Art der chronischen Erkrankung beeinflusst, wie Versorgungsqualität erlebt wird
Neue Teilergebnisse der Studie „HINTS Germany“ zu Kommunikationserfahrungen und Gesundheitsinformationssuche von chronisch Erkrankten
Die Mehrheit der Patienten mit einer chronischen Erkrankung betrachtet ihre Versorgung als zufriedenstellend. Auch die ärztliche Kommunikation wird vielfach als gut eingeschätzt. Das ist aber nicht bei allen chronischen Erkrankungen der Fall. Denn die Art der Erkrankung hat deutlichen Einfluss auf die Einschätzung der Qualität der Versorgung und die Wahrnehmung der Arzt-Patienten-Kommunikation. Die neue Ausgabe des trendmonitors informiert zu Kommunikationserfahrungen und Gesundheitsinformationssuche von chronisch Erkrankten.
Chronische Erkrankungen gehören für viele Menschen in Deutschland zum Alltag. In der vorliegenden Studie gab mehr als jeder Zweite an, an einer chronischen Erkrankung zu leiden. Diese Krankheiten begleiten die Betroffenen für Jahrzehnte und haben großen Einfluss auf alle Lebensbereiche. Informationen und Wissen um die eigene Erkrankung, kann Menschen helfen diese besser zu verstehen und ein Voranschreiten sowie mögliche Folgeerkrankungen zu vermeiden. Die aktuelle Auswertung des „Health Information National Trend Survey (HINTS) Germany“, einer Studie der Stiftung Gesundheitswissen und des Hanover Centre for Health Communication, enthält Daten zum Versorgungserleben von chronisch Erkrankten. Wie beeinflusst die Art der Erkrankung die Wahrnehmung der Versorgung und die Kommunikation mit Ärzten und Ärztinnen? Aus den Ergebnissen lassen sich Impulse für eine verbesserte Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten und damit auch ein verbesserter Umgang mit der jeweiligen Erkrankung ziehen.
Patienten mit psychischen Erkrankungen besonders belastet
Im Hinblick darauf, ob es sich um eine physische oder psychische Erkrankung handelt, geben 33,5 Prozent der Befragten an, dass sie physisch erkrankt sind. Psychisch erkrankt ist ein Anteil von 6,6 Prozent der Befragten. Weitere 8,7 Prozent sind sowohl physisch als auch psychisch erkrankt. Zu den häufig genannten chronischen Erkrankungen zählen die Hypertonie (25,7 %), Depressionen (15,3 %), Diabetes (11,3 %), chronische Erkrankungen der Lunge (10,4 %) sowie Arthritis und Rheuma (9,8 %). Patienten, die sowohl von einer psychischen als auch einer physischen chronischen Erkrankung betroffen sind, berichten bei der subjektiven Wahrnehmung ihres Gesundheitszustands, sich als besonders belastet wahrzunehmen. Sie schätzen ihren Gesundheitszustand nur als mittelmäßig ein. Psychische Erkrankungen werden oft als belastender empfunden als physische Erkrankungen.
Wahrnehmung der Versorgung variiert mit Krankheitsbild
Insgesamt bewerten die Patientengruppen die Qualität der Gesundheitsversorgung als eher hoch. Menschen ohne Erkrankung oder die an einer körperlichen Erkrankung leiden, sind eher zufrieden (83 % bzw. 85 %). Bei den psychisch chronisch Erkrankten sind es 75 Prozent, die zufrieden sind. Sowohl psychisch als auch physisch Betroffene sind am wenigsten zufrieden (70 %). Ebenso verhält es sich bei der patientenzentrierten Kommunikation: 69,4 Prozent der Patienten mit einer physischen Erkrankung fühlen sich gut informiert und ausreichend von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin einbezogen. Allerdings geben nur 55,1 Prozent der Patienten mit seelischen Beschwerden an, ihr Arzt oder ihre Ärztin verhalte sich patientenzentriert. Bei Belastungen sowohl psychischer als auch körperlicher Natur sind knapp 60 Prozent der Meinung, sie als Patient würden im Mittelpunkt stehen. Konkret am Krankheitsbild von Hypertonie und Depression/Angsterkrankung zeigen die Zahlen Ähnliches: Patienten mit Hypertonie bewerten die Qualität mit 81, 8 Prozent als hoch – im Vergleich dazu sind es bei Patienten mit Depression/ Angsterkrankung 71,3 Prozent. Fast zwei Drittel der Hypertoniker erfahren ihre Versorgung als patientenzentriert. Bei den Patienten mit Depression/Angsterkrankung sind es nur 46,3 Prozent.
Kommunikationsstrategien entwickeln und digitale Potenziale ausschöpfen
Patienten mit chronischen Erkrankungen stehen oft vor besonderen Herausforderungen. Dafür gilt es spezifische Kommunikationsstrategien zu entwickeln und Ärzten Möglichkeiten zu geben, zu erlernen wie Bedürfnisse dieser Gruppe von Patienten besser adressiert und offene Fragen beantwortet werden können. Patienten mit psychischen chronischen Erkrankungen bevorzugen oft das Internet als Quelle (36 %), bei den körperlich bzw. körperlich und seelisch Erkrankten sind es nur 27 Prozent bzw. 23 Prozent. Insgesamt können bei erhöhtem Informationsbedarf, der mit chronischen Erkrankungen – und insbesondere seelischen chronischen Erkrankungen – einhergeht vor allem auch die Potentiale digitaler Angebote weiter ausgeschöpft werden.
Chronische Erkrankungen: Der Patient im Zentrum der Kommunikation
Da der Arzt oder die Ärztin nach wie vor der wichtigste Ansprechpartner in Gesundheitsfragen ist, kommt der Arzt-Patienten-Kommunikation eine erhebliche Bedeutung zu, insbesondere bei der Betreuung von Menschen mit chronischen Erkrankungen. Die vorliegende Auswertung zeigt, dass gerade bei chronischen Krankheitsverläufen das Konzept der patientenorientierten Kommunikation mehr in den Fokus rücken sollte. Es berücksichtigt die Werte, Bedürfnisse, Einstellungen und Erfahrungen von Patienten in der Gesundheitsversorgung. Wenn Wissen zu Erkrankung und Therapie verständlich vermittelt wird und auf die individuellen Eigenschaften und Bedürfnisse des Einzelnen mit angemessener Kommunikation und Information eingegangen wird, gelingt es, mit der Erkrankung besser umzugehen und die Herausforderungen im Alltag mit chronischen Erkrankungen besser zu bewältigen. Hierzu bräuchte es ausreichend Zeit, damit mit der Beantwortung von Fragen eventuelle Unsicherheiten auf Patientenseite besser bewältigt werden können. Insgesamt könnte so die Versorgungserfahrung für Patienten mit chronischen Erkrankungen verbessert und die Krankheitslast verringert werden.
Hier geht es direkt zur aktuellen trendmonitor-Ausgabe „Welche Erfahrungen machen chronisch Erkrankte in der Kommunikation mit ihren Ärzten?“