Gesund altern: Mikronährstoffe im Fokus
Der Alterungsprozess ist mit einem veränderten Bedarf an essenziellen Mikronährstoffen verbunden. Zudem werden Veränderungen der Bioverfügbarkeit und der postprandialen Variabilität verschiedener Nährstoffe mit dem Altern in Verbindung gebracht. Wie schnell und in welchem Ausmaß Mikronährstoffe aus einer Mahlzeit ins Blut gelangen und ob dies altersabhängig ist, war bislang jedoch unklar. Um Antworten darauf zu finden, haben Wissenschaftler*innen vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau und von der Universität Potsdam die BioMiEL-Studie durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Journal Nutrients veröffentlicht.
Ein Mangel an Mikronährstoffen tritt bei älteren Menschen häufig auf und steht im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krankheiten, wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Ursachen können unter anderem eine unausgewogene Ernährung, chronische Krankheiten, Rauchen oder Veränderungen im Geschmackssinn sein. Ein weiterer Grund für einen Mikronährstoffmangel könnte auch eine altersabhängige verringerte Bioverfügbarkeit sein, d. h., wie schnell und in welchem Umfang der Dünndarm die Mikronährstoffe resorbiert und in den Blutkreislauf abgibt.
Jung und Alt im Vergleich
Vor diesem Hintergrund haben Dr. Daniela Weber, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Molekulare Toxikologie am DIfE, und ihr Team die „Bioavailability of Micronutrients in Elderly“ (BioMiEL)-Studie durchgeführt. Ziel war es, die postprandiale Variabilität – d. h. die dynamischen Veränderungen der Mikronährstoffkonzentrationen nach einer standardisierten Interventionsmahlzeit – und die Bioverfügbarkeit von essenziellen Spurenelementen, Vitaminen und Carotinoiden in verschiedenen Altersgruppen zu untersuchen. Insgesamt nahmen 43 Proband*innen teil, darunter 21 junge (Durchschnittsalter: 26,9 Jahre) und 22 ältere Männer und Frauen (Durchschnittsalter: 66,8 Jahre).
Die Wissenschaftler*innen bestimmten zunächst bei allen Teilnehmenden die Basiskonzentrationen von Eisen, Kupfer, Zink, Selen, Jod, freiem Zink, Vitamin C, Retinol, Lycopin, β-Carotin, α-Tocopherol und γ-Tocopherol im Blut. Anschließend erhielten die Proband*innen eine pflanzliche Testmahlzeit, bestehend aus einem mikronährstoffreichen Aufstrich und einem Smoothie. „Das Besondere an unserer Studie war die Testmahlzeit, die zum Teil aus regionalen Produkten hergestellt wurde,“ sagt Studienleiterin Weber. In den folgenden sechs Stunden nach der Nahrungsaufnahme wurden die dynamischen Veränderungen der Mikronährstoffkonzentrationen im 90 Minuten-Takt erfasst.
Vor allem individuelle Unterschiede
„Ähnlich zum bisherigen Stand der Literatur konnten wir auch in der BioMiEL-Studie zeigen, dass die Konzentrationen des essenziellen Spurenelements Zink und des Carotinoids Lycopin bei älteren Menschen niedriger sind als bei jüngeren“, erklärt Erstautor Denny Pellowski von der Universität Potsdam. „Postprandial, also nach der Nahrungsaufnahme, schwankten besonders Zink und Vitamin C, wobei wir sehen konnten, dass vor allem individuelle und weniger altersbedingte Unterschiede bestehen.“
Die Konzentration von Selen war bei älteren Teilnehmenden höher, und es wurden zeitabhängige Unterschiede beobachtet. Auch Kupfer zeigte höhere Basiskonzentrationen bei älteren Teilnehmenden, mit signifikanten Veränderungen nach der Nahrungsaufnahme. Die Kupfer-Zink-Verhältnisse unterschieden sich altersabhängig, was auf ihre Rolle als Biomarker für das Altern hinweist. Bei Eisen wurden keine altersabhängigen Unterschiede in den Basiskonzentrationen festgestellt, aber signifikante Veränderungen nach der Nahrungsaufnahme, insbesondere bei älteren Teilnehmenden. „Sehr anschaulich fanden wir den Anstieg von Vitamin C, der vom Smoothie kam. Das war nur ein nebensächliches Ergebnis, zeigt aber, dass jeweils ein Glas schwarzer Johannisbeersaft und Apfelsaft reichen, um die Vitamin C-Konzentration im Blut zu vervielfachen“, sagt Weber.
Die Studienergebnisse unterstreichen den Bedarf an gezielten Maßnahmen, die auf altersbedingte Veränderungen der Nährstoffaufnahme eingehen. Gleichzeitig bieten sie wertvolle Ansätze, um einen Mangel an Mikronährstoffen bei älteren Erwachsenen gezielter zu bewältigen. Die Wissenschaftler*innen sind sich jedoch einig, dass weitere Untersuchungen notwendig sind, um ein besseres Verständnis der postprandialen Variabilität von Mikronährstoffen zu erlangen.
Die BioMiEL-Studie wurde im Rahmen des Kompetenzclusters NutriAct durchgeführt.
Hintergrundinformationen
Mikronährstoffe
Neben den energieliefernden Makronährstoffen (Fette, Kohlenhydrate und Eiweiße) enthält die Nahrung auch Mikronährstoffe. Diese sind essenziell und haben für den Organismus keinen energetischen Wert. Zu den Mikronährstoffen werden in erster Linie Vitamine und Mineralstoffe, d. h. Spuren- und Mengenelemente, gezählt. Mikronährstoffe sind an zahlreichen lebenswichtigen Vorgängen beteiligt und erfüllen spezifische Funktionen im Körper. Sie unterstützen z. B. den Erhalt normaler Haut und Schleimhäute, die Funktion des Immunsystems sowie des Nervensystems und tragen zu einem normalen Energiestoffwechsel bei.
Zusammensetzung der Testmahlzeit
– Zutaten des Brotaufstrichs: Wasser, Möhren (heißluftfrittiert), Tomaten (gedörrt), Rapsöl, Sonnenblumenkernmus, Kürbis (heißluftfrittiert), Weizenkeime, Petersilie, Schnittlauch, Sanddornöl, Paranuss, Salz
– Zutaten des Smoothies: Schwarzer Johannisbeersaft, Apfelsaft, Möhrensaft, Gurke, Tomatensaft, Spinat, Sonnenblumenkerne, Weizenkeime, Petersilie, Sanddornsaft, Zitrone
Originalpublikation
Pellowski, D., Kusch, P., Henning, T., Kochlik, B., Maares, M., Schmiedeskamp, A., Pohl, G., Schreiner, M., Baldermann, S., Haase, H., Schwerdtle, T., Grune, T., Weber, D.: Postprandial Micronutrient Variability and Bioavailability: An Interventional Meal Study in Young vs. Old Participants.
Nutrients 16(5):625 (2024). [Open Access] [https://doi.org/10.3390/nu16050625]
Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
> https://www.dife.de
> https://www.leibniz-gemeinschaft.de
> https://www.dzd-ev.de