COVID-19 / Erkrankung
Hyperbarer Sauerstoff gegen COVID-19-Inflammation
Original Titel:
Clinical and biochemical short-term effects of hyperbaric oxygen therapy on SARS-Cov-2+ hospitalized patients with hypoxemic respiratory failure
- Sauerstoffkammer mit Überdruck: Hyperbare Sauerstofftherapie HBO
- Vergleich von 50 COVID-19-Patienten: Standard mit/ohne HBO
- Analyse von Sauerstoffsättigung, inflammatorischen Markern und anti-entzündlichen Prozessen
- Mit HBO 3 Tage bis O2 Sat > 90 %, ohne HBO 5 Tage
- Höhere Zahl weißer Blutkörperchen, niedrigeres D-Dimer mit HBO
- TNF-α signifikant reduziert, IL-1RA und VEGF erhöht vs. Kontrolle und Baseline
MedWiss – Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) wird als eine mögliche Behandlung bei Atemversagen im Rahmen von COVID-19 diskutiert. Dies untersuchte ein Team nun mit 50 COVID-19-Patienten mit Pneumonie und Hypoxämie. HBO zeigte neben Verbesserung der Sauerstoffversorgung im Vergleich zur Standardbehandlung vielfältige Genesungs-fördernde Effekte, beispielsweise auf inflammatorische und vaskuläre Prozesse.
Nach Schätzungen leiden 15 – 20 % der hospitalisierten COVID-19-Patienten unter hypoxämischem Atemversagen und benötigen eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr. Atemversagen stellt trotz einer solchen Behandlung die häufigste Todesursache bei COVID-19 dar. Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) wird als eine mögliche Behandlung bei Atemversagen im Rahmen von COVID-19 diskutiert. Bei der HBO wird der Patient einer Atmosphäre von 100 % Sauerstoff innerhalb einer Kammer bei gleichzeitigem Überdruck (über 1 atm absolut) ausgesetzt. Diese Prozedur erhöht den Sauerstoff-Partialdruck am Übergang zwischen Blut und Alveoli (Lungenbläschen) in der Lunge. Dadurch wird die Sauerstoffversorgung in Blut und Gewebe erhöht. Hyper-oxygeniertes arterielles Blut könnte zudem antiinflammatorische Effekte haben – dies ist bislang allerdings nicht gut untersucht.
Sauerstoffkammer mit Überdruck: Was bringt das bei COVID-19?
In der vorliegenden Studie wurden COVID-19-Patienten mit Hypoxämie und Pneumonie entweder mit der Standardbehandlung (Kontrolle) oder zusätzlicher HBO therapiert (HBO-Gruppe). Zur Ermittlung möglicher Effekte wurden Blutproben an Tag 0 und Tag 5 der Behandlung untersucht. Die Sauerstoffsättigung (O2 Sat) wurde täglich dokumentiert. Aus den Blutproben ermittelten die Autoren die Gesamtzahl weißer Blutkörperchen sowie der Lymphozyten und Blutplättchen. In einer Serumanalyse wurden Spiegel von Blutzucker (Glukose), Harnstoff, Creatinin, Natrium, Kalium, Ferritin, D-Dimer, LDH (Laktatdehydrogenase) und CRP (C-reaktives Protein) ermittelt. Darüber hinaus bestimmten die Wissenschaftler zur Einschätzung inflammatorischer Prozesse und der Endothelfunktion die Plasmaspiegel von sVCAM (Soluble Vascular Cell Adhesion Molecule 1), sICAM (Soluble Intercellular Adhesion Molecule 1), sPselectin (Soluble P selectin), SAA (Serum amyloid A) und MPO (Myeloperoxidase) sowie verschiedener Zytokine (IL-1β, IL-1RA, IL-6, TNFα, IFNα, IFNγ, IL-15, VEGF, MIP1α, IL-12p70, IL-2 und IP-10). Darüber hinaus wurde der ACE-2-Spiegel (Angiotensin Converting Enzyme 2) bestimmt.
Standardbehandlung mit oder ohne HBO bei 50 COVID-19-Patienten
An dieser Studie nahmen 50 Patienten teil. Die durchschnittliche Sauerstoffsättigung betrug zu Beginn 85 +/- 3 %. Bis zum Erreichen eines O2 Sat > 90 % dauerte es 3 Tage ± 1 mit HBO-Therapie versus 5 Tage ± 1 in der Kontrollgruppe (p < 0,01). In der HBO-Gruppe war die Zahl weißer Blutkörperchen, Lymphozyten und Blutplättchen signifikant höher als in der Kontrollgruppe (alle p < 0,01). HBO senkte darüber hinaus D-Dimer-Spiegel (p < 0,001) und LDH-Konzentration (p < 0,01) signifikant im Vergleich zur Standardbehandlung. Die Endothelfunktion, vaskuläre Faktoren und akute-Phase-Marker sVCAM, sPselectin und SAA wurden ebenfalls im Vergleich zur Kontrolle und vs. Baseline mittels HBO positiv beeinflusst (ΔsVCAM: p < 0,01; ΔsPselectin: p < 0,05; ΔSAA: p < 0,01). Inflammatorische Prozesse, ermittelt anhand von TNF-α, reduzierte HBO signifikant (p < 0,05). Spiegel des anti-inflammatorischen Markers IL-1RA und des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors VEGF erhöhten sich hingegen signifikant mit HBO im Vergleich zur Kontrollgruppe (beide p < 0,05).
Positive Effekte auf Sauerstoffsättigung, D-Dimer, Inflammation und Endothelprozesse
Die Studie demonstrierte somit, dass hypoxämische Patienten mit COVID-19-Pneumonie von einer hyperbaren Sauerstofftherapie im Vergleich zur Standardbehandlung profitieren können. Effekte gingen über eine reine Verbesserung der Sauerstoffversorgung des Gewebes hinaus. Die Daten zeigen vielmehr vielfältige Effekte beispielsweise auf inflammatorische und vaskuläre Prozesse, die die Genesung bei COVID-19 fördern können. Die Ergebnisse geben auch Hinweise darauf, welche Rolle HBO bei der Verbesserung von Long-COVID-Symptombildern wie Fatigue, Schmerz und Neurokognition spielen könnte, betonen die Autoren.
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