Fortschritte in der Hautkrebstherapie und -forschung: Heiße Diskussionen zur dermatoonkologischen Immuntherapie
Kongressbericht
Würzburg (ka). Diagnostik und Therapie beim Hautkrebs haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Um neue Erkenntnisse und Entwicklungen ging es beim 34. Deutschen Hautkrebskongresses der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO) in Würzburg mit hochspannenden Sitzungen, Vorträgen und praxisbezogenen Workshops zur Hautkrebsdiagnostik, -therapie und -forschung. Mit inzwischen etwa 300.000 Neuerkrankungen im Jahr steigt die Hautkrebsrate in Deutschland seit Jahrzehnten.
„Als häufigste Krebserkrankung des hellhäutigen Menschen ist Hautkrebs allgegenwärtig. Das sehen wir tagtäglich in unseren Praxen, es wird immer mehr zum Problem“, betonte der 1. Vorsitzende der ADO Prof. Dr. Ralf Gutzmer, Minden. „Gleichzeitig wird die Behandlung auch immer komplexer, so dass wir einen großen Bedarf an Spezialisten haben.“ Der Kongress in Würzburg bot gut 1000 Teilnehmenden unter der Leitung des Tagungspräsidenten Prof. Dr. Bastian Schilling, Frankfurt, beste Chancen, sich auf hohem Niveau auszutauschen, neue Therapien zu diskutieren und die Entwicklung insgesamt voranzubringen.
Neue Therapiekonzepte beim Melanom
Ein wichtiger Fokus des Kongresses lag auf aktuellen Erkenntnissen zum Melanom. Erkennung im Frühstadium und immense Fortschritte in der Therapie haben in den letzten 20 Jahren das Überleben für Patientinnen und Patienten mit schwarzem Hautkrebs deutlich verbessert. Rund zwei Drittel der Melanome werden früh genug erkannt und sind vollständig heilbar.
Internationale Spitzenforscher stellten neue Immuntherapien mit zellulären und bispezifischen Wirkstoffen und das Nebenwirkungsmanagement medikamentöser Tumortherapien vor. Neben neuen Ansätzen wie die vieldiskutierte personalisierte mRNA-Vakzinierung und die Erstellung von Proteom- und Metabolom-Profilen zur Vorhersage und Überwachung des Therapieerfolgs wurden vielversprechende Daten zur adjuvanten Therapie mittels PD 1-Blockade in Kombination mit mRNA-Vakzinen präsentiert. Hautkrebspatienten profitieren von den neuen Entwicklungen, wie Prof. Schilling betonte: „Insbesondere der adaptive T Zell-Transfer und TCR-transgene T-Zellen drängen bei Hautkrebs in die Klinik. Aktuell allerdings nur für Patienten mit metastasiertem Melanom in spezialisierten Zentren außerhalb Deutschlands oder in klinischen Studien. Wir gehen aber davon aus, dass bald das erste T-Zell-Produkt auch in Europa eine Zulassung bekommen wird.“
Prof. Dr. Carola Berking, Erlangen, 2. Vorsitzende der ADO, fasste den Goldstandard in der Melanomtherapie zusammen: „Hautkrebs war die erste Krebserkrankung, bei der sich Checkpoint-Blocker bewährt haben. Dieses Jahr wurde die finale Analyse der 10 Jahres-Studie bei metastasiertem Melanom in der Erstlinie präsentiert. Sie zeigt, dass das melanomspezifische Überleben bei Patienten, die damit behandelt wurden, bei über 50 % liegt. In 35% der Fälle hat sich die Tumorlast um 80 bis 100 Prozent reduziert. Viele Patienten kommen ohne eine Folgetherapie aus!“
Von großem Interesse war auch die innovative CAR-T-Zell-Therapie, die Anfang Juni auf dem ASCO (Annual Meeting 2024 der American Society of Clinical Oncology) in Chicago mit neuen Daten vorgestellt wurde. Dazu Prof. Gutzmer: „Grob werden CAR-T-Zellen und T-Zell-Rezeptor transduzierte T-Zellen unterschieden, die aus dem peripheren Blut gewonnen, in vitro modifiziert und dann reinfundiert werden. Die Ergebnisse zu diesen Zellen sind bisher in allen soliden Tumoren, also auch dem Melanom, eher enttäuschend. Allerdings laufen Studien, in denen die T-Zellen weiter modifiziert werden. Erste Daten sind vielversprechend.“
Hochkarätige internationale Plenarredner
Mit Spannung wurden die Plenarvorträge internationaler Spitzenforscher verfolgt. Prof. Antoni Ribas, MD, PhD, Los Angeles/USA, berichtete über seine translationalen Untersuchungen neuartiger zielgerichteter Therapien wie die Behandlung mit PD-1-blockierenden Antikörpern beim Melanom: „How does anti-PD-1 therapy work?“ Prof. Boris C. Bastian, San Francisco/USA, stellte neue Forschungsergebnisse zur molekularen Pathogenese des Melanoms vor: „Pathways of melanoma evolution and their determinants“. Als führender Experte bei der Behandlung von Melanomen und Nierenzellkarzinomen präsentierte Prof. Paul Nathan, London/UK, ein neues Therapieverfahren zum Aderhautmelanom, das im Augenhintergrund entsteht und für das es bisher keine Therapieoption gab: „Systemic treatment of uveal melanoma – progress and opportunities“.
Neoadjuvanz
Ein großes Kongressthema war die neoadjuvante Therapie beim Melanom mittels Immuncheckpoint Blockern. Die neue Behandlungsmethode hat im Vorfeld einer operativen Entfernung des Tumors das Ziel, die Tumorgröße zu reduzieren. Melanompatienten können noch mehr als nach der OP von Medikamenten profitieren, wenn sie vor der OP neoadjuvant eingesetzt werden. Dann kann die Immuntherapie noch besser helfen, die Erkrankung langfristig zu kontrollieren. Dazu Prof. Schilling: „Die neoadjuvante Therapie ist die Innovation der letzten zwei Jahre in der Melanomtherapie im Stadium III mit klinisch detektierbaren Lymphknotenmetastasen. Ziel dieser Behandlung ist weniger das Reduzieren der Tumorgröße, sondern die Verbesserung des langfristigen Verlaufs der Erkrankung. Mit der Therapie vor einer Operation kann eine deutliche Verbesserung des Verlaufs erreicht werden.“
Survivorship – Langzeitüberleben nach Hautkrebs
Ein wichtiger Fokus lag auf dem Thema Survivorship. Da aufgrund neuer Therapien und Behandlungsstrategien immer mehr Patienten lange Zeit überleben, wurde unter Leitung von Prof. Dr. med. Andrea Forschner, Tübingen, das ADO-Komitee Survivorship ins Leben gerufen. Dem bundesweiten Versorgungsnetzwerk ist schon ein Großteil der Dermato-Onkologen beigetreten Zu den initiierten Forschungsprojekten der Survivorship-Programme, die individuell auf Melanompatienten abgestimmt sind, wurden die ersten Ergebnisse präsentiert. Dr. Anja Gesierich, Würzburg, stellte neue Projekte vor, in denen Patienten, Ärzten und Psychoonkologen Nachsorgestrategien entwickeln. In einem nächsten Schritt sollen diese in Leitlinien überführt werden.
Non-Melanoma Skin Cancer
Der Tagungsschwerpunkt Non-Melanoma Skin Cancer befasste sich unter anderem mit dem Plattenepithelkarzinoms und seltenen Hauttumoren wie Schweißdrüsenkarzinom und Hidradenokarzinom. Zum Talgdrüsenkarzinom wurde die neue ADO-Leitlinie vorgestellt. Beim kutanen Lymphom, das als Chamäleon in der Dermatologie gilt, weil es wie andere Hauterkrankungen aussehen kann, ist die Früherkennung entscheidend für die Prognose.
„Für die endgültige Diagnosestellung ist eine sorgfältige klinisch-pathologische Korrelation entscheidend“, betonte Prof. Dr. med. Marion Wobser, Würzburg.
ADOReg für qualitativ hochwertige Real World Evidence Studien
Im Bereich Epidemiologie/Versorgungsforschung wurden aktuelle Ergebnisse aus dem bundesweiten prospektiven Register ADOReg für eine bundesweit hochwertige Patientenversorgung präsentiert. Verschiedene Beiträge zu dem größten prospektiven klinischen Register, das rund 20.000 Melanome enthält, zeigten Vorteile des stetig wachsenden Netzwerks zur Versorgungsforschung. Schon mehr als 75% der bundesweit zertifizierten Hauttumorzentren in Deutschland nehmen an dieser Sammlung von Daten teil, die im echten Leben entstanden sind. https://www.hautkrebsregister.de/
Ein weiteres Highlight war die feierliche Verleihung des Deutschen Hautkrebspreises an Prof. Dr. Elisabeth Livingstone, Essen, für ihre herausragende wissenschaftliche Arbeit in der Hautkrebsforschung.
Ausblick: Deutscher Hautkrebskongress 2025
Die überaus spannenden Diskussionen zu Hautkrebstherapie und -forschung können beim 35. Deutschen Hautkrebskongress weitergeführt werden. Vom 10.–13. September 2025 laden Prof. Dr. Dirk Schadendorf und sein Team in das Congress Centrum Ost nach Essen ein.
Weitere Details unter: ado-kongress.de