KI bei Darmvorsorge
Original Titel:
Artificial intelligence-assisted optical diagnosis for the resect-and-discard strategy in clinical practice: the Artificial intelligence BLI Characterization (ABC) study
- Diagnose von Darmpolypen: Hilft künstliche Intelligenz (KI)?
- Klinische Studie: KI-Einsatz für optische Diagnose von Polypen und Einsatz der „resect-and-discard“ Strategie bei kleinen Darmpolypen (≤ 5 mm)
- 596 Polypen von 389 Patienten
- Primärer Endpunkt: negativer Vorhersagewert für Adenome von ≥ 90 % wurde erreicht
- Optische Diagnose und pathologische Untersuchung erzielten ähnliche Überwachungsintervalle für zukünftige Koloskopien
- Genauigkeit der KI-assistierten optischen Diagnose bei Nicht-Experten deutlich geringer als bei Experten
MedWiss – In einer klinischen Studie wurde untersucht, ob die in Echtzeit von künstlicher Intelligenz (KI) unterstützte optische Diagnose von Darmpolypen genau genug ist, um die „resect-and-discard“ Strategie bei kleinen Darmpolypen (≤ 5 mm) anzuwenden. Der primäre Endpunkt der Studie wurde mit einem negativen Vorhersagewert für Adenome von ≥ 90 % erreicht. Auch der Zeitpunkt für die nächste Koloskopie wurde auf Basis der optischen Diagnose meist gleich gewählt wie auf Basis der pathologischen Untersuchung. Die Genauigkeit des KI-assistierten Diagnoseverfahrens war dabei bei Experten deutlich höher als bei Nicht-Experten.
Bei einer Koloskopie können Darmpolypen, die sich im Laufe mehrerer Jahre zu Darmkrebs entwickeln können, sogenannte Adenome, direkt entfernt werden. Bei der Untersuchung werden häufig kleine Polypen (≤ 5 mm) gefunden, die etwa 80 % der Darmpolypen ausmachen. Etwa 40 % dieser kleinen Darmpolypen sind hyperplastisch, was bedeutet, dass ihr Entartungsrisiko äußerst gering ist. Sie gelten daher nicht als Krebsvorstufe. Das Standardverfahren bei einer Koloskopie sieht dennoch vor, entfernte Polypen in eine pathologische Analyse zu geben. Anhand der Ergebnisse der Analyse wird entschieden, ob eine intensivere Überwachung mit einem kürzeren Überwachungsintervall notwendig ist.
Koloskopie und Darmpolypen: Was leistet künstliche Intelligenz?
Mit der „resect-and-discard“-Strategie (entfernen und verwerfen) wird versucht, unnötige pathologische Untersuchungen bei kleinen Darmpolypen zu vermeiden. Hierbei wird bereits während der Koloskopie entschieden, ob es sich bei kleinen Polypen (≤ 5 mm) um hyperplastische Polypen handelt oder nicht. Ist der Polyp hyperplastisch, also „ungefährlich“, muss er nicht in die formale pathologische Untersuchung gegeben werden. So werden Kosten und Arbeitsaufwand gespart.
In einer klinischen Studie wurde untersucht, ob ein durch künstliche Intelligenz (KI) unterstütztes optisches Diagnoseverfahren für die Koloskopie genau genug ist, um die „resect-and-discard“-Strategie bei kleinen Polypen anzuwenden. Für die Studie wurden insgesamt 596 Polypen von 389 Patienten entnommen. Als primärer Endpunkt wurde ein negativer Vorhersagewert für Adenome von ≥ 90 % festgelegt. Dieser Wert sagt aus, mit welcher Genauigkeit vorausgesagt werden kann, dass es sich bei dem entfernten Polypen um kein Adenom handelt, das eine intensivere Überwachung erforderlich macht.
Vergleich pathologischer Untersuchung und „Resect-and-discard“-Strategie mit KI-Support
Der primäre Endpunkt der Studie wurde erreicht. Zusätzlich wurde auch untersucht, ob das empfohlene Überwachungsintervall auf Grundlage der optischen KI-unterstützten Untersuchung und der pathologischen Analyse gleich war. Hierbei galt eine Deckungsgleichheit von ≥ 90 % als ausreichend. Die Überwachungsintervalle wurden anhand von zwei Richtlinien berechnet, auf Basis der European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) und der United States Multi-Society Task Force (USMSTF). In beiden Fällen wurde ein ausreichender Deckungsgrad erreicht.
- Negativer Vorhersagewert für Adenome: 91,0 %; 95 % Konfidenzintervall, KI: 87,1 – 93,9
- Deckungsgrad Überwachungsintervall nach ESGE: 97,4 %; 95 % KI: 95,7 – 98,9
- Deckungsgrad Überwachungsintervall nach USMSTF: 92,6 %; 95 % KI: 90,0 – 95,2
Die Studie zeigte zudem, dass das Diagnoseverfahren bei Experten deutlich genauer war als bei Nicht-Experten (91,9 % versus 82,3 %). Gleichzeitig war die Unterstützung durch die KI jedoch bei Nicht-Experten mit einer größeren Verbesserung der Genauigkeit assoziiert.
Verfahren scheint für klinische Anwendung geeignet, jedoch kein Ersatz für Expertise
Die Autoren schlussfolgerten, dass das KI-assistierte optische Diagnoseverfahren geeignet sei, um die „resect-and-discard“-Strategie bei kleinen Darmpolypen anzuwenden. Gleichzeitig sei die KI-Unterstützung jedoch kein Ersatz für Expertise und Erfahrung.
© Alle Rechte: HealthCom