Vaskuläre Forschung: Einführung der mikrofluidischen Vessel-on-Chip-Plattform
Featured Publication, Pioneer Campus
An der Spitze einer neuen Ära in der Gefäßforschung stellen Prof. Matthias Meier und sein Team am Helmholtz-Pionier-Campus (HPC) bei Helmholtz Munich eine hochmoderne mikrofluidische Vessel-on-Chip-Technologie vor. Diese Innovation nutzt menschliche Stammzellen für die Erforschung von Gefäßerkrankungen und signalisiert einen Schritt hin zu personalisierten Behandlungen und reduzierten Tierversuchne. Die Studie wurde in Cell Reports veröffentlicht.
Der Kampf gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die weltweit zu den häufigsten Todesursachen zählen, wird durch die Unzulänglichkeiten herkömmlicher Modelle zur genauen Nachahmung menschlicher Gefäßbedingungen behindert. Die Suche nach zuverlässigeren Modellen für menschliche Blutgefäße ist dringend erforderlich, da die bestehenden Methoden die Komplexität menschlicher Krankheiten nicht vollständig erfassen.
Stammzellen ermöglichen präzise Modellierung von Gefäßkrankheiten
Um diesen dringenden Bedarf zu decken, entwickelte ein Team um Matthias Meier, Forschungsleiter der Gruppe „Bioengineering und Mikrofluidik“ am HPC, eine hochentwickelte mikrofluidische Vessel-on-Chip-Plattform. Unter Verwendung von Endothelzellen aus humanen pluripotenten Stammzellen bildet diese Plattform die dynamische Umgebung menschlicher Blutgefäße in einer genomisch definierten Umgebung nach. Das mikrofluidische Design ermöglicht eine präzise Kontrolle der biochemischen und mechanischen Stimuli, die auf die Zellen einwirken, und ebnet den Weg für bahnbrechende Erkenntnisse über die Gesundheit und Krankheit der Gefäße.
Organ-on-Chip und Vessel-on-Chip sind Arten von mikrofluidischen Plattformen, die in der biomedizinischen Forschung verwendet werden und sich auf verschiedene Aspekte biologischer Systeme konzentrieren. Organ-on-Chip-Plattformen zielen darauf ab, die physiologischen Funktionen und das Mikroumfeld spezifischer Organe oder Gewebe im menschlichen Körber (z.B. Leber, Lunge oder Herz) nachzubilden. Vessel-on-Chip-Plattformen sind speziell darauf ausgelegt, die Struktur und Funktion von Blutgefäßen oder Gefäßnetzwerken zu imitieren und sind besonders nützlich für die Erforschung von Krankheiten, die mit dem Herz-Kreislauf-System zusammenhängen, wie Atherosklerose, Thrombose und Entzündungen.
Durch sorgfältige Experimente konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass die Plattform in der Lage ist, die frühen Stadien der Atherosklerose zu modellieren. Die aus Stammzellen gewonnenen Endothelzellen wurden in den mikrofluidischen Kanälen einem Strom von oxidiertem Lipoprotein niedriger Dichte (Low-Density-Lipoprotein, LDL) und freien Fettsäuren ausgesetzt, was die Bedingungen simuliert, die bei Patienten mit metabolischem Syndrom auftreten. Diese Exposition führte zu beobachtbaren Veränderungen im Zellverhalten und in der Proteinexpression, die denen bei menschlichen Erkrankungen sehr ähnlich sind.
Personalisierte Behandlungen ethisch vorantreiben
Die Entwicklung dieser mikrofluidischen Vessel-on-Chip-Technologie durch das Team von Matthias Meier stellt einen entscheidenden Fortschritt in der Gefäßforschung dar. Sie eröffnet neue Wege zur Erforschung von Krankheitsmechanismen, zur Erprobung therapeutischer Maßnahmen und zur Entwicklung einer personalisierten Medizin. Über ihre wissenschaftlichen Verdienste hinaus verkörpert diese Technologie ein Bekenntnis zu ethischer Forschung, indem sie eine Alternative zu Tierversuchen bietet und sich mit globalen Bemühungen zur Durchführung menschlicher und relevanter wissenschaftlicher Untersuchungen in Einklang bringt. Mit diesem Durchbruch bringt das Team des Helmholtz-Pionier-Campus nicht nur das Verständnis von Gefäßerkrankungen voran, sondern setzt auch einen neuen Standard für die Forschung in den Lebenswissenschaften.
Über den Wissenschaftler
Prof. Matthias Meier, Forschungsleiter der Gruppe “Bioengineering und Mikrofluidik” am Helmholtz Pioneer Campus bei Helmholtz Munich
Original-Publikation
Marder et al., 2024: Stem cell-derived vessels-on-chip for cardiovascular disease modeling. Cell Reports. DOI: 10.106/j.celrep.2024.114008