Der Schlüssel zur Immunantwort
Mikrobiologen zeigen, dass unpassende Abwehrzellen die Grundlage für Impfstoffe und Zelltherapien bieten könnten
Wenn Infektionserreger in den Körper eindringen, reagiert das Immunsystem u. a. unter Einbindung ganz verschiedener Abwehrzellen, sogenannten T-Zellen. Diejenigen, die Erreger am besten erkennen können, werden bei der Immunantwort bevorzugt und vermitteln Immunschutz. Jetzt haben Forschende des Uniklinikums Erlangen, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Technischen Universität München (TUM) herausgefunden, dass auch zunächst weniger passende T-Zellen in überraschend hoher Anzahl in die Immunantwort und das Immungedächtnis miteinbezogen werden und damit wichtig für die flexible Abwehr von Infektionserregern sind. Dieser Einblick in die Funktionsweise des Immunsystems ist nicht nur relevant, um den grundlegenden Mechanismus zu verstehen, sondern auch um Impfstoffe und Zelltherapien zu entwickeln, die effiziente und lang anhaltende Immunantworten hervorrufen.
Im Grunde funktioniert die Abwehr von Erregern im Körper nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Die T-Zellen – insbesondere der sogenannte T-Zell-Rezeptor – sind der Schlüssel, der Erreger das Schloss. Um einen Erreger wirksam abwehren zu können, ist es wichtig, einen ganzen Schlüsselbund an T-Zell-Rezeptoren zu haben – auch, wenn einige beim ersten Anlauf nicht so gut zum Schloss passen. Denn der Erreger bleibt im Laufe der Immunreaktion nicht immer gleich. „Wenn sich der Erreger ändert, wird das Schloss sozusagen ausgewechselt. Dann kann es sein, dass ein anderer Schlüssel plötzlich besser passt“, erklärt PD Dr. Kilian Schober, Arbeitsgruppenleiter im Mikrobiologischen Institut – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene (Direktor: Prof. Dr. Christian Bogdan) des Uniklinikums Erlangen. Um genauer zu verstehen, wie Immunantworten ablaufen, ist es also auch wichtig zu wissen, welche T-Zellen es bereits vor dem Kontakt mit einem Erreger gibt. Wann welche Art von T-Zellen zur Immunreaktion beiträgt, war bislang jedoch nicht bekannt.
Genau das zu erkennen, ist den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nun gelungen. „Die Forschung in diesem Bereich ist bisher noch nie mit einer solchen Systematik und methodischen Präzision erfolgt wie jetzt“, sagt PD Schober. „Bisher haben wir die T-Zellen erst nach der Immunantwort gesehen. Jetzt haben wir es methodisch geschafft, die T-Zell-Antwort von Stunde null an zu begleiten.“ Das zugrunde liegende Projekt hat Kilian Schober noch während seiner Zeit an der TUM initiiert. Vor zwei Jahren wechselte er nach Erlangen und hat das Projekt seitdem von hier aus leitend betreut. Experimentell ist die Forschung an der TUM verortet.
Die Ergebnisse wurden in dem Journal „Immunity“ veröffentlicht.