Hämatologie und Medizinische Onkologie 2024: Innovationen gemeinsam gestalten. Herausforderungen 
gemeinsam begegnen

Jahrestagung 2024 von DGHO, OeGHO, SGMO und SGH in Basel

Interdisziplinäres Netzwerken und persönlicher Erfahrungsaustausch sind für die internationale Zusammenarbeit unerlässlich. Rund 5.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen an der Jahrestagung 2024 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie in Basel teil. Der größte Kongress für das Fachgebiet im deutschsprachigen Raum bot ein umfangreiches Wissenschafts- und Fortbildungsprogramm, das den rasanten Wissenszuwachs in Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen deutlich machte. Der Grundtenor: Eine unerlässliche – interdisziplinäre und interprofessionelle – Plattform für Expertinnen und Experten, aktuelle Forschungsergebnisse in einem offenen Dialog zu diskutieren und voneinander zu lernen.

Künstliche Intelligenz wird Krebsbehandlungen revolutionieren

Ein Fokus des diesjährigen Kongresses lag auf den Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), die in der Hämatologie und Medizinischen Onkologie großes Potenzial besitzt, zur Präzisierung von Diagnosen und Optimierung von Therapieansätzen beizutragen und die ‚personalisierte Medizin noch personalisierter‘ zu gestalten. Die teilnehmenden Expertinnen und Experten erörterten intensiv, wie die neuen Möglichkeiten der KI in der klinischen Praxis eingesetzt werden können – von der Früherkennung bis zur individualisierten Therapie. Mit Blick auf die diesjährige Verleihung der Nobelpreise für Physik und Chemie an Pioniere der KI-Forschung machte Prof. Dr. med. Jakob Nikolas Kather, Professor für Künstliche Intelligenz in der Medizin an der Medizinischen Fakultät und Informatikfakultät der Technischen Universität Dresden und Vorsitzender des DGHO-Arbeitskreises ‚Künstliche Intelligenz in der Hämatologie und Onkologie, deutlich: „Die prämierten Forschungsergebnisse unterstreichen die enorme Bedeutung dieser Technologie auch für die Medizin und eröffnen neue Wege für individualisierte Therapien, die gezielt auf molekulare Mechanismen in Krebszellen abzielen“.

 

Innovative Patientenversorgung braucht Netzwerke

Dass Innovation nicht gleichbedeutend mit einer optimalen Versorgung ist, betonte Prof. Dr. med. Andreas Hochhaus, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Direktor der Abteilung für Hämatologie und Internistische Onkologie am Universitätsklinikum Jena: „Mit der von der Bundesregierung initiierten Krankenhausreform stehen wir in Deutschland vor großen Herausforderungen. Wenn wir die Diagnostik und Therapie auf einem hohen medizinischen Niveau sichern und optimieren wollen, brauchen wir spezialisierte Zentren. Aber: Ohne ein flächendeckendes Netzwerk und die Einbindung von kommunalen Häusern und Praxen wäre es an den ‚Füßen der Leuchttürme allerdings ziemlich dunkel‘. Deshalb werden wir als wissenschaftliche medizinische Fachgesellschaften den bereits bestehenden engen Dialog mit den gesundheitspolitischen Akteuren noch intensivieren.“

Prof. Dr. med. Peter Brossart, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Universitätsklinikum Bonn, der gemeinsam mit Prof. Dr. med. Anne Angelillo-Scherrer, Klinikdirektorin und Chefärztin des Inselspitals Bern, die Kongresspräsidentschaft innehatte, unterstrich mit Blick auf die Patientenversorgung die von Hochhaus erläuterte Notwendigkeit von Netzwerken: „Kolleginnen und Kollegen aus einer Institution in einem strukturschwachen Flächenland brauchen eine enge Anbindung an die spezialisierten Zentren – beispielsweise durch die Patientenvorstellung in virtuellen Tumorboards oder bei Fragen rund um das oft komplexe Nebenwirkungsmanagement von neuen Arzneimitteln. Dabei wird die Einbindung von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten eine integrale Rolle spielen.“

Fachgesellschaften setzen Impulse für Fortschritt

Im Rahmen der Jahrestagung in Basel unterstrichen die ausrichtenden wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften ihre proaktive Rolle in gesundheitspolitischen Fragen. Das Verfahren der frühen Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln wird ab 2025 – zunächst mit Arzneimitteln für onkologische und seltene („orphan diseases“) Erkrankungen – als HTA-Verfahren auf der europäischen Ebene stattfinden. „Hier werden wir unsere Erfahrung aus dem AMNOG intensiv einbringen und dazu beitragen, gemeinsam mit unseren Österreichischen und Schweizerischen Schwestergesellschaften die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten mit innovativen Arzneimitteln sicherzustellen“, so Prof. Dr. med. Claudia Baldus, Vorsitzende der DGHO und Direktorin der Klinik für Innere Medizin II mit den Schwerpunkten Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel.

Innovation braucht Nachwuchs – Nachwuchs braucht Vorbilder

Anne Angelillo-Scherrer hob den erfolgreichen Studierendentag hervor, der auch im Rahmen des diesjährigen Kongresses stattfand: „Wir haben ganz konkret erlebt, wie wichtig es ist, dass sich erfahrene Kolleginnen und Kollegen mit dem wissenschaftlichen und ärztlichen Nachwuchs zu den aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie von Blut- und Krebserkrankungen austauschen. Denn: Wir werden Innovationen nur dann nachhaltig gestalten können, wenn wir Studierende für unser Fach begeistern.“ Das unterstrich Univ. Prof. Dr. med. Ewald Wöll, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie und Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin am Krankenhaus St. Vinzenz in Zams, anhand des Sitzungsformats ‚Meet the Prof‘: „Junge Kolleginnen und Kollegen brauchen Vorbilder, mit denen sie ihre Ideen kritisch diskutieren können. ‚Meet the Prof‘ bietet hier eine sehr konkrete Plattform für den inhaltlichen Diskurs.“

Preise und Ehrenmitgliedschaften

Auch in diesem Jahr wurden von der DGHO und der OeGHO Preise für herausragende wissenschaftliche Arbeiten verliehen.

Artur-Pappenheim-Preis 2024 (DGHO)

Der mit 7.500 Euro dotierte Preis ist für eine wissenschaftliche Arbeit bestimmt, die sich mit klinischen, experimentellen oder theoretischen Fragen der Hämatologie befasst.
· Preisträger: Prof. Dr. med. Maximilian Merz, Leipzig
· Originaltitel der Arbeit: „Wann wirken CAR-T-Zellen beim Multiplen Myelom – Vom ganzen Körper bis zur einzelnen Zelle“
· Journals: Leukemia, Nature Cancer, Journal of Clinical Oncology

Vincenz-Czerny-Preis 2024 (DGHO)

Der mit 7.500 Euro dotierte Preis ist für eine wissenschaftliche Arbeit bestimmt, die sich mit klinischen, experimentellen oder theoretischen Fragen der Onkologie befasst.
· Preisträger: Dr. med. Rouven Hoefflin, Freiburg
· Originaltitel der Arbeit: „Räumliche Einzelzell-Analysen zeigen eine mehrschichtige Strukturierung des Glioblastoms“
· Journals: Nature, Cell

Doktoranden-Förderpreis 2024 (DGHO)

Der mit 3.500 Euro dotierte Preis ist für eine Arbeit bestimmt, die von Studierenden einer Universität der Bundesrepublik Deutschland eingereicht wird und sich mit klinischen, experimentellen oder theoretischen Fragen der Hämatologie und Onkologie befasst.
· Preisträgerin: Carina Lorenz, Köln
· Originaltitel der Arbeit: „Characterisation of evolutionary dynamics and adaptational processes in response to targeted therapy in oncogene-driven tumours“
· Journals: Clinical Cancer Research, Cancer Research, Nature Communications

Wolfgang-Denk-Preis (OeGHO)

· Dr. med. univ. Dr. scient. med. Dominik Barth, Graz
· Originaltitel der Arbeit: „Early kinetics of C-reactive protein for cancer-agnostic prediction of therapy response and mortality in patients treated with immune checkpoint inhibitors: a multicenter cohort study“
· Journal: Journal for Immunotherapy in Cancer

Wilhelm-Türk-Preis (OeGHO)

· Isabella Mayer, MSc. (Wien)
· Originaltitel der Arbeit: „Kinaseinactivated CDK6 preserves the long-term functionality of adult hematopoietic stem cells”

DGHO-Ehrenmitglieder 2024

Für die Verdienste um die Hämatologie und Medizinische Onkologie und das Lebenswerk verleiht die DGHO Ehrenmitgliedschaften. Diese wurden im Rahmen der Jahrestagung verliehen an:

Prof. Dr. med. Ulrich Kleeberg

Bereits 1974 gewann Kleeberg zusammen mit Kollegen den Artur-Pappenheim-Preis – seinerzeit noch ausgelobt von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie. 1976 gründete er in Hamburg die erste onkologische Schwerpunktpraxis in der Bundesrepublik Deutschland. Sein Wirken ist maßgeblich für die Einführung der ambulanten Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Krebserkrankungen. Dabei tat die Praxisgründung seiner Forschungstätigkeit keinen Abbruch – im Gegenteil. Kleeberg war an zahlreichen klinischen Studien beteiligt. Zudem trug er unter anderem wesentlich zur Etablierung von Qualitätsstandards bei. Er war langjähriger Vorsitzender der Hamburger Krebsgesellschaft und Mitglied des Vorstandes der Deutschen Krebsgesellschaft. 2009 wurde Kleeberg die Karl-Heinrich-Bauer-Medaille der Deutschen Krebsgesellschaft verliehen.

Prof. Dr. med. Charlotte Niemeyer

Niemeyer ist eine deutsche Kinderärztin und Krebsforscherin. Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte sind präleukämische Knochenmarkerkrankungen, die Pathogenese von myelodysplastischen Syndromen im Kindesalter und die Genexpression der juvenilen myelomonozytären Leukämien. Sie ist Gründungsmitglied der European Working Group of MDS in Childhood (EWOG-MDS), Vorsitzende des EWOG-MDS Studienzentrums und koordinierende Projektleiterin der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) für juvenile myelomonozytäre Leukämien (JMML) sowie des myelodysplastischen Syndroms (MDS). Professorin Niemeyer ist Trägerin der Johann-Georg-Zimmermann-Medaille, des Deutschen Krebspreises und Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Prof. Dr. med. Michel Sadelain

Sadelain ist Gentechniker und Zelltherapeut am Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York. Er ist der Gründungsdirektor des Zentrums für Zelltechnik und Leiter des Labors für Gentransfer und Genexpression. Sadelain und sein Team untersuchen den Gentransfer in hämatopoetischen Stammzellen und T-Zellen, die Regulierung der Expression von Transgenen, die Biologie chimärer Antigenrezeptoren und therapeutische Strategien zur Verbesserung der Immunität gegen Krebs. Er ist anerkanntermaßen führend in der Konzeption und Entwicklung synthetischer Rezeptoren für Antigene, die er chimäre Antigenrezeptoren (CARs) nannte. Sadelain ist gewähltes Mitglied der französischen Nationalen Akademie für Medizin und der American Academy of Arts & Sciences.

Jahrestagung 2025

2025 findet die Jahrestagung von DGHO, OeGHO, SGMO und SGH vom 24. bis 27. Oktober im Congress-Centrum Confex in Köln statt. Die Kongresspräsidentschaft wird gemeinschaftlich von Prof. Dr. med. Michael Hallek und Prof. Dr. med. Tim H. Brümmendorf übernommen.

Ausführliche Informationen unter: https://www.jahrestagung-haematologie-onkologie.com/

Über die DGHO

Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. besteht seit 85 Jahren und hat heute mehr als 4.000 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der Wissensdatenbank, mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patientinnen und Patienten im Fachgebiet.

Über die OeGHO

Die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie hat sich zum Ziel gesetzt, die Betreuung von Patientinnen und Patienten österreichweit an den höchsten Standard heranzuführen. Die OeGHO zählt als Fachgesellschaft aktuell deutlich über 800 Mitglieder, von denen ein Großteil Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin mit Additivfach Hämatologie und Internistischer Onkologie sind. Neben der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften, der Festlegung von Standards für die Facharztausbildung und Ausbildungsstätten und der Erarbeitung von Leitlinien will die OeGHO die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen allen an der Krebstherapie Beteiligten und die Forschung auf dem Gebiet der Hämatologie und Onkologie aktiv fördern.

Über die SGMO

Die Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie (SGMO) ist der Berufsverband und die Fachgesellschaft der Ärztinnen und Ärzte mit dem Facharzttitel Medizinische Onkologie. Die SGMO zählt aktuell 431 Mitglieder, hat gemeinnützigen Charakter und verfolgt keine wirtschaftlichen Ziele. Zu den Aufgaben der SGMO gehören insbesondere:
· Die Medizinische Onkologie in der Schweiz wissenschaftlich und praktisch zu fördern
· Die Weiter- und Fortbildung für Medizinische OnkologInnen zu regeln und zu gewährleisten
· Die beruflichen und wirtschaftlichen Interessen der Medizinischen OnkologInnen in der Schweiz zu wahren
· Die Vernetzung von Medizinischen OnkologInnen untereinander sowie mit anderen medizinischen Fachgebieten zu fördern

Über die SGH

Die Schweizerische Gesellschaft für Hämatologie (SGH) ist der Berufsverband und die Fachgesellschaft der Ärztinnen und Ärzte mit dem Facharzttitel Hämatologie. Die SGH zählt aktuell 342 Mitglieder, hat gemeinnützigen Charakter und verfolgt keine wirtschaftlichen Ziele. Zu den Aufgaben der SGH gehören insbesondere:
· Wahrung der Interessen der Hämatologinnen und Hämatologen in der Schweiz;
· Förderung der Hämatologie in der Schweiz;
· Regelung und Gewährleistung der Aus-, Weiter- und Fortbildung in Hämatologie in Zusammenarbeit mit anerkannten Weiterbildungsstätten;
· Förderung der Kollegialität unter den Mitgliedern

Weitere Informationen:

https://www.jahrestagung-haematologie-onkologie.com/ – Kongress-Website