Neues Angebot für Frühgeborene: Universitätsmedizin Göttingen eröffnet Frauenmilchbank

Ab sofort können Mütter, deren Kinder stationär in der Sektion Neonatologie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) behandelt werden, Muttermilch spenden und an Neugeborene weitergeben. Dieses Angebot ist in der Region einmalig.

Manchmal ist der Start in das Leben nicht so einfach. Kommt es bei der Geburt zu Komplikationen oder sind Mutter und Kind nach der Entbindung in keinem guten Gesundheitszustand, kann dies auch zu Schwierigkeiten beim Stillen führen. Jedes Jahr gibt es in der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) etwa 60 Frühgeborene, die bei der Geburt weniger als 1.500 Gramm wiegen. Besonders für sehr kleine Frühgeborene und Neugeborene mit Magen-Darm-Beschwerden ist die Ernährung mit Muttermilch vorteilhaft, weil sie eine Vielzahl an Nährstoffen und Antikörpern enthält, die die gesunde Entwicklung und das Immunsystem des Babys unterstützen.

„Unterstützung beim Aufbau der Frauenmilchbank haben wir vom Versorgungsforschungsprojekt Neo-MILK erhalten, welches eine strukturelle Stillförderung und den Aufbau von Humanmilchbanken an neonatologischen Zentren in ganz Deutschland zum Ziel hat. Mein Dank gilt zudem unserem gesamten Team, das die Eröffnung der Frauenmilchbank ermöglicht hat“, sagt Priv.-Doz. Jana Dieks, Leiterin der Sektion Neonatologie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der UMG.

„Möglichst schon vor einer absehbaren Frühgeburt werden die Eltern von unseren Stillberaterinnen, auch Laktationsberaterinnen genannt, über die Möglichkeiten von Spenderinnenmilch informiert. Mit dem Einverständnis der Eltern kann ein Frühgeborenes oder krankes Neugeborenes dann Spenderinnenmilch statt Säulingsanfangsnahrung erhalten. Häufig kann die Mutter nach einigen Startschwierigkeiten ihr Kind selbst mit Muttermilch versorgen und die Spenderinnenmilch wird nur für die Anfangszeit benötigt“, sagt Tanja Lochter, Pflegedienstleiterin an der UMG.

Damit Frauenmilch gespendet und einem anderen Kind verabreicht werden darf, müssen ähnlich wie bei einer Blutspende, einige Auflagen erfüllt sein. So ist ein hygienisch einwandfreier Umgang mit der Milch und eine anschließende Aufbereitung notwendig, damit diese für die Ernährung von frühgeborenen und kranken Kindern eingesetzt werden kann. Deswegen müssen die Spenderinnen die Milch vor Ort in der UMG abpumpen, damit sichergestellt ist, dass unter anderem die Kühlkette nicht unterbrochen wird. „Es wurden durch das Veterinäramt alle hygienischen Richtlinien, Materialien und Vorgehensweisen in der UMG überprüft, sodass wir nun unsere Frauenmilchbank in Betrieb nehmen konnten“, erläutert Lochter

Carolin Uhde war eine der ersten Spenderinnen. „Mein Sohn kam als Frühgeburt in der 33. Schwangerschaftswoche zur Welt und wurde danach stationär in der UMG versorgt. Ich habe regelmäßig abgepumpt und hatte viel mehr Milch, als er trinken konnte. Deswegen wurde mir vorgeschlagen, die Milch für andere Frühchen zu spenden“, erinnert sich die 33-Jährige. Nach einer körperlichen Untersuchung und der Kontrolle von Blut sowie Muttermilch war die Spende möglich. „Spenden kann jede Frau, die neben dem Bedarf für ihr eigenes Kind einen täglichen Überschuss an Muttermilch hat und über einen guten Gesundheitszustand verfügt“, erläutert Cordula Walter, Study Nurse in der Sektion Neonatologie der UMG. Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine Milchspende ist, dass das eigene Kind noch stationär in der UMG betreut wird.

Über die Sektion Neonatologie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin

Einige Kinder kommen zu früh auf die Welt. Andere benötigen aufgrund einer Anpassungsstörung, einer Infektion oder einer anderen Erkrankung zunächst medizinische Betreuung. Für solche Situationen sind die Neonatologische Intensivstation 0141 und die Neonatologische Intermediate Care- und Normalstation 0041 speziell ausgerichtet. Im Perinatalzentrum Göttingen an der UMG kümmert sich ein Team aus Neonatolog*innen und Pflegefachpersonen in enger Zusammenarbeit mit der Geburtshilfe der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe um die Früh- und Neugeborenen.

Über die Neo-MILK-Studie

Neo-MILK ist ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördertes, wissenschaftliches Projekt. Ziel ist die Verbesserung der Stillförderung und die Etablierung von Humanmilchbanken auf neonatologischen Intensivstationen in Deutschland. Auf diese Weise sollen mehr frühgeborene Kinder Zugang zu Muttermilch und (falls dies nicht möglich sein sollte) zu Spenderinnenmilch erhalten. Mehr Infos unter: https://neo-milk.uni-koeln.de/