Wie hilfreich ist das Inhalieren mit Salzlösung?

MHH-Studie untersucht, wie wirksam hypertone Kochsalzlösung bei unheilbarer Atemwegserkrankung PCD ist.

Bei der Primären Ciliären Dyskinesie (PCD) funktioniert die Selbstreinigung unserer Lunge nicht mehr. Ursache ist eine angeborene Störung der Flimmerhärchen (Cilien) in den Bronchien. Ähnlich wie bei Mukoviszidose lagert sich dadurch zäher Schleim in den Atemwegen an. PCD-Betroffene leiden von klein auf an chronischer Bronchitis, Lungenentzündung oder Erweiterung der unteren Atemwege (Bronchiektasen). Eine Heilung gibt es nicht. Behandelt wird PCD unter anderem mit sogenannter hypertoner Kochsalzlösung, die im Vergleich zum Blut einen höheren Salzgehalt aufweist. Mehrmals täglich inhaliert soll sie helfen, den Schleim zu verflüssigen und den Abtransport beziehungsweise das Abhusten zu erleichtern. Allerdings fehlt – anders als bei Mukoviszidose – der klinische Beweis für die Wirksamkeit dieser zeitlich aufwändigen Behandlung. Den möchte ein Team um Professor Dr. Felix Ringshausen und Dr. Isabell Pink aus der Klinik für Pneumologie und Infektiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nun in Kooperation mit acht weiteren PCD-Prüfzentren erbringen.

Schnellvernebler macht Inhalieren einfacher

Die Studie HELP-PCD soll aufklären, welchen Effekt das Inhalieren mit hypertoner, sechsprozentiger Kochsalzlösung im Vergleich zur Inhalation mit isotonischer, 0,9-prozentiger Kochsalzlösung hat. Dabei setzen die Forschenden zudem einen speziellen Membranvernebler ein, der die Inhalationszeit von 20 auf etwa vier Minuten reduziert. „Der Schnellvernebler ist nahezu geräuschlos, klein und mobil einsetzbar und macht es für die Patientinnen und Patienten einfacher, das Inhalieren in ihrem Alltag unterzubringen“, sagt Professor Ringshausen, Leiter der Spezialambulanzen für Bronchiektasen-Erkrankung, PCD und Mukoviszidose. Die Teilnehmenden inhalieren jeweils acht Wochen lang erst mit der einen, dann mit der anderen Kochsalzlösung, ohne deren Konzentrationen zu kennen. Ihre Lungenfunktion wird zum einen über den Lung Clearance Index (LCI) bestimmt, der die Lungenbelüftung misst, und zum anderen mit Hilfe bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomografie (MRT) ermittelt. Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) fördert die Studie mit rund 600.000 Euro.

Möglichst früh eingreifen

Je nach Alter äußert sich die Erkrankung unterschiedlich – bei Kindern eher in Hals-, Nasen-, Ohren-Beschwerden, verstopften Nasennebenhöhlen oder häufigen Mittelohrentzündungen. Bei Jugendlichen und Erwachsenen ist durch den Sekretstau vor allem die Lungenfunktion eingeschränkt. Für die Betroffenen gibt es keine Erholungsphasen, sie müssen immer wieder Antibiotika gegen die Infekte oder Medikamente gegen die Entzündungen einnehmen. Bereits im Alter von acht Jahren leidet etwa die Hälfte an einer krankhaften Erweiterung der Atemwege als unumkehrbare Folge chronischer Gewebeschäden. „Wir müssen daher dringend möglichst früh eingreifen, um die Selbstreinigungskräfte der Flimmerhärchen in den Bronchien zu verbessern, das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu steigern“, sagt Funktionsoberärztin Dr. Pink.

Doch schon die Diagnose ist nicht einfach. Herkömmliche Lungenfunktionstest wie die Spirometrie, die lediglich die Luftmenge beim Ein- und Ausatmen sowie die Geschwindigkeit des Luftstroms erfasst, sind unzureichend. Röntgenuntersuchungen können den für PCD typischen Sekretstau im unteren Lungenbereich zeigen. Allerdings sind Computertomografien, die die Lunge deutlich detailgenauer darstellen, mit einer Strahlenbelastung für die Patientinnen und Patienten verbunden und somit insbesondere für junge Betroffene zur Verlaufsbeurteilung nicht geeignet. In der HELP-Studie wollen die Forschenden deswegen ein besonderes MRT-Gerät einsetzen, das die Belüftung und Durchblutung der Lunge in Echtzeit darstellt. Es handelt sich hierbei um eine besonders patientenfreundliche Aufnahmetechnik, die ganz ohne Strahlenbelastung, Kontrastmittel und mit nur wenigen Atemstopps auskommt.

Medizinprodukt in Routineversorgung bringen

Während bei der Diagnose Mukoviszidose die Behandlung mit hypertoner Kochsalzlösung eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen ist, müssen Patientinnen und Patienten mit PCD das Medizinprodukt selbst bezahlen. Auch das nötige Inhalationsgerät wird nur in seltenen Fällen auf Rezept verschrieben, die Kostenübernahme von der Krankenkasse oftmals abgelehnt. „PCD-Betroffene sind aber chronisch krank und müssen ihr ganzes Leben lang mehrmals täglich inhalieren“, gibt Professor Ringshausen zu bedenken. Die Studie soll nun den nötigen Beweis erbringen, dass die Behandlung gerade in Kombination mit dem Schnellvernebler effektiv und wirksam ist, um die vergleichsweise kostengünstige Therapie in die Routineversorgung zu bringen. „Wir sind optimistisch, dass uns das auch gelingen wird“, betont der Pneumologe.

Die praktische Durchführung der HELP-PCD-Studie erfolgt mit Hilfe der an der MHH beheimateten CAPNETZ STIFTUNG in Kooperation mit der Hannover Unified Biobank der MHH und dem MHH-Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, sowie weiteren PCD-Prüfzentren der Universitätskliniken in Berlin, Bochum, Essen, Gießen, Heidelberg, Kiel, München und Münster.