Schlafmedizin kämpft mit Defiziten in der Versorgung, Finanzierung und Anerkennung
Schlafstörungen sind längst zur Volkskrankheit geworden. Schlaf ist kostenlos und gleichzeitig die beste Gesundheitsvorsorge. Doch dieser präventive Effekt ist in der Gesellschaft noch nicht hinreichend angekommen. Auch das ist eine der „Herausforderungen der Zeit“ für die Schlafmedizin. Experten aus dem internistischen-, pneumologischen, hals-, nasen- ohrenärztlichen, neurologischen, psychiatrischen und pädiatrischen Bereich widmen sich den sehr unterschiedlichen Erkrankungen, die während des Schlafes auftreten. Einmal jährlich treffen sie sich zum großen Update auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Er findet dieses Jahr vom 14.-16. November in Essen statt. Folgende Themen werden u.a. dort behandelt:
Schlafmedizin in Deutschland – auf dem Weg in die Krise?
Während die deutsche Schlafmedizin lange Zeit eine führende Rolle in Europa einnahm, was die Versorgungsqualität und -dichte betraf, wird jetzt befürchtet, dass Veränderungen, wie die geplante Klinikreform und der Trend zur Ambulantisierung, die bestehenden Versorgungsstrukturen in den Krankenhäusern nachhaltig beschädigen könnten. Als möglichen Ausweg aus dieser Krise wird aktuell das Konzept der „Hybrid-DRGs“ diskutiert.
Eine aktuelle empirische Arbeit zur Situation der schlafmedizinischen Versorgung von Insomniepatientinnen und-patienten in Deutschland zeichnet überdies ein eher düsteres Bild: nur ein sehr geringer Anteil wird derzeit mit der von Leitlinien an erster Stelle vorgeschlagenen KVT-I (Kognitive Verhaltenstherapie für Insomnien) behandelt. Sonst dominieren immer noch Hypnotika als primär therapeutische Interventionen, obwohl es viele Bedenken zu deren unkritischen Einsatz gibt. Sogenannte „stepped care“ Ansätze und möglicherweise auch der Einsatz von digitalen Gesundheitsapplikationen (DIGAs) könnten hier zu einer wesentlichen Verbesserung der Versorgungssituation beitragen.
„Die Finanzierung der Schlafmedizin ist gefährdet“
Traditionell wurden viele Patienten in Krankenhäusern behandelt. Zunehmend ist eine Verlagerung in ambulante Strukturen notwendig. Hierdurch wird sowohl die Ausbildung von jüngeren Schlafmedizinern beeinträchtigt als auch die Finanzierung der Versorgung der Patienten gefährdet. Neue Ansätze wie die Telemedizin sind zwar wissenschaftlich interessant, eine Vergütung im Alltag existiert jedoch nicht und daher hat sich ein breiter Einsatz in der Praxis nicht etabliert. Die zahlreichen Patienten mit Insomnie finden bisher keine ausreichenden Therapieangebote. Die Behandlung von Kindern stellt besondere personelle Herausforderungen dar, ohne dass hierfür eine adäquate Vergütung erfolgt. Viele Ansätze werden diskutiert, aber tatsächlich ist die Finanzierung der Schlafmedizin gefährdet. Hier gibt es viel Arbeit zu leisten.
„Gut zu schlafen ist eine Investition in die Zukunft“
Körperliche Regeneration, Zellerneuerung, Wachstum, geistige und mentale Erholung – all das findet im Schlaf statt. Um erfolgreich zu Lernen, brauchen wir also guten Schlaf. Auch Jugendliche brauchen ein Bewusstsein für den Wert dieser Abläufe, die nur während des Schlafes stattfinden und die entscheidend für ihre körperliche und geistige Entwicklung sind. Dieses Bewusstsein vermittelt ihnen jedoch niemand. Gerade Jugendliche brauchen einen Schlaf, der ausreichend lang und ausreichend tief ist. Schlafexperten fordern, dass der bislang noch stumme Bereich Schlafaufklärung für Kinder und Jugendliche ein klar umrissenes Thema im Präventionsgesetz des Bundesgesundheitsministeriums wird, welches genauso selbstverständlich für sich steht, wie gesunde Ernährung und Bewegung. Die Zeit drängt. In den Wartezimmern der Schlaflabore werden die Patienten immer jünger. Junge Menschen kommen schon als Insomniker in die Sprechstunden von Schlafmedizinern. Diesen Teufelskreis können wir nur durch mehr Schlafaufklärung in jungen Jahren durchbrechen.
Lesen Sie bei Interesse die vollständigen Pressemitteilungen gern hier online!