Gezielte Genkorrektur könnte Erblinden durch Stargardt-Krankheit verhindern
Forschende haben eine Therapie entwickelt, um die Stargardt-Krankheit zu behandeln. Diese häufigste Form der vererbten Makuladegeneration führt häufig zum Verlust des Augenlichts. In ihrer Studie zeigen die Forschenden vielversprechende Ergebnisse mit einer präzisen Genkorrektur.
Die Stargardt-Krankheit betrifft etwa 1 von 6500 Personen und zählt damit zu den seltenen Krankheiten. Betroffene verlieren zunehmend die Sehfähigkeit im Zentrum ihres Blickfelds, was das Erkennen von Gesichtern und das Lesen erschwert. Die Symptome beginnen meist vor dem 20. Lebensjahr, oft auch schon in der Kindheit. Bisher gibt es keine wirksame Behandlung.
Das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Bence György und Prof. Dr. Botond Roska vom Institut für Molekulare und Klinische Ophthalmologie Basel (IOB) und der Universität Basel hat eine Technologie entwickelt, um die genetische Ursache der Stargardt-Krankheit zu korrigieren. Die Studie in Zusammenarbeit mit Forschenden um David Bryson und Giuseppe Ciaramella vom Biotechnologieunternehmen Beam Therapeutics erschien im Fachjournal «Nature Medicine».
Korrektur der häufigsten ursächlichen Mutation
Das Team nutzt eine Technik namens «Base Editing», mit der Forschende einzelne Bausteine (Nukleinbasen genannt) des DNA-Codes ersetzen können. Für ihren Therapieansatz entwickelte das Forschungsteam um György und Roska eine molekulare Maschinerie, die auf die Nukleinbase Adenin an einer ganz bestimmten Stelle im Erbgut abzielt. Mithilfe von Transportvehikeln aus abgewandelten Viren lässt sich diese Maschinerie in Zellen der Netzhaut einschleusen. Dort soll sie die häufigste Mutation, die mit der Stargardt-Krankheit assoziiert ist, korrigieren.
«Unser Ansatz erzielt bemerkenswert hohe Raten der Genkorrektur», sagt Bence György. «Wir haben durchschnittliche Editierungsraten von 75 Prozent in Zapfenzellen und 87 Prozent in retinalen Pigmentepithelzellen. Das geht weit über das hinaus, was unserer Meinung nach notwendig ist, um Patientinnen und Patienten einen klinischen Nutzen zu bieten.»
Wirksamkeitsnachweis in menschlichem Gewebe
Die Wirksamkeit dieser Technik konnte das Team auch in menschlichem Gewebe nachweisen, unter anderem in menschlichen Netzhäuten von Organspendern. Dass sich die Behandlung auf Patientinnen und Patienten übertragen lasse, sei damit sehr wahrscheinlich, sind die Forschenden überzeugt.
Alissa Muller, die Erstautorin der Studie und Doktorandin am IOB, betont die Präzision und Sicherheit der Technik: «Wir haben umfangreiche Off-Target-Analysen durchgeführt und keine Hinweise auf unbeabsichtigte Editierungen in der Netzhaut oder anderen Körperteilen gefunden.» Dies sei entscheidend für die Entwicklung einer sicheren und wirksamen Therapie.
Auch für andere Erbkrankheiten denkbar
Die Forschenden wiesen auch darauf hin, dass ihr Base-Editing-Ansatz möglicherweise zur Behandlung anderer vererbter Netzhauterkrankungen, die durch ähnliche Mutationsarten verursacht werden, angepasst werden könnte. Die Ergebnisse seien ein bedeutender Fortschritt auf dem Gebiet der okularen Gentherapie. Die nächsten Schritte könnten weitere Sicherheitsstudien und Vorbereitungen für klinische Studien umfassen. Im Erfolgsfall könnte dieser Gen-Editierung-Ansatz Tausenden von Menschen, die von der Stargardt-Krankheit und möglicherweise anderen vererbbaren Netzhauterkrankungen betroffen sind, Hoffnung geben.
Originalpublikation
Alissa Muller et al.
High-efficiency base editing in the retina in primates and human tissues
Nature Medicine (2025), doi: 10.1038/s41591-024-03422-8
Weiterführende Informationen