Multiple Sklerose
Darm-Hirn-Achse: Zusammenhang CED und Neurodegeneration
Original Titel:
Effect of cannabinoids in mild-to-moderate cases of Crohn's disease as compared to placebo: a systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials
Kurz & fundiert
- Zusammenhang zwischen CED und neurodegenerativen Erkrankungen?
- Systematischer Review und Metaanalyse basierend auf 27 Längsschnittstudien
- Erhöhtes Risiko für Alzheimer, Demenz, Multiple Sklerose und Parkinson bei Menschen mit CED
- Erhöhtes CED-Risiko bei Menschen mit Multipler Sklerose
- Früherkennung und Behandlung einer Darmentzündung für den Nervenschutz wichtig
In der Vergangenheit haben Studien bereits über eine mögliche Verbindung zwischen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und zahlreichen neurodegenerativen Erkrankungen berichtet. Eine aktuelle Metaanalyse von Longitudinalstudien hat nun die Stärke dieses bidirektionalen Zusammenhangs genauer untersucht.
Risiko für Neurodegeneration bei Menschen mit CED?
Zur Identifizierung relevanter Längsschnittstudien wurde eine Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed, Web of Science, Embase, PsycINFO und der Cochrane Library bis Juni 2023 durchgeführt.Metaanalyse über 27 Longitudinalstudien
Die finale Analyse umfasste 27 Studien. Menschen mit CED hatten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes Risiko für neurodegenerative Erkrankungen:- Alzheimer-Demenz: Hazard Ratio, HR: 1,35; 95 % Konfidenzintervall, KI: 1,03 – 1,77; p = 0,031
- Demenz: HR: 1,24; 95 % KI: 1,13 – 1,36; p < 0,001
- Multiple Sklerose: HR: 2,07; 95 % KI: 1,42 – 3,02; p < 0,001
- Morbus Parkinson: HR: 1,23; 95 % KI: 1,10 – 1,38; p < 0,001
Risiko für Alzheimer, Demenz, Multiple Sklerose und Parkinson bei CED erhöht
Die Ergebnisse bestätigten somit Wechselwirkungen entlang der Darm-Hirn-Achse. Insbesondere zeigten die Ergebnisse bei Menschen mit CED ein erhöhtes Risiko für verschiedene neurodegenerative Erkrankungen. Bei Multiple-Sklerose-Patienten zeigte sich ein erhöhtes Risiko für eine CED.Kommunikation zwischen Darm und Gehirn
In der Literatur wurden bereits zahlreiche Mechanismen diskutiert, die dem Zusammenhang zwischen CED und neurodegenerativen Erkrankungen zugrunde liegen könnten. Es handelt sich vermutlich um einen sehr komplexen und multifaktoriellen Zusammenhang. So kann eine Darmentzündung die Darmschleimhautbarriere schädigen, wodurch Bakterien oder bakterielle Produkte in den Blutkreislauf gelangen und Immunzellen aktivieren können. Botenstoffe der Immunzellen können die Blut-Hirn-Schranke durchdringen und so eine Entzündungsreaktion des Zentralnervensystems auslösen, die zur Degeneration bestimmter Nervenzellen führen kann. Möglicherweise wird die Assoziation zwischen CED und Neurodegeneration auch durch Veränderungen des Darmmikrobioms vermittelt. So kann eine Störung der mikrobiellen Diversität im Magen-Darm-Trakt von CED-Patienten zu einer Verringerung von entzündungshemmenden Stoffwechselprodukten und einem Anstieg von neurotoxischen Metaboliten führen. Bei Menschen mit einer durch die chronische Entzündung geschädigten Darmwand können die neurotoxischen Stoffwechselprodukte dann vom Magen-Darm-Trakt in den Blutkreislauf und das Zentralnervensystem gelangen. Auch genetische Faktoren, eine Fehlregulation der Neurotransmitter sowie weitere Mechanismen werden als Ursachen diskutiert.Therapie von Darmentzündungen und Screening-Strategien
Die Studienautoren halten Screening-Strategien für CED-Patienten für notwendig, um neurodegenerative Erkrankungen während der Langzeitbehandlung von CED früher erkennen und behandeln zu können. Da ein fortgeschrittenes Alter der Hauptrisikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen ist, solle hierbei der Fokus auf älteren Menschen mit CED liegen. Die Wissenschaftler hoffen zudem, dass die effektive Behandlung von Darmentzündungen das Auftreten neurodegenerativer Erkrankungen langfristig senken könnte. Eine frühzeitge Erkennung und Behandlung einer CED könnte so eine wichtige Präventionsmaßnahme für den Schutz von Gehirn und Nervensystem sein.© Alle Rechte: HealthCom