Eosinophilenzahl als Biomarker für den Schweregrad bei Lungenentzündungen

Atemwegsinfektionen, darunter die ambulant erworbene Lungenentzündung (community-acquired Pneumonia, CAP), sind eine führende Todesursache weltweit. Bislang hat die Forschung jedoch noch keinen guten Biomarker gefunden, der eine frühzeitige Vorhersage der Schwere der Erkrankung ermöglicht. Ein solcher Biomarker könnte dazu beitragen, Hochrisikopatient*innen frühzeitig zu identifizieren und so durch engere Überwachung und frühzeitige Detektion von Komplikationen die Sterblichkeit zu reduzieren. In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler*innen um Dr. Barbara Weckler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Bernd Schmeck vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) an der Philipps-Universität Marburg nun die Eosinophilenzahl als möglichen Marker für einen schweren CAP-Verlauf untersucht. Das Ergebnis: eine Eosinopenie mit niedrigerer Eosinophilenzahl von unter 50/µL ist mit schwereren Infektionen und einer höheren Sterblichkeitsrate bei CAP-Patienten verbunden.

Fünf Standorte, eine Frage: Ist die Eosinophilenzahl im Blut als Risikomarker bei der ambulant erworbenen Pneumonie geeignet?

Eosinophile stellen eine Untergruppe der Leukozyten dar und sind an der Immunabwehr beteiligt, etwa an der Bekämpfung von Parasiten und bestimmten Infektionen.

Für die Studie wurden Daten von 6.748 erwachsenen Patient*innen mit Lungenentzündung analysiert, die zwischen 2009 und 2020 in fünf Universitätskliniken behandelt wurden. Sie wurden in eine Gruppe mit niedrigeren Eosinophilenzahlen (≤50/µL) und eine mit höheren Eosinophilenzahlen (>50/µL) unterteilt. Zwischen diesen beiden Gruppen wurden Sterblichkeit, Notwendigkeit der Beatmung, Risiko für eine Sepsis, Krankenhausaufenthaltsdauer und Zeit bis zum Tod im Krankenhaus verglichen.

Eine niedrige Eosinophilenzahl (≤50/µL) ist mit einem schwereren Krankheitsverlauf verbunden

In der Patientengruppe mit den niedrigeren Eosinophilenzahlen waren die Sterblichkeit im Krankenhaus, die Notwendigkeit einer Beatmung und das Risiko für eine Sepsis signifikant erhöht. Außerdem benötigten die Patient*innen mit den niedrigen Eosinophilenzahlen mehr Zeit, bis sie aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten. Auch fiel auf, dass die Patientengruppe mit den niedrigen Eosinophilenzahlen schneller im Krankenhaus verstarb.

Wie könnten die Studienergebnisse Patient*innen zugutekommen?

„Eine Eosinophilenzahl (≤50/µL) könnte dazu beitragen, die Krankheitsschwere bei der ambulant erworbenen Lungenentzündung vorherzusagen. Das Ziel ist es, die Prognose von Hochrisikopatient*innen mit niedrigen Eosinophilenzahlen möglicherweise durch frühzeitige Überwachung bzw. Therapieanpassung zu verbessern“, so Dr. Weckler. Für die Translation ist noch weitere Forschung nötig: So müssen beispielsweise die genauen Mechanismen, durch die die Eosinophilenzahl das Fortschreiten und den Ausgang der CAP beeinflusst, weiter untersucht werden. Zudem muss die Eosinopenie als prognostisches Standardkriterium erst noch validiert werden.

Originalpublikation: Weckler BC, Pott H, Race A, Jugkaeo N, Karki K, Ringshandl S, Seidemann C, Schöndorf I, Renz H, Fähndrich S, Jung AL, Bertrams W, Makoudjou A, Zöller D, Finotto S, Schild S, Seuchter SA, Rohde G, Trinkmann F, Greulich T, Vogelmeier CF, Schmeck B, Eosinopenia as predictor of disease severity in patients with community-acquired pneumonia: an observational study, CHEST (2024), doi: https://doi.org/10.1016/j.chest.2024.05.041.