Vilobelimab: Antikörper senkt COVID-19-Sterblichkeit

Original Titel:
Anti-C5a antibody (vilobelimab) therapy for critically ill, invasively mechanically ventilated patients with COVID-19 (PANAMO): a multicentre, double-blind, randomised, placebo-controlled, phase 3 trial

Kurz & fundiert

  • Vilobelimab: Antikörper gegen C5a des Komplementsystems
  • Besseres Überleben bei COVID-19?
  • Randomisiert-kontrollierte Wirksamkeitsstudie der Phase 3
  • 368 invasiv mechanisch beatmete COVID-19-Patienten mit Vilobelimab oder Placbeo
  • Reduktion der Sterblichkeit nach 28 und 60 Tagen

 

MedWiss – Frühere Studien zeigten, dass hohe Konzentrationen von C5a und weiteren Elementen des Komplementsystems mit ungünstigen COVID-19-Verläufen assoziiert waren. Eine klinische Studie der Phase 3 zeigte nun, dass Vilobelimab, ein Antikörper gegen C5a, die Sterblichkeit bei invasiv mechanisch beatmeten COVID-19-Patienten senken konnte.


Vilobelimab ist ein monoklonaler Antikörper gegen C5a, ein Protein des sogenannten Komplementsystems, das wichtig für die Immunantwort gegenüber körperfremden Zellen (z. B. Bakterien) ist, aber durch Fehlregulation bei Erkrankungen auch zu Schäden des eigenen Gewebes führen kann. Frühere Studien zeigten, dass hohe Konzentrationen von C5a und weiteren Elementen des Komplementsystems mit ungünstigen COVID-19-Verläufen assoziiert waren. C5a wurde zusätzlich als wesentlich für spezielle Virus-induzierte Lungenschäden identifiziert.

Der Wirkstoff gegen C5a wurde in einer Studie der Phase 2 mit invasiv mechanisch beatmeten COVID-19-Patienten bereits als effektiv gefunden. Die vorliegende Studie der Phase 3 ermittelte nun, ob Vilobelimab zusätzlich zur Standardpflege das Überleben dieser Patientengruppe verbessern kann.

Studie der Phase 3: Antikörper gegen C5a des Komplementsystems Vilobelimab bei COVID-19

Die klinische Studie wurde randomisiert, doppelblind und mit Placebokontrolle in 46 Kliniken weltweit, auch in den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Deutschland, durchgeführt. Patienten ab 18 Jahren, die wegen COVID-19 klinisch stationär behandelt und invasiv (mechanisch) beatmet wurden, erhielten spätestens 48 Stunden nach Beginn der Beatmung (Intubierung) ihrer erste Behandlungsinfusion mit Vilobelimab (800 mg i. v.) und bis zu 6 Dosen an Tagen 1, 2, 4, 8, 15 und 22 der stationären Behandlung, oder erhielten ein Placebo zusätzlich zur Standardpflege.

Zur Einschätzung der Wirksamkeit untersuchten die Autoren die Sterblichkeit (aus jedem Grund) 28 Tage nach Behandlungsbeginn. Die Sicherheit wurde über alle Patienten evaluiert, die mindestens eine Infusion von Vilobelimab oder Placebo erhalten hatten.

Randomisiert-kontrollierte Wirksamkeitsstudie mit 368 beatmeten COVID-19-Patienten

Zwischen Oktober 2020 und Oktober 2021 wurden 368 Patienten in die Studie aufgenommen. Davon wurden 177 Patienten Vilobelimab, 191 Patienten dem Placebo zugewiesen. 364 Patienten erhielten wenigstens eine Studieninfusion. Insgesamt starben 54/177 Patienten (31 %) mit Vilobelimab und 77/191 Patienten (40 %) mit Placebo innerhalb der ersten 28 Tage. Die Mortalitätsrate (aus allen Gründen) bis 28 Tage betrug mit Vilobelimab 32 % (95 % Konfidenzintervall, KI: 25 – 39), mit dem Placebo 42 % (95 % KI: 35 – 49), mit einem Trend zu geringerem Risiko der Sterblichkeit mit Vilobelimab (Hazard Ratio, HR: 0,73; 95 % KI: 0,50 – 1,06; p = 0,094) bei statistischer Berücksichtigung von untersuchender Klinik und Patientenalter. Verschiedene weitere Analysen ohne Klinik-Stratifizierung zeigten jedoch konsistente und signifikante Abnahmen der Mortalität aus allen Gründen nach 28 Tagen und anhaltend bis zum Ende der Nachbeobachtung nach 60 Tagen.

  • Vordefinierte Analyse ohne Klinik-Berücksichtigung: Mortalität nach 28 Tagen: HR: 0,67; 95 % KI: 0,48 – 0,96; p = 0,027

Der Effekt von Vilobelimab war besonders in Westeuropa (Belgien, Deutschland, Frankreich, Niederlande) deutlich (HR: 0,51; 95 % KI: 0,30 – 0,87; p = 0,014).

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren

  • Akute Nierenschäden: Vilobelimab: 35/175 (20 %) vs. Placebo: 40/189 (21 %)
  • Pneumonie: Vilobelimab: 38/175 (22 %) vs. Placebo: 26/189 (14 %)
  • Septischer Schock: Vilobelimab: 24/175 (14 %) vs. Placebo: 31/189 (16 %)

Schwerwiegende adverse Ereignisse im Rahmen der Behandlung wurden bei 103/175 Patienten (59 %) mit Vilobelimab und bei 120/189 Patienten (63 %) mit Placebo berichtet.

Reduktion der Sterblichkeit durch Hemmung des Komplementsystems

Zusätzlich zur Standardpflege kann demnach Vilobelimab das Überleben bei invasiv mechanisch beatmeten Patienten mit COVID-19 verbessern und die Sterblichkeit signifikant senken. Weitere Forschung soll die Rolle von Vilobelimab und C5a bei anderen viralen Infektionen, die akutes Atemwegsversagen auslösen können, untersuchen. Die Daten, schließen die Autoren, sprechen jedoch für eine ergänzende Therapie mit dem Wirkstoff bei schweren Verläufen von COVID-19.

 

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