Super-Code geknackt: zentrales Entzündungsprogramm entdeckt
Wichtiger Mechanismus für ganz unterschiedliche Entzündungen und Autoimmunerkrankungen
Die häufigsten Immunzellen im Körper sind die sogenannten neutrophilen Granulozyten – die erste Linie der Immunabwehr gegen Infektionen. Gleichzeitig sind Neutrophile an vielen Entzündungsprozessen und Autoimmunerkrankungen beteiligt. Ein internationales Team unter Leitung von Prof. Dr. Ricardo Grieshaber-Bouyer an der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie (Direktor: Prof. Dr. med. univ. Georg Schett) des Uniklinikums Erlangen hat nun ein zentrales Entzündungsprogramm identifiziert, das in Neutrophilen bei den unterschiedlichsten Entzündungsprozessen und Autoimmunerkrankungen abgespielt wird. Das gibt der Forschung einen neuen Ansatz zur Diagnostik und Therapie von Entzündungen. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Neutrophile Granulozyten können sehr unterschiedlich aussehen und verschiedene Funktionen haben. Die früheren Ergebnisse der Arbeitsgruppe von Prof. Grieshaber-Boyer zeigen, dass neutrophile Granulozyten sich an Gewebe und Entzündungsreize unterschiedlich anpassen können, wodurch ihre Vielfalt zustande kommt. Das Forschungsteam hat nun einen Ansatz entwickelt, um die Genexpression von Zellen in Menschen und in anderen Spezies gemeinsam zu analysieren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zunächst zeigen, dass der Zellcode der Abwehrzellen im Ruhezustand beim Menschen und beim Tier starke Ähnlichkeit aufweist. Darauf aufbauend untersuchten die Forscherinnen und Forscher, wie sich aktivierte Neutrophile in verschiedenen Formen von Entzündung von den ruhenden Zellen unterscheiden. Hierbei wurde beobachtet, dass es trotz aller Unterschiedlichkeiten in den verschiedenen Geweben und Krankheitszuständen ein zentrales Entzündungsprogramm gibt, das aus Genen besteht, die in einer Reihe von Entzündungszuständen immer wieder vorkommen.
Das ist besonders wichtig, um rasch das Wissen über die menschliche Gesundheit zu maximieren und nahtlose Übergänge zwischen experimenteller und klinischer Forschung zu schaffen, die direkt Patientinnen und Patienten zugutekommt. „Das von uns identifizierte Entzündungsprogramm kann als Maß für die Aktivierung der Neutrophilen gelten“, sagt Ricardo Grieshaber-Bouyer, „und war beispielsweise bei Patientinnen und Patienten mit einer COVID-19-Infektion mit dem Schweregrad des klinischen Verlaufs assoziiert.“
Schlussendlich konnten die Forschenden zeigen, dass die DNA-Abschnitte, die das Entzündungsprogramm beinhalten, sich bereits während der Entwicklung der Neutrophilen und deren Einwanderung in das Gewebe öffnen, bevor die Zellen auf stärkere Entzündungsreize treffen. Somit sind Neutrophile bereits darauf vorbereitet, die Gene dieses Entzündungsprogramms abzulesen. Hieraus ergeben sich neue Impulse, Entzündung im Körper zu messen, sowie neue therapeutische Angriffspunkte in Infektionen und chronischen Entzündungen.
Quelle: uni | mediendienst | forschung Nr. 02/2024