Einsetzen einer Magnetkette um die Speiseröhre könnte bei Refluxkrankheit Vorteile bieten
Studie soll Evidenz liefern
Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht, ob die Methode „Magnetische Sphinkter-Augmentation“ (MSA) bei gastroösophagealer Refluxkrankheit das Potenzial besitzt, eine Behandlungsalternative zu einer per Bauchspiegelung durchgeführten Anti-Reflux-Operation (laparoskopische Fundoplicatio = LF) oder zu anderen operativen Verfahren zu sein. Für den Vergleich der MSA mit der LF bejaht das IQWiG diese Frage und empfiehlt eine randomisierte kontrollierte Studie, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
Nach der „Erprobungsregelung“ (§137e SBG V) kann der G-BA Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beschließen, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, die aber „das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative“ erkennen lassen – er kann also klinische Studien anstoßen, um die Evidenzlage für einzelne Methoden zu verbessern.
Basierend auf der heute veröffentlichten IQWiG-Potenzialbewertung für die MSA hat der G-BA genau dies getan und am 20. Juli 2023 die Erprobungsrichtlinie „Magnetische Ösophagus-Sphinkter-Augmentation bei Gastroösophagealer Refluxkrankheit“ beschlossen. Nach Nichtbeanstandung durch das Bundesgesundheitsministerium im Rahmen der zweimonatigen Frist ist die Erprobungsrichtlinie jetzt in Kraft getreten.
Die laparoskopische Fundoplicatio ist bisher Standard bei schwerer GERD-Problematik
Bei einigen Menschen fließt häufig oder vergleichsweise viel Mageninhalt in die Speiseröhre zurück. Von einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD)) spricht man, wenn dieser Rückfluss dazu führt, dass häufiges oder starkes Sodbrennen oder Aufstoßen die Lebensqualität beeinträchtigt oder die Speiseröhre sich entzündet.
Wenn es nicht gelingt, die Refluxbeschwerden durch eine Änderung des Lebensstils zu lindern, können zusätzlich Medikamente gegeben werden. Bringt auch die medikamentöse Behandlung nicht den gewünschten Erfolg oder sind die Beschwerden sehr stark, kommt eine Operation in Betracht.
Ziel einer laparoskopischen Fundoplicatio (LF) ist es, zu verhindern, dass Säure vom Magen in die Speiseröhre zurückfließt. Bei dieser Operation wird der obere Teil des Magens um das untere Ende der Speiseröhre gelegt und dort an Zwerchfell, Magen oder Speiseröhre festgenäht. Das stärkt den Verschluss am unteren Ende der Speiseröhre und soll so Sodbrennen und Reflux verhindern. Bei schwerer GERD-Problematik ist die LF derzeit das Standardverfahren und wird etwa 15.000 bis 20.000 Mal pro Jahr in Deutschland durchgeführt.
Die Magnetische Sphinkter-Augmentation (MSA) ist ein neues Verfahren für die chirurgische Behandlung der GERD. Dabei wird eine aus magnetischen Titanperlen bestehende Kette als Ring oberhalb des Magens um die untere Speiseröhre platziert. Ziel ist es, mit diesem Magnetring den unteren Schließmuskel der Speiseröhre zu verstärken und so den Rückfluss aus dem Magen in die Speiseröhre zu verhindern.
Weniger Komplikationen und kürzerer Krankenhausaufenthalt?
Die vom Hersteller vorgelegten Studiendaten deuten darauf hin, dass Patientinnen und Patienten, die unter GERD leiden und bei denen die maximale konservativ-medikamentöse Refluxtherapie nicht ausreichend anschlägt, davon profitieren, wenn bei ihnen eine MSA anstelle einer LF durchgeführt wird. Möglich, aber noch nicht nachgewiesen ist, dass dann sowohl die postoperative Komplikationsrate als auch die Krankenhausverweildauer sinken.
Das IQWiG empfiehlt deshalb eine randomisierte kontrollierte Studie, in der die MSA und die LF direkt miteinander verglichen werden, um auf dieser Basis den Nutzen der MSA abschließend bewerten zu können.
Evidenzgenerierung mit Beitragsgeldern der gesetzlichen Krankenversicherung
„Um eine belastbare Nutzenaussage zum Einsetzen eines Magnetkettchens bei Refluxpatientinnen und -patienten treffen zu können, benötigen wir bessere Daten für den Vergleich der Magnetischen Sphinkter-Augmentation mit der laparoskopischen Fundoplicatio“, betont Julia Kreis, Bereichsleiterin für Potenzialbewertungen beim IQWiG. Deshalb sei es gut, dass der G-BA jetzt eine entsprechende Erprobungsstudie initiiert habe.
Kritisch sieht Kreis die Tatsache, dass diese Studie mit Beiträgen der gesetzlich Krankenversicherten finanziert wird, wenn sich kein Hersteller meldet, der die Studienkosten trägt: „Die MSA gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren. Sie wird vielfach in deutschen Krankenhäusern eingesetzt und kann sogar über eine eigene DRG abgerechnet werden. Warum hat es der Hersteller – ein großes umsatzstarkes Unternehmen – bis heute nicht für nötig erachtet, in einer eigenen Studie die Vorzüge seines etwa 3.000 Euro teuren Implantats zu belegen?“, fragt die IQWiG-Wissenschaftlerin, die hier einen Fehler im System sieht.
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