Assistenzsystem unterstützt bei der Behandlung von Epilepsie
Studie startet in der Neurologie< In der Tübinger Neurologischen Universitätsklinik und dem Hertie-Institut für klinische Hirnforschung startet eine klinische Studie, die ein neues Assistenzsystem testet, das Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnose und der Auswahl der richtigen Therapie unterstützt. „Epilepsie ist nicht gleich Epilepsie!“, erklärt Prof. Yvonne Weber vom Tübinger Universitätsklinikum und der Uniklinik RWTH Aachen (Leitung der Sektion Epileptologie, Klinik für Neurologie). „Bereits in der ersten Phase der Erkrankung fordert die Diagnosestellung und Therapieentscheidung Experten- und Leitlinienwissen, das nicht immer allen Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht,“ ergänzt Privatdozent Dr. Stefan Wolking (UK Aachen). Unter der Leitung von Prof. Weber wurde in einer Kooperation von Epileptologie und Medizininformatik des Universitätsklinikums Tübingen und des Uniklinikums RWTH Aachen das Computersystem EDITH-CDSS entwickelt. EDITH steht dabei für Epilepsie richtig Diagnostizieren und Therapieren, CDSS für ein computerized Clinical Decision Support System. EDITH unterstützt die Ärztinnen und Ärzte bei der systematischen Erfassung und Eingruppierung epileptischer Anfälle und der Ergebnisse der durchgeführten Diagnostik. EDITH hilft ihnen, die richtige Diagnose zu stellen und, unter Berücksichtigung weiterer persönlicher Merkmale wie Alter oder Geschlecht, eine leitliniengerechte Therapie für die Betroffenen zu finden. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg fördert die klinische Studie mit rund 510.000 Euro. Für Gesundheitsminister Manne Lucha hat das Projekt Vorbildcharakter: „Wir möchten evidenzbasierte Technologien in die Versorgung bringen und so einen echten Mehrwert für Patientinnen und Patienten und das Gesundheitspersonal schaffen“, so Lucha. Wie gut das System ist, also ob es die Diagnosestellung und Therapieentscheidung von Ärztinnen und Ärzten verbessert, wird jetzt in einer Studie am Universitätsklinikum Tübingen unter Studienleiter Dr. Josua Kegele untersucht. Wichtig ist dem Studienteam, dass alle Entscheidungen, die mit Hilfe von EDITH-CDSS getroffen werden, noch einmal von einem Expertengremium überprüft werden. Dr.-Ing. Myriam Lipprandt, stellvertretende Direktorin des Instituts für Medizinische Informatik der RWTH und Entwicklungsleiterin von EDITH, ist die Patientensicherheit ebenfalls wesentlich: „In der translationalen Forschung gelten für uns die gleichen Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit und Sicherheit von Prüfprodukten wie für kommerzielle Produkte. Uns ist es wichtig, mit dieser Studie zu zeigen, dass es auch unter der europäischen Medizinprodukteverordnung möglich ist, an Universitäten Innovationen zu entwickeln, herzustellen und zu erforschen.“ Prof. Weber ergänzt: „Das Projekt EDITH zeigt uns aber auch, dass dafür Kompetenzen und Strukturen an den Universitäten aufgebaut werden müssen“. Prof. Weber blickt auf den bisherigen Projektverlauf zurück: „Wir haben die Komplexität der Aufbereitung unserer für den Menschen einfach zu lesenden Leitlinien und den Aufwand für die Entwicklung und Herstellung des CDSS am Anfang komplett unterschätzt. Der Erfolgsfaktor war die Zusammensetzung des interdisziplinären und interprofessionellen Teams. Diese gewachsene Zusammenarbeit wollen wir nun auch für weitere Innovationen für unsere Patientinnen und Patienten nutzen“.