Weiterbildung und Volkskrankheiten sind nicht angemessen berücksichtigt
DGIM sieht Chancen, aber auch Lücken im KHVVG-Referentenentwurf
Wiesbaden – Nur wenn die Weiterbildung gesetzlich in der Krankenhausreform verankert wird, lässt sich die Versorgung der Bevölkerung auch in Zukunft sicherstellen. Dies betont die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) in einer aktuellen Stellungnahme zum Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG). Damit die Reform wie geplant die Behandlungsqualität erhöht und eine flächendeckende medizinischen Versorgung gewährleistet, ist es außerdem wichtig, dass alle Schwerpunkte der Inneren Medizin in eigenen Leistungsgruppen mit ausreichend strukturellen und personellen Ressourcen abgebildet werden.
Nachdem schon im März eine Version des Referentenentwurfs zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) kursierte, hat das Bundesgesundheitsministerium diesen nun auch offiziell verschickt und die Verbände für Ende April zur Anhörung eingeladen. „Wir unterstützen die Ziele der Reform ausdrücklich, müssen aber leider feststellen, dass unsere dringenden Appelle, die Weiterbildung in das Gesetz aufzunehmen, kein Gehör gefunden haben“, bemängelt Professor Dr. med. Jan Galle, Vorsitzender der DGIM. „Außerdem sind unverändert nicht für alle Schwerpunkte der Inneren Medizin die für die Versorgung dringend notwendigen Leistungsgruppen vorgesehen.“
Ohne Weiterbildung geht es nicht
Schon vergangenes Jahr hatte die DGIM mit ihrer Arbeitsgruppe JUNGE DGIM auf die Bedeutung der Weiterbildung hingewiesen. „Eine qualifizierte Weiterbildung genügend fachärztlichen Nachwuchses ist auf allen Gebieten der Medizin Grundvoraussetzung für eine hochwertige und flächendeckende medizinische Versorgung“, erklärt DGIM-Generalsekretär Professor Dr. med. Georg Ertl.
Bislang werde die Weiterbildung aus den Erlösen der Krankenversorgung querfinanziert. „Weiterbildung kostet Zeit. Das muss in der Personalbemessung ausreichend berücksichtigt werden – was in Leistungsgruppen bislang aber überhaupt nicht der Fall ist“, so der Experte. Dies müsse sich dringend ändern, indem Personalressourcen zur Weiterbildung im Gesetz festgeschrieben werden, fordert die Fachgesellschaft.
Fachliche Bandbreite der Inneren Medizin bewahren
Ob Diabetes, Schaufensterkrankheit oder Infektionen: Besonders häufig auftretende Krankheitsbilder der Inneren Medizin spielen in allen Bereichen der Versorgung eine relevante Rolle. Doch gerade die Leistungen der internistischen Schwerpunkte, die diese Krankheiten versorgen, sind in den bisherigen Grundlagen der Leistungsgruppen nicht angemessen abgebildet. „Querschnittsfächer wie die Angiologie, die Infektiologie, die Endokrinologie und Diabetologie oder auch die Rheumatologie sind bislang schon deutlich unterfinanziert. Jetzt werden sie auch im KHVVG nicht angemessen berücksichtigt und daher in ihrem Bestand bedroht“, so der DGIM-Vorsitzende Galle.
„Wir brauchen deshalb eigene Leistungsgruppen für alle Schwerpunkte der Inneren Medizin und Vorgaben für die vorzuhaltenden Strukturen und Personal, um die Qualität auch in den bedrohten Fächern flächendeckend zu wahren“, fordert Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender der DGIM-Kommission Struktur der Krankenversorgung.
„Allgemeine Innere Medizin“ wichtig für transsektorale Versorgung
Gerade mit Blick auf die geplanten transsektorale Versorgungsstrukturen spiele die Allgemeine Innere Medizin eine wichtige Rolle. „In einigen ländlichen Räumen besteht bereits ein eklatanter Facharztmangel, daher müssen die Sektorengrenzen in beide Richtungen durchlässig werden“, stellt DGIM-Generalsekretär Ertl fest. Schon heute übernehmen Internistinnen und Internisten mehr als ein Drittel der hausärztlichen Versorgung. Diese breitgefächerte medizinische Kompetenz der „Allgemeinen Inneren Medizin“ müsse daher vor allem an der Schnittstelle ambulant-stationär besonders gestärkt werden. „Mit Blick auf die transsektorale Versorgung müssen Synergien besser genutzt werden. Das heißt: Klinikärztinnen und -ärzten müssen vermehrt für ambulante Leistungen zugelassen und Praxen vermehrt an Kliniken angesiedelt werden“, fordert auch Müller-Wieland.
Referentenentwurf enttäuscht bei der Entbürokratisierung
Auch mit Blick auf die überbordende Bürokratie, der sich alle im Gesundheitswesen in Ärzteschaft, Pflege und Verwaltung Tätigen ausgeliefert sehen, sieht die DGIM im aktuellen Referentenentwurf die Chancen nicht ausreichend genutzt. „Die Zahl der alten und kranken Menschen steigt, während die Gruppe der Menschen, die diese behandeln und pflegen können, auf absehbare Zeit schrumpfen wird“, beschreibt DGIM-Generalsekretär Ertl die Ausgangslage. „Die Medizin muss dringend effizienter werden, sodass sich Ärztinnen und Ärzte wieder vermehrt auf die Patientenversorgung fokussieren können.“
Weiterführende Informationen:
DGIM-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), April 2024: online abrufen
AG Junge DGIM: Krankenhausreform nutzen und zukunftsfähig auch für den medizinischen Nachwuchs gestalten, DGIM-Stellungnahme, November 2023: online abrufen