Brustkrebspatientinnen leben länger bei gesundem Lebensstil
Menschen, die die Empfehlungen zur Krebsprävention beherzigen, leben länger. Ob das in gleichem Maße auch für Krebspatienten nach der Diagnose gilt, war bislang wenig erforscht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) haben nun gezeigt, dass Brustkrebspatientinnen und nicht betroffene Frauen gleichermaßen von einem gesunden Lebensstil profitieren.
Modifizierbare Lebensstilfaktoren haben einen nachweislichen Einfluss auf die Überlebensrate. Ob diese Aussage auch für Krebspatienten nach der Diagnose gilt, war bisher wenig untersucht. Ein Team unter der Federführung von Wissenschaftlerinnen aus dem DKFZ und dem UKE konnte diese Frage nun für Brustkrebspatientinnen nach der Menopause beantworten. Die Forscherinnen zogen dazu die Daten der MARIE-Studie heran. Diese bevölkerungsbezogene Fall-Kontroll-Studie mit über 10.000 Teilnehmerinnen wurde durchgeführt, um mögliche Risikofaktoren für die Entstehung von Brustkrebs nach den Wechseljahren zu ermitteln.
In die aktuelle Auswertung wurden 8534 Frauen einbezogen, von denen etwa ein Drittel zwischen 2002 und 2005 eine Brustkrebsdiagnose erhalten hatte. Die Nachbeobachtung erstreckte sich bis zum Jahr 2020.
Anhand der Selbstauskünfte zum Lebensstil wurden die Studienteilnehmerinnen in drei Gruppen eingeteilt – je nachdem, wie genau sie die Empfehlungen zur Krebsprävention des World Cancer Research Fund (WCRF) befolgt hatten. Der WCRF empfiehlt unter anderem den Verzicht auf Tabak und Alkohol, sowie eine gesunde Ernährung, ausreichend körperliche Aktivität und ein gesundes Körpergewicht.
Das Team aus Hamburg und Heidelberg ermittelte nun: Unter den Frauen mit dem gesündesten Lebensstil gab es innerhalb der 16 Jahre Nachbeobachtung deutlich weniger Todesfälle als unter den Teilnehmerinnen, die sich am wenigsten an die WCRF-Empfehlungen gehalten hatten. Das galt sowohl für die Gesamtsterblichkeit als auch für Krebssterblichkeit oder die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen. Die Unterschiede waren erheblich: Auf jeweils hundert Todesfälle in der Gruppe, die die Präventionsempfehlungen am wenigsten befolgte, kamen nur 54 Todesfälle in der Gruppe der Teilnehmerinnen mit dem gesündesten Lebensstil.
Die wichtige Nachricht war dabei: Dies galt gleichermaßen für Frauen mit einer Brustkrebsdiagnose wie für Studienteilnehmerinnen aus der Kontrollgruppe. „Unsere Botschaft an alle Patientinnen ist daher: Es zahlt sich in Lebensjahren aus, auf einen gesunden Lebensstil zu achten – auch nach einer Brustkrebsdiagnose“, sagt Erstautorin Kathleen Gali vom UKE.
„Insgesamt jedoch haben die MARIE-Teilnehmerinnen beim Umsetzen der Empfehlungen zur Krebsprävention nur eine mittlere Punktzahl erreicht“, sagt Seniorautorin Jenny Chang-Claude. „Das gilt für Frauen mit und ohne Brustkrebshistorie.“ In früheren Untersuchungen war beobachtet worden, dass sich Frauen direkt nach einer Brustkrebsdiagnose zwar kurzzeitig mehr an die Präventionsempfehlungen hielten, dieser Effekt aber nicht lange anhielt. „Eine noch intensivere Aufklärung und Beratung der Frauen während der Tumor-Nachsorge könnte die Betroffenen davon überzeugen, dass sie auch nach einer Brustkrebsdiagnose von einem gesunden Lebensstil profitieren können.“
Kathleen Gali, Ester Orban, Ann-Kathrin Ozga, Annika Möhl, Sabine Behrens, Bernd Holleczek, Heiko Becher, Nadia Obi, Jenny Chang-Claude: Does breast cancer modify the long-term relationship between lifestyle behaviors and mortality? A prospective analysis of breast cancer survivors and population-based control
Cancer 2023, DOI 10.1002/cncr.35104.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.