Ausdauersport bei Herzschwäche: Umfassende Studie in „Nature Medicine“

Geschätzt vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Herzschwäche. Wie beeinflussen Ausdauer- und Krafttraining den Verlauf dieser oft lebensbedrohlichen Erkrankung? Die weltweit bisher umfangreichste Studie, geleitet von DHZC-Wissenschaftler Prof. Frank Edelmann, liefert dazu nun in Nature Medicine bedeutende Erkenntnisse.

Bei der Herzinsuffizienz (auch Herzmuskelschwäche oder Herzschwäche genannt) ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut und damit mit Sauerstoff zu versorgen. Unabhängig von der Ursache unterscheiden Mediziner:innen zwei Formen der Herzschwäche: Wenn der Herzmuskel nicht mehr stark genug pumpt, spricht man von „Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion – Heart Failure with reduced Ejection Fraction“, kurz HFrEF.

Demgegenüber steht bei rund der Hälfte aller Betroffenen die „Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion – Heart Failure with preserved Ejection Fraction“, kurz: HFpEF. Dabei liegt die Pumpkraft des Herzens noch im normalen Bereich, aber das Herz kann sich nicht richtig entspannen und das Blut daher nicht gut aufnehmen. Die HFpEF führt zu ähnlichen Beschwerden und Risiken wie die HFrEF, jedoch stehen für diese Form der Herzschwäche weit weniger Behandlungsoptionen zur Verfügung.

Einfluss von Bewegung auf die Erkrankung und Lebensqualität

Welchen Einfluss hat gezieltes körperliches Training auf den Verlauf der Erkrankung und die Lebensqualität der Patient:innen mit HFpEF? Dieser Frage ist ein Forschungsteam des Deutschen Herzzentrums der Charité, der Universitätsmedizin Leipzig und der TUM Universitätsklinik München nachgegangen.

Leiter (PI) der Studie ist Prof. Frank Edelmann, Oberarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Virchow-Klinikum des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZC) und Professor für kardiovaskuläre Prävention.

Bisher umfangreichste Untersuchung zum Thema

Die Ex-DHF-Studie, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), wurde an elf Standorten in Deutschland und Österreich durchgeführt und schloss 322 Patient:innen ein, die nach dem Zufallsprinzip entweder einem einjährigen, strukturierten Trainingsprogramm oder der üblichen medizinischen Versorgung zugewiesen wurden. Bezogen auf die Anzahl der Studienteilnehmer:innen und die Beobachtungszeit ist dies die weltweit bisher umfangreichste Untersuchung zu diesem Thema.

Aufbau des Trainingsprogramms

Das Trainingsprogramm bestand aus einer Kombination von Ausdauer- und Krafttraining, bei dem die Teilnehmer:innen dreimal wöchentlich unter Anleitung trainierten. Zu Beginn umfasste das Training 30 Minuten moderates Fahrradfahren, das über drei Monate schrittweise auf 60 Minuten gesteigert wurde. Nach vier Wochen wurde zusätzlich ein Krafttraining für die großen Muskelgruppen integriert.

Erfolgsmessung und Ergebnisse der Studie

Der Erfolg des Trainings wurde primär mit dem sogenannten „modifizierten Packer-Score“ gemessen, der verschiedene Parameter wie Symptome, Belastbarkeit, Krankenhausaufenthalte und allgemeines Wohlbefinden kombiniert. Zudem wurden die NYHA-Klasse und die Spitzen-Sauerstoffaufnahme (VO₂) erfasst: Die NYHA-Klasse ordnet Patient:innen je nach Schweregrad ihrer Herzinsuffizienz ein (Klasse I „keine Einschränkungen“ bis Klasse IV „starke Einschränkungen bei jeder körperlichen Aktivität“). Die Spitzen-Sauerstoffaufnahme (VO₂) gibt an, wie viel Sauerstoff der Körper bei körperlicher Anstrengung aufnehmen kann.

Die Ergebnisse der Studie haben die Wissenschaftler:innen jetzt in Nature Medicine veröffentlicht, einer der weltweit bedeutendsten Fachzeitschriften für medizinische Forschung: Zusammengefasst konnte nach einem Jahr Training bei den meisten Patient:innen zwar keine signifikante Verbesserung des „modifizierten Packer-Scores“ festgestellt werden. Bei der aufwändig zu messenden Spitzen-Sauerstoffaufnahme (VO₂) führte das Bewegungstraining bei den HFpEF-Patient:innen allerdings zu einer Verbesserung. Zudem wurden die Patientinnen und Patienten der „Trainingsgruppe“ im Schnitt einer höheren NYHA-Klasse zugerechnet, was auf eine gesteigerte Belastbarkeit und eine höhere Lebensqualität hinweist.

Bewegung als wertvolle Ergänzung zur HFpEF-Behandlung

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein gezieltes Trainingsprogramm das Potenzial hat, die Belastbarkeit und Lebensqualität von HFpEF-Patient:innen zu verbessern. Da HFpEF eine systemische Erkrankung ist, die den gesamten Organismus betrifft, sind diese Ergebnisse ermutigend. Sie zeigen, dass Bewegung eine wertvolle Ergänzung zur Behandlung von HFpEF sein kann“, sagt Studienleiter Frank Edelmann.

Sonderforschungsbereich zur HFpEF

Der Kardiologe gehört auch zu den Projektleiter:innen des HFpEF-Sonderforschungsbereichs (SFB) 1470, einem interdisziplinären, langfristigen Forschungsverbund unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Der SFB, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 12 Millionen Euro gefördert, erforscht die Mechanismen und Ursachen von HFpEF mit dem Ziel, neue, gezielte Therapieansätze zu entwickeln.

„Im Rahmen des SFB 1470 möchten wir das Krankheitsbild umfassend charakterisieren und gezielte Behandlungsmöglichkeiten entwickeln. Auch die Ex-DHF-Studie wird mit ihren Ergebnissen zum Erfolg dieses Projekts beitragen“, so Edelmann.

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1038/s41591-024-03342-7

Weitere Informationen:

https://www.dhzc.charite.de/news/ausdauersport-bei-herzschwaeche-300/