Licht statt Strahlung

Die Innsbrucker Univ.-Kliniken für Gefäßchirurgie und Radiologie haben am 1. August als eine der ersten Zentren weltweit mit dem Lichtleiter-Draht Lumi Guide eine neue Technologie erhalten, dank der während Katheterbehandlungen weitestgehend auf Röntgenstrahlung verzichtet werden kann. Das bringt Erleichterungen für PatientInnen und für das Personal im Katheterlabor.

Innsbruck: Mithilfe begleitender Bildgebung wie Computertomografie und Angiografie orientieren sich OperateurInnen während Kathetereingriffen im Körper. Das bedeutet auch, dass PatientInnen und OP-Personal Röntgenstrahlung ausgesetzt sind. Seit 1. August haben die Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie (Direktorin: Sabine Wipper) und die Univ.-Klinik für Radiologie (Direktorin: Elke Gizewski) an der Medizinischen Universität Innsbruck, als eines von nur drei Zentren im deutschsprachigen Raum – eines von acht weltweit – und als bisher einzige Radiologie überhaupt, für solche Eingriffe eine neue Technologie zur Verfügung, die weitestgehend ohne Strahlung auskommt: Lumi Guide.

Die Firma Philips hat einen mit Glasfaser gefüllten Lichtleiter-Draht entwickelt, der mit verschiedenen Kathetern verbunden und über einen Adapter an den Angiografie-Monitor angeschlossen werden. Bevor der Draht samt registrierter Katheter durch das Gefäßsystem geführt wird, muss er jeweils kalibriert werden, um sich im Körper richtig zu verorten. Das Lichtsignal wird in ein Bild übersetzt und in Echtzeit auf den Angiografie-Monitor gespielt. „Dieses zweidimensionale Bild wird über ein zuvor aufgenommenes, ebenfalls zweidimensionales CT- oder Angiografie-Bild mit dem Gefäßbaum gelegt, sodass die RadiologInnen und ChirurgInnen eine 3D-Ansicht erhalten. Das ist von Vorteil für die Sondierung, also wenn wir den Katheter in die einzelnen Gefäßabgänge führen. Es erleichtert uns die Arbeit“, erklärt Sabine Wipper.

Die Direktorin der Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie konnte bereits vor rund acht Jahren in Hamburg Erfahrungen mit einem Prototyp des Lichtdrahts sammeln, der damals aber nur mit einem Katheter kompatibel war. Ihrer Erfahrung und gemeinsamen Bemühungen mit Elke Gizewski sowie dem interdisziplinären endovaskulären Team unter der Leitung von Florian Enzmann und Martin Freund ist es zu verdanken, dass Innsbruck von Philips als weiteres Zentrum für den Lumi Guide, der noch nicht kommerziell erhältlich ist, ausgewählt wurde. Gleichzeitig mit der Einführung haben die ForscherInnen mit einer Registerstudie (Leitung: Alexander Loizides) begonnen. Darin werden mit Lumi Guide behandelte PatientInnen erfasst. Die Tirol Kliniken finanzieren mit Beteiligung der Medizinischen Universität Innsbruck die kostspielige Technologie – ein Lichtdraht kann jeweils nur einmal verwendet werden.

An der Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie wird der Lichtdraht für häufige komplexe endovaskuläre Eingriffe an Gefäßen im Brust- und Bauchraum verwendet. „Unser Ziel ist es, die Strahlung zu reduzieren und auch Kathetermaterial zu sparen, da wir durch die 3D-Ansicht besser abschätzen können, welche Katheter wir brauchen werden“, sagt Wipper. Lumi Guide bringe außerdem Vorteile für die Ausbildung und Katheter-Trainings der ChirurgInnen, die damit strahlungsfrei durchgeführt werden können. „Wir haben dafür ein eigenes Trainingsmodell entwickelt“, schildert sie.

Besonders ist der weltweit erstmalige Einsatz des Lumi Guide an einer Univ.-Klinik für Radiologie. Neben interdisziplinären Eingriffen, die in Kooperation mit der Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie durchgeführt werden, wie z.B. die Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (paVK, Schaufensterkrankheit) oder das Einsetzen von Aortenprothesen, möchte Radiologie-Direktorin Elke Gizewski mit ihrem Team das Einsatzspektrum des Lichtdrahts im Bereich der interventionellen Radiologie erweitern. Sie plant damit unter anderem Eingriffe bei PatientInnen mit Leberzirrhose, die minimalinvasiv einen Umgehungskreislauf erhalten sollen, oder mit Lebertumoren, die eine Embolisation (therapeutischer Verschluss von Gefäßen, Anm.) bekommen. „Ich hoffe, dass wir irgendwann noch weitere Einsatzmöglichkeiten haben werden, z.B. mit einem Mikrodraht. Ich weiß nicht, ob die Technologie irgendwann die Durchleuchtung komplett ersetzen wird, große Teile aber bestimmt. Das ist das, woran wir jetzt forschen“, sagt Gizewski.

Die beiden Klinikdirektorinnen freuen sich und sind stolz darauf, dass sie „bei so einer innovativen Technik bei den ersten weltweit dabei sind und die ersten sind, die das auch außerhalb gefäßchirurgischer Eingriffe einsetzen. Es ist ein Benefit für die PatientInnen und das Personal.“