Verstärkung fürs Knie: 3D-Biodruck mit körpereigenen Knorpelzellen

Sportliche Aktivitäten können bei falscher Belastung zu Verletzungen führen, oftmals am Knorpel in den Gelenken. Unbehandelte Knorpeldefekte können im Alter zu Arthrose führen, für die es aktuell keine wirksame Therapie gibt. Personalisierte Knorpelzellimplantate aus dem 3D-Drucker sollen künftig Abhilfe schaffen. Dafür werden spezielle Drucktinten entwickelt, die körpereigene Knorpelzellen enthalten. Das vierjährige Projekt des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) startete im Januar 2024. Es wird mit rund 2 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Knorpelschäden im Knie oder anderen Gelenken zeigen nur eine geringe Fähigkeit zur Selbstheilung, denn Knorpel besitzt keine Blutgefäße. Eine bewährte Methode zur Behandlung solcher Defekte ist die Transplantation von körpereigenen Knorpelzellen. Hierbei werden gesunde Knorpelzellen aus einem weniger beanspruchten Bereich des betroffenen Gelenks entnommen, im Labor vermehrt und anschließend in den geschädigten Bereich des Knorpels transplantiert. Obwohl diese Technik dazu beiträgt, Schmerzen zu lindern, die Gelenkfunktion zu verbessern und das Fortschreiten von Knorpelschäden zu verlangsamen, ist sie nicht in allen Fällen anwendbar. Insbesondere für größere Knorpeldefekte wird nach Alternativen gesucht.

Der 3D-Biodruck, auch Bioprinting genannt, eröffnet hier enorme Potenziale. Diese Fertigungstechnologie ermöglicht es, biologisches Gewebe in einem dreidimensionalen Format herzustellen. Wie bei herkömmlichen Verfahren der additiven Fertigung werden beim 3D-Biodruck Schichten von Materialien zu einer bestimmten Struktur aufgebaut. Allerdings werden als Drucktinten Biomaterialien verwendet, in die sogar lebende Zellen eingebettet sein können.

Biotinten für den 3D-Biodruck

»Im Projekt BioPol-3D entwickeln wir Tinten für den 3D-Biodruck, die bereits die Knorpelzellen der Patientin oder des Patienten enthalten. Die Zellen sind dabei in ein Hydrogel eingebettet. Diese Biotinten können während oder nach dem Druck vernetzt oder stabilisiert werden, um die gewünschte Form und Struktur zu erzeugen«, erklärt Professor Ruben R. Rosencrantz, Leiter des Forschungsbereichs »Life Science und Bioprozesse« am Fraunhofer IAP und Inhaber des Lehrstuhls »Biofunktionelle Polymermaterialien« an der BTU.

Als Hydrogelmatrix setzen die Forschenden unter anderem auf Glykopolymere. Diese werden eigens synthetisiert und eignen sich hervorragend dafür, die natürliche Umgebung von Knorpelzellen im Körper nachzubilden. Bislang kamen Glykopolymere jedoch nicht als Konstruktionsmaterial zum Einsatz. Im Rahmen des Projekts untersucht das Team, wie gut sich die Glykopolymere bezüglich ihrer Material- und Verarbeitungseigenschaften für den 3D-Biodruck eignen, und optimieren sie dafür. »Bei der Entwicklung dieser Glykopolymere vereinen wir unser chemisches und biotechnologisches Know-how am Fraunhofer IAP in einzigartiger Weise. Diese Kombination spielt für BioPol-3D eine entscheidende Rolle, da die Materialoptimierung sehr genau auf die biologischen Vorgänge abgestimmt werden muss. «, so Rosencrantz.

»Unser Ansatz, die Knorpelzellen zu verdrucken, geht über herkömmliche Verfahren hinaus, denn wir bringen die biologische Komponente – also die Knorpelzellen – direkt in Form. Es wird also nicht erst ein Gerüst gedruckt, auf dem später Zellen angesiedelt werden«, ergänzt BTU-Kollegin Professorin Ursula Anderer, die die Arbeitsgruppe »Zellbiologie und Tissue Engineering« leitet.

»Es gibt eine Vielzahl an Parametern, die wir berücksichtigen müssen, um druckfähige Tinten zu entwickeln: die empfindlichen Knorpelzellen müssen vital bleiben, die Tinten müssen biokompatibel und kontrolliert bioabbaubar sein und schließlich muss die gewünschte Knorpelform eine hohe Stabilität und Festigkeit aufweisen. Unser Ziel ist es, eine fortschrittliche 3D-Zellkultur für die Therapie von Knorpelschäden zu etablieren und gleichzeitig die Herstellung solcher Formkörper durch additive Fertigung zu revolutionieren«, so Anderer.

3D-Biodruck stärkt Innovationskraft der Lausitz

3D-Biodruck ist ein aufstrebender Markt, der zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen sowie Start-ups anzieht – eine Entwicklung, von der auch die Lausitz profitieren wird. »Die intensive Zusammenarbeit zwischen der BTU und der Projektgruppe »Biologisierung/Biofunktionalisierung von Polymeren BioPol« am Fraunhofer IAP bietet ein großes Potenzial, um künftig noch innovativere Materialien für den 3D-Biodruck zu entwickeln. Bewähren sich diese Materialien und Verfahren, können wir künftig auch Anwendungen in den Bereichen Sensorik oder Kosmetik erschließen. Das stärkt die Innovationskraft der Region im Bereich des 3D-Drucks und fördert die Aktivitäten zum Strukturwandel in der Lausitz«, sagt Rosencrantz.