Heterogenität der metabolischen Dysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung

Etwa 70 Prozent der fettleibigen Menschen haben eine metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD). MASLD tritt jedoch auch bei schlanken Menschen auf. Paradoxerweise sind einige wirksame pharmakologische Ansätze zur Verbesserung der Lebergesundheit bei Menschen mit MASLD mit keiner Veränderung des Körpergewichts oder sogar mit einer Gewichtszunahme verbunden. In einem Übersichtsartikel in ‚The Lancet Diabetes & Endocrinology‘ erörtern Norbert Stefan, Hannele Yki-Järvinen und Brent Neuschwander-Tetri neue Erkenntnisse über diese Heterogenität der MASLD im Hinblick auf ihre Pathogenese, Komplikationen und Begleiterkrankungen und Behandlungsmöglichkeiten. Dieses Wissen könnte dazu beitragen, das Ziel einer Präzisionsmedizin zur Risikovorhersage, Prävention und Behandlung der MASLD zu erreichen.

Die MASLD hat sich zu einer weltweiten Epidemie entwickelt. Menschen mit MASLD können eine Zirrhose und ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln und haben ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Nierenerkrankungen und extrahepatischen Krebsarten zu erkranken. Weltweit haben etwa 38 % der Erwachsenen und 3-10 % der Kinder eine MASDL. Diese Zahlen steigen auf etwa 70 % bzw. 40 % bei Erwachsenen und Kindern mit Fettleibigkeit und/oder Diabetes. Diese Zahlen sind besorgniserregend, da die MASLD und insbesondere die metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis (MASH) und die MASLD-assoziierte Leberfibrose das Risiko für fortgeschrittene Lebererkrankungen (z. B. Leberzirrhose, Leberkrebs) und kardiometabolische Erkrankungen (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes) sowie extrahepatische Krebserkrankungen erhöhen.

Professor Norbert Stefan von der Universität Tübingen, dem Helmholtz Zentrum München und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), betont: „Da die höchste Prävalenz von MASH und Leberfibrose bei Patienten mit Adipositas und Typ-2-Diabetes beobachtet wird, also bei Krankheiten, die in den letzten Jahrzehnten epidemisch zugenommen haben, kann die Untersuchung der Interaktion von MASLD mit Adipositas und Typ-2-Diabetes dazu beitragen, die wichtigsten Mechanismen besser zu verstehen, welche die weltweite Zunahme von MASLD vorantreiben. Da die meisten Menschen mit MASLD an kardialen Ursachen sterben, ist es außerdem wichtig, sich auf die metabolischen Veränderungen zu konzentrieren, die bei Menschen mit MASLD zu beobachten sind“. Die Autoren beschreiben eine relativ große Heterogenität der Ursachen die zu einer MASLD führen. Sie beschreiben diesbezüglich 3 Hauptpathomechanismen: MASLD mit einer dominanten hepatischen genetischen Komponente; MASLD mit einer dominanten metabolischen Komponente, im Zusammenhang mit der hepatischen De-novo-Lipogenese (Neuentstehung von Lipiden); und MASLD mit einer dominanten metabolischen Komponente, im Zusammenhang mit einer Dysfunktion des Fettgewebes. Professor Hannele Yki-Järvinen von der Universität Helsinki, Helsinki, Finnland, fügt hinzu: „Meine Kollegen und ich untersuchen seit mehreren Jahren die verschiedenen Hauptursachen der MASLD. So haben wir zum Beispiel bei Menschen mit MASLD eine Gruppe mit einer dominanten Komponente von metabolischen Faktoren und eine andere Gruppe mit einer dominanten Komponente von genetischen Faktoren identifiziert, und wie zu erwarten, da sich diese Faktoren nicht gegenseitig ausschließen, eine Gruppe mit Merkmalen beider Faktoren. Wichtig ist, dass diese Gruppen unterschiedliche Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes aufweisen.“

Eine Schwierigkeit bei der Einteilung von Patienten in verschiedene Kategorien besteht darin, dass sich die ernährungsbedingten, anthropomorphen, klinischen und genetischen Faktoren nicht gegenseitig ausschließen, so dass die einzelnen Patienten unterschiedlich stark von den verschiedenen Faktoren betroffen sind. Wenn jedoch Patienten anhand der ihnen zugrunde liegenden Mechanismen charakterisiert werden können, könnte dies Therapien erleichtern, die auf diese Mechanismen ausgerichtet sind. Diesbezüglich betont Professor Brent Neuschwander-Tetri von der Saint Louis University, St. Louis, USA: „Neben Lebensstilmaßnahmen wie gesunder Ernährung und mehr Bewegung, die vor allem die Fettmasse reduzieren, können wir in naher Zukunft mit mehreren pharmakologischen Wirkstoffen rechnen, die uns helfen, die MASLD besser zu behandeln. Einige von ihnen haben sich in jüngster Zeit als sehr wirksam erwiesen, um eine Heilung der MASH und eine Verbesserung der Fibrose zu erreichen. Interessanterweise haben sie unterschiedliche Hauptwirkungsweisen, z.B. führen sie zu einer Abnahme der Fettmasse, zu keiner Veränderung der Fettmasse und sogar zu einer Zunahme der Unterhaut-Fettmasse.“

Die Autoren der Übersichtsarbeit glauben, dass das Wissen über diese Konzepte in Zukunft eine personalisierte Risikoprognose und eine individualisierte Behandlung der MASLD ermöglichen wird. Darüber hinaus werden Forscher in der Lage sein, Programme zur Änderung des Lebensstils und Medikamente für die jeweiligen Subtypen auf der Grundlage der verschiedenen Aspekte dieser Krankheit zu entwickeln.

Publikation:

Norbert Stefan, Hannele Yki-Järvinen, Brent A Neuschwander-Tetri. Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease: heterogeneous pathomechanisms and effectiveness of metabolism-based treatment. The Lancet Diabetes & Endocrinology, Published Online December 13, 2024, doi.org/10.1016/S2213-8587(24)00318-8