Brückenschlag in die Zukunft: Von der Forschung zur neuen klinischen Praxis – Rekordbeteiligung beim 5. Europäischen Kongress für Medizinische Physik

München (kf). München (kf). Unter dem Motto „Brückenschlag in die Zukunft: Von der Forschung zur neuen klinischen Praxis“ hatten sich über 1700 Medizinphysiker aus der ganzen Welt vom 11. bis 14. September 2024 in München-Garching versammelt. Von der Grundlagenforschung bis zur klinischen Anwendung zeigte sich das spannende interdisziplinäre Feld der Medizinischen Physik.
An insgesamt vier Tagen war der 5. Europäische Kongress für Medizinische Physik (ECMP), ein einzigartiges Forum für den Austausch über neueste Erkenntnisse und innovative Entwicklungen in allen Bereichen der Medizinischen Physik. Die ECMP-Tagungspräsidentin Professorin Yolanda Prezado, Santiago de Compostela, erklärte: „Die Medizinphysik ist ein sehr breit gefächertes Fach, das von der Strahlentherapie über die diagnostische Bildgebung mit ionisierender und nicht-ionisierender Strahlung, die Audiologie bis hin zu Künstlicher Intelligenz (KI) reicht.“ Das gemeinsam mit der Präsidentin des Dreiländerkongresses, Professorin Katia Parodi, München, erstellte Programm bot einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Innovationen in den verschiedenen Bereichen der Medizinischen Physik.

Die Teilnehmer konnten sich über die Umsetzung klinisch innovativer Strahlentherapien, ethische Aspekte der Künstlichen Intelligenz und die Umsetzung von KI-Lösungen in der täglichen Gesundheitsfürsorge, die neuesten Innovationen in einer Vielzahl von diagnostischen Bildgebungsmodalitäten, ultraschallvermittelter Medikamentenverabreichung, Strahlenschutz, Audiologie und viele andere Themen informieren.

Impulse für die Zukunft

Viel Aufmerksamkeit erregte das Thema maschinelles Quantenlernen (quantum machine learning) – kurz gesagt die Verbindung von KI und Quantencomputern. Einen Überblick, welches Potential darin steckt, stellte Professor Issam El Naqa, Leiter der Abteilung für maschinelles Lernen und der Abteilung für Strahlungsonkologie am Moffitt Cancer Center in Tampa, in der Joint Session von American Association of Physicists in Medicine (AAPM) und Europäischer Föderation der Organisationen für Medizinische Physik (EFOMP) vor. Aus einer rein theoretischen Disziplin zeichnen sich nun erste reale Anwendungen ab. So könnte das maschinelle Quantenlernen in Zukunft in verschiedenen Bereichen der Strahlentherapie zum Einsatz kommen, von der Behandlungsplanung über die Ergebnisvorhersage bis hin zur Bilddatenanalyse.

Fortschritte in der Röntgenbildgebung leisten einen wichtigen Beitrag in der medizinischen Diagnostik. Wie neue Röntgenverfahren die Medizinische Bildgebung verbessert haben, stellte Prof. Dr. Franz Pfeiffer, München, in seiner Eröffnungs-Keynote vor. Indem die Dunkelfeld-Computertomographie einen bislang kaum beachteten Teil der Röntgenstrahlen nutzt, ermöglicht sie die präzisere Diagnostik von Lungenerkrankungen. Die Auswertung dieser Kleinwinkelstreuung liefert Informationen zu Mikrostrukturen, die beim normalen Röntgen nicht zu sehen sind.

Ohne Ende Höhepunkte – Preisverleihung und Präsidentensymposium

Für seine langjährigen Verdienste um das Fachgebiet der Medizinischen Physik erhielt Prof. Dr. Mark E. Ladd, Heidelberg, die höchste jährlich von der DGMP verliehene Auszeichnung: die Glocker-Medaille. Durch seine Forschungen im Bereich der Ultrahochfeld-MRT ist es ihm und seinem Team gelungen, die Technik der Ultrahochfeld-MRT auch für den Einsatz in Kliniken zugänglich zu machen. Diese Geräte mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla können krankhafte Veränderungen wie Demenz, Epilepsie oder Krebs bereits in einem Frühstadium sichtbar machen.

Neben einem herausragenden wissenschaftlichen Programm mit hochkarätigen Keynote-Speakern zu einer Vielzahl aktueller Themen der Medizinphysik wurden drei international renommierte Pioniere zum Präsidentensymposium eingeladen. Prof. Dr. Peter Hommelhoff, Experimental-Physiker an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Preisträger des renommierten Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises, stellte das aufregende Konzept des „Accelerator on a Chip“ vor. Mit diesem Elektronen-Teilchenbeschleuniger in der Größe eines Mikrochips, der damit revolutionäre Bestrahlungsquellen ermöglicht, könnten Tumore sehr gezielt behandelt werden. In Ergänzung zu Professor Hommelhoffs Ausführungen zeigte Professorin Katalin Hideghety, Strahlenonkologin aus Ungarn, die spannenden Perspektiven lasergetriebener Beschleuniger für die Zukunft der modernen Strahlentherapie auf und präsentierte aktuelle strahlenbiologische Ergebnisse, die im Rahmen der European Extreme Light Infrastructure erzielt wurden. Prof. Issam El Naqa erörterte die durch ionisierende Strahlung induzierte Akustik, ein Phänomen, das thermoakustische Emissionen nutzt, die durch gepulste ionisierende Strahlung erzeugt werden, und das interessante Anwendungen sowohl für die Dosimetrie als auch für die Behandlungsführung in der modernen Strahlentherapie finden kann.

Der Kongress auf dem Universitätscampus in München-Garching bot zudem die Möglichkeit, große Forschungseinrichtungen zu besuchen, die darauf abzielen, Innovationen in biomedizinischen Anwendungen zu fördern, wie das Center for Advanced Laser Applications (CALA) und die Munich Compact Light Source (MuCLS). Interessierte Teilnehmer durften einen Blick in das Reaktorbecken der Forschungs-Neutronenquelle FRM II werfen.

Ausblick auf 2025

Prof. Dr. Markus Buchgeister, Berlin, und Prof. Dr. Andrea Denker, Berlin, laden vom 24. – 27. September 2025 zur 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik nach Berlin-Dahlem ein. Neben den bewährten Themen wird die Medizinische Optik ein neuer Schwerpunkt sein. Ebenso wird an 100 Jahre Quantenphysik erinnert. Die Formulierung der Quantenmechanik durch Werner Heisenberg bildet eine der Grundlagen der Physik – ohne sie keine Digitaltechnologie oder medizinische Diagnostik.