Per „Blaulicht“ zur Genregulation

Forschende der Universität Bayreuth haben einen neuen optogenetischen Ansatz etabliert, bei dem die bakterielle Produktion von Proteinen auf mRNA-Ebene mit blauem Licht gesteuert werden kann. Das neue System kontrolliert die Aktivierung der genetischen Substanz besonders effektiv und übertrifft damit bisherige Ansätze. Es stellt neue Werkzeuge für die Grundlagenforschung und Biotechnologie bereit.

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Optogenetik bezeichnet die Regulation biologischer Abläufe durch Licht, beispielsweise die Genexpression, d.h. die Aktivierung spezifischer Gene. Die Optogenetik bietet somit einen vielversprechenden Ansatz für Biotechnologie und „Theranostik“ – einer Verzahnung von Therapie und Diagnostik: Sie ermöglicht es, die Produktion von Proteinen in Zellen zu steuern.  Neben der Bereitstellung von Werkzeugen für weitere Grundlagenforschung und für die biotechnologische Anwendung bringen die Erkenntnisse der Bayreuther Forschenden auch wesentliche Fortschritte hinsichtlich der generellen Kontrolle RNA-basierter zellulärer Prozesse durch Licht. Die Ergebnisse dienen dem Bau genetischer Schaltkreise, mit denen sich Aktivität und Zustand von RNAs innerhalb von Bakterien und Säugerzellen steuern lassen.

Methoden zur Steuerung der Genexpression in Zellen und damit der Produktion von Proteinen haben für die angewandte und grundlegende Forschung große Bedeutung. Seit einigen Jahren gibt es neben bereits etablierten Ansätzen über die Zugabe chemischer Substanzen auch die Möglichkeit, Genexpression durch Lichtbestrahlung zu steuern. Dieser als Optogenetik bezeichnete Ansatz beruhte bislang fast ausnahmslos auf Aktivierung des Umschreibens von DNA in mRNA (Boten-RNA). Die Studie der Arbeitsgruppe Photobiochemie an der Universität Bayreuth geht jedoch einen Schritt weiter: Die Forschenden etablierten einen neuen optogenetischen Ansatz, der als Riboptoregulator bezeichnet wird und die bakterielle Genexpression auf Ebene der mRNA mithilfe von „Blaulicht“ aktiviert. Vorteile der Kontrolle der Genexpression auf mRNA-Ebene sind insbesondere die Geschwindigkeit der Antwort, die Modularität sowie Kombinierbarkeit mit weiteren genetischen Schaltkreisen.

Das Team unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Möglich verwendete hierfür den Photorezeptor PAL, der vor wenigen Jahren von der Arbeitsgruppe entdeckt wurde. PAL kann durch Aktivierung mit blauem Licht gezielt spezifische RNA-Strukturen binden und eine Blockade an der sogenannten Translations-Initiationsregion lösen. An dieser Region docken Ribosomen an, die für die Übersetzung der mRNA in Proteine zuständig sind. Nach dem Lösen der Blockade durch PAL kann die Übersetzung der mRNA stattfinden.

„Wir nutzten die Kombinierbarkeit des Riboptoregulators mit genetischen Schaltkreisen, um das neue pAurora2-System zu etablieren. Es kontrolliert die bakterielle Genexpression abhängig von blauem Licht besonders stringent und übertrifft bisherige Ansätze“, sagt Möglich. Das pAurora2-System ist deshalb so effizient, weil es die Genexpression an zwei Stellen fördert: Zum einen löst pAurora2 die Blockade der Translation des Zielgens am mRNA-Strang, zum anderen unterdrückt das System die Expression eines Translation-Repressors. So kann die Expression eines Zielgens über das 1.000-Fache angekurbelt werden.

„Diese Regulation auf RNA-Ebene bringt viele Vorteile, die künftig für moderne Anwendungen der lichtregulierten bakteriellen Genexpression wie Theranostik, Biotechnologie oder Materialwissenschaften genutzt werden können“, sagt Dr. Américo Ranzani, Erstautor der Studie und zum Zeitpunkt von deren Durchführung Postdoc in der Arbeitsgruppe Photobiochemie.

Das Forschungsprojekt wurde durch Gelder von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert (MO2192/6-2 und MO2192/10-1).

Originalpublikation: Induction of Bacterial Expression at the mRNA Level by Light. Américo T. Ranzani, Konrad Buchholz, Marius Blackholm, Hayat Kopkin, Andreas Möglich. Nucleic Acids Research (2024)
DOI: https://doi.org/10.1093/nar/gkae678