Genomsequenzierung bei Seltenen und Krebserkrankungen
Universitätsklinikum Dresden startet im Modellvorhaben Genomsequenzierung zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung. // Erstmals genomweite Analyse des gesamten Erbguts im Rahmen der wissensgenerierenden Versorgung. // Chance für individuelle Therapien und passgenaue Diagnostik.
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden hat den Zuschlag für die Teilnahme am Modellvorhaben Genomsequenzierung für Tumorpatientinnen und -patienten sowie Betroffene mit Seltenen Erkrankungen erhalten. Das Modellvorhaben ist ein Vorhaben zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung. Bis 2023 konnten sich Kliniken aus ganz Deutschland für die Teilnahme bewerben – das Universitätsklinikum Dresden hat mit deutschlandweit 27 anderen den Zuschlag in beiden Bereichen erhalten. Damit wird erstmals eine genomweite Analyse des gesamten Erbguts im Rahmen der wissensgenerierenden Versorgung finanziert durch die Krankenkassen möglich. Gerade für Patientinnen und Patienten mit Seltenen oder Onkologischen Erkrankungen, die auf Veränderungen im Erbgut der Körper- oder Tumorzellen beruhen, bietet dies neue Chancen für Diagnose und Behandlung. „Wir freuen uns sehr über diesen Zuschlag. Die Zulassung und somit die Erfüllung aller Anforderungen unterstreichen die herausragende Qualität unserer Arbeit am Universitätsklinikum Dresden. Die Genomsequenzierung ist bei uns bereits etabliert und erprobt. Wir arbeiten multidisziplinär und strukturübergreifend zusammen, um für Patientinnen und Patienten mit Onkologischen und Seltenen Erkrankungen präzise Diagnosen zu stellen und individuelle Therapieansätze anwenden zu können“, sagt Professor Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand am Uniklinikum Dresden.
Für viele Menschen mit einer Seltenen Erkrankung ist der Weg zur Diagnose auch heute noch oft schwierig und langwierig und erfordert viel Kraft von den erkrankten Personen und ihren Familien. Die Diagnosestellung ist jedoch entscheidend für die weitere Versorgung und Betreuung der erkrankten Menschen und ihrer Angehörigen, zum Beispiel für die Anpassung der Therapie, die Durchführung weiterer Diagnostik, die Gestaltung des persönlichen Lebenswegs und die weitere Familienplanung. Durch die Genomanalyse bei Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen wird es möglich, bisher nicht auffindbare genetische Veränderungen aufzudecken, die wahrscheinlich zum Auftreten der Erkrankung beigetragen haben.
Gleiches Potenzial ergibt sich auch bei der individuellen Analyse von Krebserkrankungen. Denn für die Behandlung von Tumorpatientinnen und -patienten stehen zunehmend Wirkstoffe zur Verfügung, die sich zielgenau gegen bestimmte veränderte Moleküle in bösartigen Zellen richten. Gleichzeitig können Veränderungen im Erbgut der Tumorzellen dafür sorgen, dass diese auf bestimmte Behandlungen nicht oder nur schlecht ansprechen. Ziel einer personalisierten Onkologie ist es deshalb, die Behandlung der Patienten auf das individuelle Profil der Veränderungen in den Tumorzellen anzupassen. Ein umfassender Überblick über die Veränderungen im Tumorgenom ermöglicht eine optimale Therapieplanung.
Bei beiden Patientengruppen soll das Modellvorhaben Genomsequenzierung die Möglichkeiten der Medizin erweitern und den erkrankten Patientinnen und Patienten Hoffnung geben. „Uns erschließt sich damit die Möglichkeit, Patientinnen und Patienten eine breite und hochmoderne molekulare Diagnostik anzubieten. Die nun mögliche Nutzung der genomweiten Hochdurchsatzsequenzierung im Rahmen des Modellvorhabens Genomsequenzierung stellt die momentan bestmögliche Diagnostik für Patientinnen und Patienten mit einer genetisch bedingten Seltenen Erkrankung dar“, freut sich Professorin Evelin Schröck, Direktorin des Instituts für Klinische Genetik und Leiterin des Zentrums Klinische Genommedizin der Hochschulmedizin Dresden. „Mit dem Modellvorhaben wird die hochspezialisierte interdisziplinäre Versorgung von Patienten mit Seltenen Erkrankungen nachhaltig verbessert“, so Professor Reinhard Berner, Sprecher des UniversitätsCentrums für Seltene Erkrankungen (USE). Professor Hanno Glimm, Mitglied im geschäftsführenden Direktorium des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT/UCC) Dresden und Sprecher des Zentrums für Personalisierte Medizin in der Onkologie (ZPMO) ergänzt: „Aufbauend auf die mehr als zehnjährige Expertise in der klinischen Interpretation von Ganzgenomsequenzierungen haben wir im Modellvorhaben die Chance, für noch mehr Patientinnen und Patienten die Therapie bestmöglich auf das individuelle molekulare Tumor-Profil abzustimmen.“
Die Strukturen des Universitätsklinikums Dresden stellen einen qualitätsgesicherten Workflow für die molekulare Analyse und klinische Auswertung von Seltenen und Onkologischen Erkrankungen bereit. Patientinnen und Patienten profitieren von der bereits langjährigen Erfahrung in der klinischen Auswertung der Ganzgenom-Sequenzierungsdaten. Mehr als 450 Patientinnen und Patienten pro Jahr können zusätzlich von einem auf die molekularen Veränderungen zugeschnittenen Vorgehen profitieren. Diese Untersuchungen, die zunächst über einen Zeitraum von fünf Jahren durchgeführt werden können, bilden die Grundlage für die Entscheidung, ob in einigen Jahren die Genomsequenzierung Bestandteil der Regelversorgung werden wird.
Ab sofort können sich Patientinnen und Patienten mit bisher ungelösten Seltenen Erkrankungen an die Genetische Ambulanz des Instituts für Klinische Genetik und am UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen wenden.
Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen melden sich direkt oder über ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte am Zentrum für Personalisierte Medizin in der Onkologie (ZPMO) Dresden.
Informationen zur Teilnahme am Modellvorhaben am Uniklinikum Dresden:
https://www.uniklinikum-dresden.de/de/einweiser-und-arzte/modellvorhaben-genomsequenzierung