Gefährliche Schwangerschaftsvergiftung: Schutz durch neuen Biomarker?

Martina Grote-Wissenschaftspreis „Frauenherzen“ der Herzstiftung für Freiburger Forscher für Erkenntnisse zur Präeklampsie-Prävention.

(Frankfurt a. M./Freiburg) Komplikationen in der Schwangerschaft wie die ernsthafte Erkrankung Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung), die durch Bluthochdruck gekennzeichnet ist, sind der Hauptgrund für Erkrankungen und Sterblichkeit unter Schwangeren. Schwere Fälle der Präeklampsie können aufgrund von Organschäden unbehandelt tödlich verlaufen. Obwohl die Präeklampsie zahlreiche Risikofaktoren mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen teilt, sind kardiovaskuläre Biomarker für die Vorhersage der Präeklampsie bislang nicht ausreichend untersucht. Der Forschungsbedarf für entsprechende Diagnoseverfahren, etwa in Form eines Labortests, ist daher hoch. In einer hochkarätig publizierten Forschungsarbeit zum besseren Verständnis kardiovaskulärer Biomarker bei Schwangeren konnte Dr. Lucas Bacmeister, Klinik für Kardiologie und Angiologie des Universitäts-Herzzentrums Freiburg, belegen, dass sich hochsensitives kardiales Troponin I (hs-cTnI) als Biomarker auch für die Früherkennung dieser lebensbedrohlichen Erkrankung sehr gut eignet. Für seine neuen Erkenntnisse erhält Dr. Bacmeister den Martina Grote-Wissenschaftspreis „Frauenherzen“ der Deutschen Herzstiftung. Der Wissenschaftspreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird jährlich von der Deutschen Herzstiftung gemeinsam mit der Projektgruppe „Frauen und Familie in der Kardiologie“ und der „Arbeitsgruppe Gendermedizin in der Kardiologie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) vergeben. „Meine Ergebnisse zeigen, dass der hs-cTnI-Wert bei schwangeren Frauen einen kardiovaskulären Risikostatus widerspiegelt, der eine Präeklampsie begünstigt“, erklärt der Forscher und Preisträger Dr. Bacmeister zu seiner Arbeit, die im renommierten Fachmagazin „Circulation“ publiziert wurde (1). Infos zur Forschungsförderung: www.herzstiftung.de/herzforschung

Wichtiger Beitrag zur Frühdiagnostik der Präeklampsie

„Die Forschungsarbeit von Dr. Lucas Bacmeister und Kollegen trägt wesentlich zum besseren Verständnis von kardiovaskulären Biomarkern im Blut von Frauen in der Schwangerschaft bei. Zugleich haben die Erkenntnisse das Potenzial, zu einer frühzeitigen Prävention von ernsthaften Herz-Kreislauf-Komplikationen – insbesondere durch die Präeklampsie – bei schwangeren Frauen und ihrem ungeborenen Kind beizutragen“, erklärt der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, bei der Vergabe des „Wissenschaftspreises Frauenherzen“ gemeinsam mit der Stifterin und Namensgeberin des Preises Martina Grote in Frankfurt am Main. „Es ist mir als Stifterin des Preises eine große Freude die Forschung auf diesem Feld der Kardiologie gezielt zu unterstützen und damit sichtbarer zu machen“, betonte Martina Grote bei der Überreichung des Preises. „Mit diesem Wissenschaftspreis unterstützen wir innovative Forschungsarbeiten, deren Ziel es ist, mögliche Unterschiede etwa bei den Risikofaktoren für Herzerkrankungen zwischen Frauen und Männern mehr ins Bewusstsein zu rücken und Frauen besser zu informieren, damit sie sich gezielter um ihre Herzgesundheit kümmern.“

Genauere Vorhersage schwerer Herz-Komplikation in der Schwangerschaft 

Dr. Bacmeister analysierte über 3.700 Blutproben von mehr als 2.200 schwangeren Frauen aus vier internationalen Patientenkohorten. Analysiert wurden die hs-cTnI-Werte im Blut. Bei allen Frauen wurde zum Zeitpunkt der Blutentnahme noch keine Präeklampsie vermutet oder diagnostiziert. „Durch die Analyse konnten wir zeigen, dass hs-cTnI das spätere Auftreten einer Präeklampsie bereits vor den ersten klinischen Symptomen vorhersagt“, berichtet Bacmeister.

In mehreren Analyse-Ansätzen der untersuchten Blutproben ergänzte der Forscher Biomarker in bereits etablierten Vorhersagemodellen um den hs-cTnI-Wert. So habe beispielsweise ein Vorhersagemodell, das den Biomarker sFlt-1/PIGF, sogenannte mütterliche Faktoren und den hs-cTnI-Wert einschloss, in diesem Kontext einen Zusatznutzen geliefert, berichtet der Forscher. „Weitere Analysen zeigten, dass die Hinzunahme von hs-cTnI jedes der korrespondierenden Vorhersagemodelle ohne hs-c-TnI verbesserte, was insbesondere für die schwere Form der Präeeklampsie zu beobachten war.“ Die Hinzunahme von hs-c-TnI zu etablierten Risikofaktoren führte, so Dr. Bacmeister, zu einer „signifikanten Verbesserung“ der Vorhersagegenauigkeit von Präeklampsie – insbesondere bei der früh auftretenden schweren Form der Erkrankung. „Angesichts der Tatsache, dass bis zu 60 Prozent der früh auftretenden schweren Form der Präeklampsie durch rechtzeitige Prävention mit dem Blutverdünner ASS verhindert werden können, sind diese Erkenntnisse von großer klinischer Relevanz“, betont der Freiburger Arzt und Wissenschaftler. Perspektivisch sehen die Freiburger Forscher nach weiteren Beobachtungsstudien mit dem Biomarker hs-cTnI und mütterlichen Faktoren außerdem das Potenzial, dass hs-cTnI als Ersatz für oder als Ergänzung zu bereits etablierten sogenannten Angiogenese-Biomarkern in Gesundheitssystemen dienen könnte, in denen Labortests mit diesen Biomarkern knapp oder nicht verfügbar sind. (wi)

Literatur

1. Circulation. Volume 149, Issue 2, 9 January 2024; Pages 95-106. https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.123.066199: High-Sensitivity Cardiac Troponin I Enhances Preeclampsia Prediction Beyond Maternal Factors and the sFlt-1/PlGF Ratio

Forschung nah am Patienten

Dank der finanziellen Unterstützung durch Stifterinnen und Stifter, Spender und Erblasser kann die Deutsche Herzstiftung gemeinsam mit der von ihr 1988 gegründeten Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF) Forschungsprojekte in einer für die Herz-Kreislauf-Forschung unverzichtbaren Größenordnung finanzieren. Infos zur Forschung unter www.herzstiftung.de/herzforschung

Der Martina Grote-Wissenschaftspreis „Frauenherzen“ der Herzstiftung

Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden bei Frauen immer noch unterschätzt. Dabei sind diese Erkrankungen weiterhin die häufigste Todesursache bei Frauen in Deutschland. Zwar hat sich das Verständnis für geschlechtsspezifische Krankheitsmechanismen und Symptome verbessert. Dennoch ist die Bedeutung von Geschlechtsunterschieden und Diversität konkret in der Behandlung vielen Ärztinnen und Ärzten unklar. Um die Forschung auf diesem Gebiet zu unterstützen, vergibt die Deutsche Herzstiftung gemeinsam mit der Projektgruppe „Frauen und Familie in der Kardiologie“ und der „Arbeitsgruppe Gendermedizin in der Kardiologie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) den „Wissenschaftspreis Frauenherzen“ aus. Der Martina Grote Wissenschaftspreis „Frauenherzen“ der Deutschen Herzstiftung ist dotiert mit 10.000 Euro.

Stifterin Martina Grote (Münster) war bis zu ihrem Ruhestand zuletzt 17 Jahre Geschäftsführerin der NRW Stiftung (Förderverein und Stiftung). Ihr Impuls, sich gezielt für das Thema Frauenherzen einzusetzen kam nach einem eigenen einschneidenden Erlebnis im Jahr 2019 als ihr klar wurde: Herzinfarkt ist nicht nur Männersache. Durch ihre Erfahrungen im Vereins- und Stiftungswesen und die Mitgliedschaft in der Deutschen Herzstiftung intensivierte sich der Kontakt und die Idee eines jährlich zu vergebenden Forschungspreises für Frauenherzen entstand, der seit 2023 vergeben wird.