Neue Ära personalisierter Tumormedizin in der Strahlentherapie dank Künstlicher Intelligenz

Mit dem neuen, hochmodernen Strahlentherapiegerät „Ethos“ setzt die Klinik für Strahlentherapie – Radioonkologie UKM einen neuen Maßstab in der Behandlung von Tumorerkrankungen. Seit September ermöglicht das System eine noch präzisere und individuellere Strahlentherapie, die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Dies ist in Deutschland bislang nur an wenigen Standorten verfügbar und könnte das Fachgebiet der Strahlentherapie revolutionieren. Klinikdirektor Prof. Hans Theodor Eich und Dr. Christopher Kittel erläutern die Vorteile des zukunftsweisenden Systems. | lwi

„Dieses neue Gerät wird das Fach Strahlentherapie wahrscheinlich revolutionieren.“ Wenn Prof. Hans Theodor Eich, Direktor der Klinik für Strahlentherapie – Radioonkologie am UKM (Universitätsklinikum Münster), über das neue High-Tech Bestrahlungsgerät seiner Klinik spricht, ist ihm die Begeisterung deutlich anzumerken. Seit September werden die ersten Krebs-Patientinnen und -Patienten in Münster mit dem „Ethos“-System behandelt, dessen Anschaffung zu Teilen durch Fördermittel aus dem REACT-EU-Programm finanziert wurde – einem EU-Förderprogramm, das innovative Projekte unterstützt, die zur Modernisierung und Stärkung der Gesundheitsversorgung beitragen.

Neben Münster ist in Nordrhein-Westfalen ein weiteres „Ethos“-System auch am Universitätsklinikum Essen, dem UKM-Kooperationspartner im Westdeutschen Tumorzentrum (WTZ), im Einsatz. Das Besondere an der Tumor-Bestrahlung mit diesem neuen Gerät ist seine innovative Technologie: Bei jeder Behandlung werden CT-Bilder erstellt, die mit der initialen Bildgebung, also früheren Bildern, korreliert werden, um zu prüfen, ob aufgrund anatomischer Veränderungen eine Anpassung des Bestrahlungsplans notwendig ist. Das Erstellen dieses aktualisierten und passgenauen Bestrahlungsplanes für Patientinnen und Patienten gelingt mit Unterstützung einer KI (Künstliche Intelligenz), die auf Milliarden angelernter Bilder zurückgreifen kann, deutlich schneller und präziser als bisher. Der gesamte Prozess erfolgt dabei stets unter Aufsicht von speziell ausgebildeten Physikerinnen und Physikern, Fachärztinnen und Fachärzten sowie medizinisch-technischen Assistentinnen und Assistenten.

Veränderungen tagesaktuell berücksichtigen

„Das ermöglicht uns, bei jeder Bestrahlungssitzung einen neuen, individuellen, an die Tumorkonfiguration und die Organsituation angepassten Bestrahlungsplan zu nutzen“, erläutert Eich die Vorteile des Systems. „So wird neben der aktuellen Tumorgröße beispielsweise auch der Füllungszustand der Harnblase oder die Lage des Magens tagesaktuell berücksichtigt.“ Eich ist sich sicher: „Das ist ein Weg in Richtung personalisierte Tumormedizin in der Radioonkologie.“ Dieser Einschätzung schließt sich auch Dr. Christopher Kittel, leitender Physiker der Klinischen Strahlenphysik, an: „Mit dem neuen Verfahren können wir deutlich genauer und damit schonender bestrahlen – weniger Strahlendosis trifft die benachbarten Regionen und die langfristigen Nebenwirkungen der Strahlentherapie können erheblich reduziert werden.“ Dies kann im besten Fall auch die Behandlungsdauer deutlich verkürzen. So werden Prostata-Karzinome am UKM aktuell etwa 40 Mal, über acht Wochen, bestrahlt. „Mit dem neuen System können wir auf 30, 20, 10 oder vielleicht nur fünf Sitzungen mit gleicher Effektivität runter gehen“, verspricht Eich Patientinnen und Patienten und hebt damit einen weiteren Vorteil der effizienteren Online-Adaptiven-Radiotherapie hervor.

Zwar ist nicht jeder Tumor für diese Methode geeignet, doch für viele Patientengruppen wird das Verfahren eine relevante Verbesserung zu bestehenden Behandlungstechniken darstellen. Besonders profitieren sollen Erkrankte mit Prostata-, Harnblasen-, Gynäkologischen- oder Lungen-Karzinomen sowie Lymphomen. „Hier können wir bei schrumpfenden Tumoren mit der KI sozusagen nachfassen, bei jeder Bestrahlung auf eine kleinere Tumorgröße adaptieren und optimal bestrahlen, weswegen wir sehr dankbar sind, unseren Patientinnen und Patienten das System anbieten zu können“, betont Eich.

Mit dieser neuen Technologie eröffnet das UKM weitere Optionen in der Behandlung von Krebserkrankungen und setzt ein starkes Zeichen für die Zukunft der personalisierten Tumormedizin. Prof. Eich und sein Team freuen sich darauf, die neuen Möglichkeiten des „Ethos“-Systems weiter zu erforschen und zum Wohl der Patientinnen und Patienten einzusetzen.