Upadacitinib bei aktivem Morbus Crohn: Mangels vergleichender Studien kein Zusatznutzen belegt
Obwohl Biologika seit über 20 Jahren bei Morbus Crohn eingesetzt werden, gibt es kaum vergleichende Studien gegenüber etablierten Wirkstoffen. Placebo-Vergleiche sind zur Bewertung eines Zusatznutzens ungeeignet.
Wie mehrere immunsuppressive Biologika ist auch der JAK-Inhibitor Upadacitinib zur Behandlung von Morbus Crohn zugelassen. Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun in einer frühen Nutzenbewertung untersucht, ob der Wirkstoff Patientinnen und Patienten mit mittelschwerem bis schwerem aktivem Morbus Crohn, die auf eine konventionelle Therapie oder ein Biologikum unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegen eine entsprechende Behandlung gezeigt haben, im Vergleich mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet.
Demnach ist ein Zusatznutzen mangels geeigneter Studiendaten nicht belegt. In den Studien, die der Hersteller in seinem Dossier vorgelegt hat, wurden lediglich unterschiedliche Konzentrationen von Upadacitinib und Placebo miteinander verglichen.
Auswahl an Biologika als zweckmäßige Vergleichstherapie
Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, bei der im ganzen Verdauungstrakt Entzündungen auftreten können. Zur Unterdrückung von Krankheitsschüben werden unter anderem immunsuppressive Biologika eingesetzt, etwa die TNF-α-Antagonisten Adalimumab oder Infliximab, der Integrin-Inhibitor Vedolizumab oder der Interleukin-Inhibitor Ustekinumab. Das erste Biologikum, das zur Behandlung von Morbus Crohn zugelassen wurde, war 1999 Infliximab.
Der G-BA hat in seinem Bewertungsauftrag an das IQWiG zwei Situationen unterschieden: ein unzureichendes oder fehlendes Ansprechen bzw. eine Unverträglichkeit gegenüber einer konventionellen Therapie einerseits und gegenüber einem Biologikum andererseits. In beiden Fragestellungen sollte Upadacitinib mit einem TNF-α-Antagonisten (Adalimumab oder Infliximab) oder Integrin-Inhibitor (Vedolizumab) oder Interleukin-Inhibitor (Ustekinumab) verglichen werden. Betroffene, die bereits ohne Erfolg ein Biologikum erhalten hatten, sollten mit einem anderen Biologikum aus diesem Spektrum behandelt werden. Reine Dosierungsänderungen kamen nicht infrage; der G-BA geht davon aus, dass diese Option bei den Betroffenen bereits ausgeschöpft war.
Der Hersteller bestätigt zwar die Zweckmäßigkeit dieser Vergleichstherapien, legt aber keine für die Ableitung eines Zusatznutzens geeigneten randomisierten kontrollierten Studien vor. In allen drei Zulassungsstudien, die er nennt, wurde der Wirkstoff lediglich mit Placebo und mit anderen Upadacitinib-Dosierungen verglichen. Die Biologika, die der G-BA als zweckmäßige Vergleichstherapien benannt hat, durften auch nicht als Begleitbehandlung eingesetzt werden.
Daher lautet das Fazit: Für Patientinnen und Patienten mit mittelschwerem bis schwerem aktivem Morbus Crohn, die auf eine konventionelle Therapie oder ein Biologikum unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegen eine entsprechende Behandlung gezeigt haben, ist ein Zusatznutzen von Upadacitinib gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht belegt.
Wo bleiben die direkten Vergleiche?
„Seit über zwanzig Jahren sind in der Indikation Morbus Crohn Biologika zugelassen und im Einsatz – und dennoch werden uns wieder Studien vorgelegt, in denen neue immunsuppressive Substanzen nur mit Placebo oder in unterschiedlichen Dosierungen mit sich selbst verglichen werden“, wundert sich Daniela Preukschat aus dem IQWiG-Ressort Arzneimittelbewertung. Ähnlich sieht es auch bei weiteren Anwendungsgebieten aus, beispielsweise der Colitis ulcerosa, ebenfalls eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Dass es auch anders geht, zeigt eine Studie bei Morbus Crohn, die im Verfahren der Nutzenbewertung von Risankizumab herangezogen wurde: In ihr wurde Risakizumab mit Ustekinumab verglichen. „Hersteller können durchaus frühzeitig vor Markteintritt Studien starten, um aussagekräftige Evidenz für die Versorgung zu liefern“, sagt Preukschat. „Manche machen es, andere nicht. Das zeigt: Man muss es nur wollen.“
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.