Die Abnehm-Spritze im Check: Kann Semaglutid wirklich helfen?
Berlin – Der Wirkstoff Semaglutid soll gegen Adipositas helfen und macht Betroffenen Hoffnung auf eine schnelle Gewichtsabnahme. In Deutschland können Ärztinnen und Ärzte das appetitzügelnde Medikament seit Juli 2023 bei Adipositas verschreiben. Wie gut hilft es gegen Fettleibigkeit? Gibt es Nebenwirkungen? Und was müssen Betroffene bei der Einnahme beachten? In einem Studiencheck informiert die Stiftung Gesundheitswissen über das neue Medikament gegen Adipositas.
Mit 19 Prozent war 2019 fast jede fünfte Erwachsene in Deutschland von Fettleibigkeit (Adipositas) betroffen. Das ergab eine groß angelegte Befragung des Robert Koch-Instituts. Adipositas ist eine Krankheit, die viele Begleiterkrankungen wie z.B. Diabetes Typ 2, Arthrose, Herzkrankheiten, Depression oder Unfruchtbarkeit bei Männern mit sich bringen kann. Seit Juli 2023 können Ärztinnen und Ärzte in Deutschland das Medikament Semaglutid gegen Adipositas verschreiben. Es soll eine Gewichtsabnahme bewirken. Bisher was das Medikament nur für Menschen mit Diabetes Typ 2 zugelassen, doch nun soll die sogenannte Fett-weg-Spritze Menschen mit Adipositas beim Abnehmen helfen. Die Stiftung Gesundheitswissen hat sich Studien zur Wirksamkeit des Medikaments angeschaut und die Ergebnisse in einem eigenen Studiencheck zusammengefasst.
Laut bestehender ärztlicher Leitlinie, einer Handlungsempfehlung für Mediziner, wird Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 bis 35 empfohlen, innerhalb eines Jahres fünf Prozent ihres Gewichtes abzunehmen. Mehrere randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) zeigten, dass 79 Prozent der Menschen, die Semaglutid einnahmen, in diesem Zeitraum tatsächlich fünf Prozent oder mehr ihres Gewichts reduzieren konnten, während es bei der Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielten, lediglich 35 Prozent waren. Zusätzlich zur Einnahme des Medikaments bzw. Placebos führten die Teilnehmer beider Gruppen eine Lebensstiländerung durch. Das kann bedeuten, dass sie sich etwas mehr bewegten oder ihre Ernährung umstellten. Menschen mit Adipositas, die einen BMI von 35 oder höher haben, sollten laut ärztlicher Leitlinie innerhalb von 12 Monaten sogar zehn Prozent ihres Körpergewichts abnehmen. In den RCTs zeigte sich, dass 61 Prozent der Menschen, die Semaglutid einnahmen, zehn Prozent oder mehr ihres Körpergewichts verloren haben, während es in der Kontrollgruppe lediglich 14 Prozent der Studienteilnehmer gelang.
Gibt es Neben- oder Wechselwirkungen?
Die Einnahme von Semaglutid führte bei den Teilnehmern der Studie zu Nebenwirkungen. In den Gruppen, die Semaglutid einnahmen, traten häufiger Nebenwirkungen auf als in den Kontrollgruppen. So hatten 68 Prozent der Personen, die mit Semaglutid behandelt wurden, Magen-Darm-Beschwerden. In der Kontrollgruppe war dies nur bei 27 Prozent der Fall. Da die Studien über einen Zeitraum von maximal 15 Monate oder weniger durchgeführt wurden, können keine Aussagen darüber getroffen werden, welche Wirkungen und Nebenwirkungen über einen längeren Zeitraum auftreten. Zudem lassen sich die Ergebnisse nicht auf Kinder, Jugendliche und ältere Menschen übertragen. Auch geben die Studien keine Auskunft darüber, ob die Gewichtsabnahme von Dauer ist oder nicht.
Direkt zum Studiencheck „Semaglutid bei Adipositas“
Was muss bei der Einnahme von Semaglutid beachtet werden?
Zwar zeigt sich in den Studien, dass Menschen, die Semaglutid einnahmen, tatsächlich Gewicht verloren hatten. Das macht das Medikament jedoch nicht zu einem Wundermittel gegen Adipositas: Eine medikamentöse Behandlung von Adipositas erfolgt nur in Kombination mit der so genannten Basistherapie. Laut dieser wird Adipositas in erster Linie immer durch eine Änderung der Lebensgewohnheiten behandelt. Dabei sollen Betroffene ihre Ernährung umstellen und für mehr Bewegung im Alltag sorgen. Eine Verhaltenstherapie kann diese Umstellung begleiten. Erst wenn diese so genannte Basistherapie nicht ausreicht, kann in Absprache mit dem Arzt eine zusätzliche medikamentöse Therapie mit Semaglutid erfolgen. Diese wird allerdings immer in Verbindung mit einer Lebensstiländerung verschrieben.
Informationen zu lebensstilverändernden Maßnahmen für Menschen mit Adipositas gibt es auf dem Gesundheitsportal der Stiftung Gesundheitswissen unter: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/adipositas/behandlung