Wegweisend: Altersmediziner veröffentlichen erste S3-Leitlinie zum umfassenden geriatrischen Assessment bei hospitalisierten Patienten – Online-Vorstellung am 10. Juli

Große Premiere für die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG): Unter ihrer Federführung ist jetzt die erste S3-Leitlinie zum umfassenden geriatrischen Assessment, kurz CGA, bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten in Deutschland veröffentlicht worden. Ein wichtiger Wegweiser für eine personalisierte Altersmedizin wurde damit Realität. Insgesamt 20 evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen sowie Statements hat ein interdisziplinäres Leitlinien-Team aus mehr als 20 Fachgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet und dabei explizit die Gebiete in den Blick genommen, in denen das CGA – das steht für Comprehensive Geriatric Assessment – am effektivsten wirkt: die Notaufnahme, die Onkologie, die Orthogeriatrie, die Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie die Akutgeriatrie. Einen Überblick über die neue wegweisende Leitlinie gibt am 10. Juli das öffentliche DGG-Webinar „Dauerbrenner Assessment – von der Evidenz endlich zur Umsetzung durch die S3-Leitlinie!“. Einschalten lohnt sich!

„Eine wichtige Empfehlung der neuen Publikation ist: Ein CGA sollte mindestens 15 Minuten dauern, um therapierelevante Aussagen treffen zu können. Dieses Investment trägt dazu bei, die medizinische Versorgung von älteren Menschen zu verbessern und auch die Kosten im Gesundheitssystem zu senken“, sagt Professor Michael Denkinger (Foto), Koordinator der Leitlinie und President-elect der DGG.

Zweijähriger Arbeitsprozess führt zu 20 neue Empfehlungen und Statements

Das wichtige Werk ist Resultat eines rund zweijährigen intensiven, interdisziplinären Arbeitsprozesses, den die hohe Qualität einer S3-Leitlinie erfordert. Dazu zählen zum Beispiel eine systematische Literaturrecherche, die Bewertung der Evidenz, die Formulierung und Graduierung von Empfehlungen, die Konsensfindung und schließlich die externe Begutachtung. Herausgekommen sind neun evidenzbasierte Empfehlungen und drei evidenzbasierte Statements sowie fünf konsensbasierte Empfehlungen und drei konsensbasierte Statements.

Empfehlungen können Funktionseinbußen geriatrischer Patientinnen und Patienten mindern

Eines der wichtigsten konsensbasierten Statements zielt darauf ab, dass ein CGA im Sinne einer personalisierten Medizin stets bestimmte Dimensionen untersuchen sollte: mindestens die Selbsthilfefähigkeit, die Mobilität, die kognitive Funktion inklusive Delir, den Affekt, die Ernährung und soziale Situation einer Person. Je nach persönlicher Situation können auch andere Dimensionen relevant sein, wie zum Beispiel die Sensorik, Kommunikationsfähigkeit oder Schlafsituation der älteren Person – oder aber auch die Polypharmazie. Wichtige evidenzbasierte Empfehlungen gehen zum Beispiel auf die Notwendigkeit eines CGA bei älteren Menschen ein, die vor einer systemischen Krebstherapie stehen, hüftgelenksnahe Frakturen haben oder sich im akutgeriatrischen Setting befinden. Konsequent eingesetzt kann das CGA dazu beitragen, die im Krankenhaus erworbenen physischen und kognitiven Funktionseinbußen zu vermindern – und so auch die Kosten für Therapie und Sozialfürsorge zu senken.

Internationale Nutzung: Vorstellung bei Kongressen – Dänen prüfen Übersetzung

Damit diese Leitlinie noch bekannter wird und Einzug in die medizinische Praxis hält, sind in naher Zukunft viele Aktionen vorgesehen: „Wir planen einen Artikel im Ärzteblatt und machen über unsere Social-Media-Kanäle auf die Leitlinie aufmerksam. Auf dem kommenden Gerontologie- und Geriatrie-Kongress in Kassel sowie auf dem europäischen EUGMS-Kongress in Valencia haben wir Symposien zum Thema angemeldet. Und wir haben auch schon Kontakt zu anderen Ländern geknüpft: Kollegen aus Dänemark überlegen bereits, ob sie unsere Leitlinie übersetzen lassen und nutzen können“, erklärt Denkinger. Sie sei außerdem eine von nur vier deutschsprachigen Leitlinien, die in der neuartigen MAGIC-App, einem webbasierten Leitlinien-Tool, genutzt werden können.

DGG-Leitlinienbeauftragter: Meilenstein in der Altersmedizin

Der DGG-Leitlinienbeauftrage Dr. Klaus Friedrich Becher, Chefarzt Allgemeine Rehabilitation und Geriatrische Rehabilitation der Klinik Wartenberg, ist ebenfalls begeistert: „Ein Meilenstein in der Medizingeschichte für die Altersmedizin ist entstanden! Die neue Assessment-Leitlinie wird ihren Platz nicht nur in den Registern der AWMF finden. Durch die hohe Qualität und interprofessionelle sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit werden die Empfehlungen auch im Alltag von Praxis und Klinik sowie in weiteren Publikationen ihre Wirkung entfalten.“

Die S3-Leitlinie „Umfassendes Geriatrisches Assessment (Comprehensive Geriatric Assessment CGA) bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten“ ist abrufbar im
AWMF-Leitlinienregister und in der MAGIC-App.

Dr. med. Simone Brefka und Barbara Kumlehn stellen die neue Leitlinie im DGG-Webinar „Dauerbrenner Assessment – von der Evidenz endlich zur Umsetzung durch die S3-Leitlinie!“ vor. Das Webinar ist offen für alle Interessierte. Schalten Sie ein:
Mittwoch, 10. Juli 2024
13.15 bis 14 Uhr

Auf der DGG-Startseite unter: www.dggeriatrie.de