Neue Erkenntnisse zu „Bovine Meat and Milk Factors“ (BMMF)
Gemeinsame Stellungnahme Nr. 036/2022 von BfR und MRI vom 30. November 2022
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) hat im Februar 2019 Erkenntnisse zu neuartigen Infektionserregern mit der Bezeichnung „Bovine Meat and Milk Factors“ (BMMF) vorgestellt. Sie sollen in den Fleisch- und Milchprodukten des europäischen Rindes vorkommen. Die durch den Verzehr dieser Lebensmittel im frühen Säuglingsalter aufgenommenen Erreger sollen Entzündungen im Darm- und Brustgewebe hervorrufen, welche wiederum im umgebenden Gewebe die Krebsentstehung fördern. Dabei soll es erst Jahrzehnte nach der eigentlichen „Infektion“ zum Ausbruch der Krankheit kommen. Ausgehend von der geografischen Verteilung von Dickdarm- und Brustkrebs-Neuerkrankungen wurde seitens des DKFZ ein Zusammenhang mit dem Konsum von Milch- und Fleischprodukten vom europäischen Rind vermutet und die Schlussfolgerung gezogen, Säuglinge nicht zu früh mit Kuhmilch zu ernähren.
Daraufhin kamen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Max Rubner-Institut (MRI) in einer gemeinsamen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass die Bewertung gesundheitlicher Risiken durch BMMF aufgrund einer zu dieser Zeit unzureichenden Datenlage nicht möglich sei. Seitdem haben sich verschiedene Forschungsgruppen mit BMMF befasst, weshalb BfR und MRI eine Neubewertung der Thematik vorgenommen haben.
Weder die aktuellen noch die früheren Ergebnisse stützen die Hypothese, dass es sich bei BMMF um eine neue Art von Erregern handelt. Sie stellen Varianten bereits bekannter und zum Teil bereits veröffentlichter DNA-Sequenzen dar. Bislang liegen auch keine Erkenntnisse vor, die belegen, dass BMMF im Menschen und anderen Organismen tatsächlich gesundheitsschädigende Effekte verursachen. Zudem zeigen verschiedene aktuelle Studien, dass BMMF nicht nur in Milch- und Fleischprodukten vom europäischen Rind der Art Bos taurus, sondern auch in zahlreichen anderen Lebensmitteln vorkommen, die sowohl tierischer als auch pflanzlicher Herkunft sind.
Damit widerspricht der aktuelle Wissensstand der Hypothese des DKFZ, wonach es sich bei den nachgewiesenen BMMF um „neuartige Erreger“ handelt, die ausschließlich bei europäischen Rindern und den von ihnen gewonnenen Lebensmitteln vorkommen. Die geografische Verteilung von Dickdarm- und Brustkrebs-Neuerkrankungen kann lediglich als Hinweis auf einen potenziellen indirekten Zusammenhang zwischen dem Konsum bestimmter Lebensmittel und dem Auftreten einiger Krebsarten beim Menschen interpretiert werden, stellt aber keinen kausalen Zusammenhang dar.
Auf Grundlage der derzeit verfügbaren Studienergebnisse und Literatur empfehlen BfR und MRI auch weiterhin, Fleisch und Kuhmilch aufgrund ihrer spezifischen Mikronährstoffe als Bestandteil der Beikost für Säuglinge zu verwenden. Das Vermeiden bestimmter Lebensmittel im ersten Lebensjahr ist auch hinsichtlich der Allergieprävention nicht zu empfehlen.
Zusammenfassend und in Anbetracht der Gesamtheit der derzeit verfügbaren Daten sind gesundheitliche Beeinträchtigungen durch BMMF oder BMMF-DNA, die in Fleisch- oder Milchprodukten oder anderen Lebensmitteln enthalten sind, für Verbraucherinnen und Verbraucher jeden Alters nicht zu erwarten.