UKE-Studie: Notfallpraxis entlastet Notaufnahme und Patient:innen

Integrierte Versorgung in der Zentralen Notaufnahme

Schwer krank mit dem Rettungsdienst in die Notaufnahme – Alltag in deutschen Kliniken. Doch die Patient:innenklientel von Notaufnahmen hat sich stark verändert, nicht einmal jede:r Zweite hält ihre:seine Beschwerden für dringend behandlungsbedürftig. Um die Zentrale Notaufnahme (ZNA) zu entlasten, hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) gemeinsam mit der Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) im Oktober 2019 die Notfallversorgung neu organisiert und eine Notfallpraxis in unmittelbarer Nähe der ZNA eingerichtet. Forschende des UKE haben das Konzept nun in einer Studie evaluiert, die im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde. Die wichtigsten Ergebnisse: Eine allgemeinmedizinisch geführte Notfallpraxis in räumlicher Nähe zur Notaufnahme einer Universitätsklinik kann zu einer Reduktion von ambulant behandelten Patient:innen, kürzeren Behandlungszeiten und weniger Behandlungsabbrüchen in der Notaufnahme führen.

In ihrer Studie sind die Wissenschaftler:innen unter anderem der Frage nachgegangen, wie sich die niedrigschwellige Möglichkeit der Weiterleitung von Patient:innen an eine im Krankenhausgebäude befindliche Notfallpraxis auf die Fallzahlen und Behandlungszeiten in der Notaufnahme auswirkt. Das Forschungsteam um Prof. Dr. Martin Scherer, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Allgemeinmedizin des UKE, und Dr. Ulrich Mayer-Runge, Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme des UKE, konnte nach Auswertung von rund 3.300 Patient:innen in Notaufnahme und Notfallpraxis zeigen: Eine allgemeinmedizinisch geführte Notfallpraxis, die an eine interdisziplinäre Notaufnahme eines Universitätsklinikums angrenzt, stellt eine ressourcenschonende Behandlungsalternative für fußläufige Notaufnahmepatient:innen dar. Das Konzept führte in der ZNA des UKE zu einer Reduktion von ambulant behandelten Patient:innen, kürzeren Behandlungszeiten und weniger Behandlungsabbrüchen. Die Mehrheit der in der benachbarten Notfallpraxis versorgten Patient:innen konnte abschließend behandelt und nach Hause entlassen werden. „Ob ein solches Entlastungspotenzial auch außerhalb von urbanen oder universitären Settings besteht, wollen wir in weiteren multizentrischen Studien erforschen“, sagt Prof. Scherer.

Am UKE werden seit 2012 Allgemeinmediziner:innen in der Zentralen Notaufnahme zur Behandlung niedrig-dringlicher Patient:innen eingesetzt. Im Oktober 2019 wurde zusätzlich eine an die ZNA angrenzende Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg eröffnet. Seitdem können Patient:innen vom Anmeldetresen der ZNA in die Notfallpraxis weitergeleitet werden. Dadurch sollen die Patient:innenströme in der Notaufnahme besser gelenkt werden: Schwerwiegende Fälle können schneller in die stationäre Versorgung überführt, dringend therapiebedürftige ambulant vor Ort behandelt und minderschwere Fälle zur:m niedergelassenen Ärzt:in vermittelt werden.

Die Notfallpraxis wird von der KVH betrieben, die behandelnden Ärzt:innen gehören zum UKE. Die Allgemeinmediziner:innen verrichten schon seit 2012 tagsüber Dienst in der Zentralen Notaufnahme des UKE, seit 2019 wird abends und an den Wochenenden aus der UKE-Praxis die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung, die im Ernstfall alle Strukturen der Notaufnahme nutzen kann.

Literatur

Bessert B et al.: Synergism of an urgent care walk-in clinic with an Emergency department – a Pre-Post Comparative Study. Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 491-8. DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0127
www.aerzteblatt.de/medizin/originalarbeiten?aid=232747