plontke, S.K., Guntinas-Lichius, O. et al. Struktur und Einrichtung des Deutschen Cochlea-Implantat-Registers (DCIR), Veröffentlichung erfolgt in Kürze