Gicht erhöht Herz-Kreislauf-Risiko

Original Titel:
Gout and incidence of 12 cardiovascular diseases: a case–control study including 152 663 individuals with gout and 709 981 matched controls

 
Kurz & fundiert
  • Beeinflusst Gicht die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
  • Fall-Kontroll-Studie mit 152 663 Gichtpatienten und 709 981 gematchten Kontrollen
  • Gichtpatienten haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskulären Erkrankungen
  • Atherosklerose, Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Herzklappenerkrankungen, Thrombose häufiger
  • Höherer BMI und mehr chronische Erkrankungen bei Gichtpatienten
  MedWiss Eine britische Studie hat die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Gichtpatienten evaluiert. Insbesondere bei Frauen und Menschen unter 45 Jahren wurde bei einer bestehenden Gicht-Erkrankung ein signifikant höheres Risiko für Herz und Kreislauf beobachtet. Auch nach Berücksichtigung bekannter Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen blieb das Risiko erhöht.
Gicht ist eine Form der Arthritis, die vermutlich durch die Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken verursacht wird. Die Erkrankung kann zu starken Schmerzanfällen sowie Rötungen und Schwellungen in den betroffenen Gelenken führen. Gicht ist mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert. Eine aktuelle Studie aus Großbritannien hat nun das Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Menschen mit Gicht im Vergleich zu passenden Kontrollpersonen untersucht.

Wie stark beeinflusst Gicht das kardiovaskuläre Risiko?

In der Fall-Kontroll-Studie wurden Daten aus elektronischen Gesundheitsakten des UK Clinical Practice Research Datalink verwendet. Die Kohorte umfasste Probanden, bei denen zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2017 erstmals Gicht diagnostiziert wurde. Die Patienten waren bei der Diagnose höchstens 80 Jahre alt und wiesen bis zu 12 Monate nach der Gicht-Diagnose keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf. Die Kontrollkohorte bestand aus bis zu 5 Kontrollpersonen pro Gichtpatient, abgestimmt nach Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Status und geografischer Region. Die Kohorten wurden bis zum 30. Juni 2019 nachbeobachtet. Die statistische Auswertung berücksichtigte bekannte kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Übergewicht, Raucherstatus, Cholesterin-Spiegel, Typ-2-Diabetes, chronische Nierenerkrankung und Bluthochdruck in der Vorgeschichte.

Fall-Kontroll-Studie: 152 663 Personen mit Gicht vs. 709 981 passende Kontrollpersonen

Die Studie umfasste 152 663 Personen mit Gicht im durchschnittlichen Alter von 56,2 Jahren (+/- 13,3 Jahre), davon (78,8 % Männer (n = 120 324), sowie 709 981 passende Kontrollpersonen im durchschnittlichen Alter von 56,5 Jahren (+/- 13,2 Jahren; 79,0 % Männer ). Es entwickelten 20,6 % der Personen mit Gicht (n = 31 479) und 15,0 % der Personen ohne Gicht (n = 106 520) während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 6,5 Jahren (Interquartilbereich: 3,1 –10,5) eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. Patienten mit Gicht hatten ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als passende Kontrollpersonen (Hazard Ratio, HR: 1,58; 95 % Konfidenzintervall, KI: 1,52 – 1,63). Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Gicht war bei Frauen höher als bei Männern. Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Gicht-Patienten versus Kontrollen:
  • Alle: Hazard Ratio, HR: 1,58; 95 % Konfidenzintervall, KI: 1,52 – 1,63
  • Frauen: HR: 1,88; 95 % KI: 1,75 – 2,02
  • Männer: HR: 1,49; 95 % KI: 1,43 – 1,56
Bei Personen unter 45 Jahren war das Risiko doppelt so hoch wie das der alterspassenden Kontrollpersonen (HR: 2,22; 95 % KI: 1,92 – 2,57). Das erhöhte Risiko betraf alle untersuchten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Patienten mit Gicht wiesen häufiger Risikofaktoren für solche Erkrankungen auf. So hatten Gicht-Patienten einen im Schnitt höheren BMI (body mass index) als ihre passenden Kontrollen (Mittelwertdifferenz: 2,90 kg/m2;95 % KI: 2,87 – 2,93) sowie eine höhere Prävalenz von chronischen Nierenerkrankungen, Dyslipidämie, Bluthochdruck in der Vorgeschichte, Adipositas und Typ-2-Diabetes. Die Autoren berücksichtigten solche bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren bei der statistischen Auswertung. Dies verringerte das erhöhte Risiko für kardiovaskulären Erkrankungen im Zusammenhang mit Gicht, eliminierte es jedoch nicht (HR: 1,31; 95 % KI: 1,27 – 1,36).

Gichtpatienten haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Menschen mit Gicht haben demnach ein erhöhtes Risiko, verschiedene kardiovaskuläre Erkrankungen zu entwickeln, wie etwa atherosklerotische Erkrankungen, Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Herzklappenerkrankungen und thromboembolische Erkrankungen. Das Risiko war bei Frauen und Menschen unter 45 Jahren mit Gicht am höchsten. Die Autoren plädieren dafür, dass Strategien zur Reduzierung des kardiovaskulären Risikos bei Patienten mit Gicht entwickelt und umgesetzt werden.

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