Wen betrifft die Nebenwirkung Diabetes unter Quetiapin? Blutzuckerüberwachung bei Neuroleptikabehandlung der Bipolaren Störung ist wichtig zur frühen Diabetesdiagnose und -behandlung
Original Titel:
Development of diabetes mellitus associated with quetiapine
In einer früheren Studie hatten wir bereits von den möglichen Auswirkungen von Neuroleptika der zweiten Generation auf den Stoffwechsel berichtet. Diese sogenannten atypischen Neuroleptika werden bei Schizophrenie, aber auch zur Behandlung der Bipolaren Störung eingesetzt. Manche der Medikamente wie Clozapin, Olanzapin oder Quetiapin und Risperidon scheinen häufiger zu Nebenwirkungen wie einer Diabeteserkrankung zu führen als andere Mittel. Aber welche Patienten sind tatsächlich davon betroffen, und kann diese Nebenwirkung effektiv behandelt werden? Dr. Nanasawa und Dr. Sako untersuchten dazu mit ihren Kollegen am Kohnodai Hospital des Nationalen Zentrums für Globale Gesundheit und Medizin in Ichikawa (Provinz Chiba) in Japan, welche Patienten besonders von einer Diabeteserkrankung infolge der Behandlung mit Quetiapin betroffen sind und wie sich ihre Stoffwechselerkrankung typischerweise weiterentwickelt.
In dieser Studie wurden solche Patienten untersucht, die Quetiapin über einen Monat lang (zwischen April 2008 und November 2013) eingenommen hatten und bei denen anschließend eine neu entwickelte Diabeteserkrankung diagnostiziert wurde. Dies wurde entweder anhand von Blutwerten, speziell dem HbA1c zur Feststellung der Zuckerbindung an den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin), oder durch Rezeptverschreibungen zur Behandlung von Diabetes bestätigt. Patienten, deren Zuckerstoffwechselstörung mehr als ein Jahr im Anschluss an die letzte Einnahme von Quetiapin begann, wurden von der Studie ausgeschlossen.
Insgesamt wurden 1688 Patienten gefunden, die Quetiapin zur Behandlung der Bipolaren Störung erhalten hatten. Von diesen wurde bei jedem dritten Patienten (595) der HbA1c-Wert wenigstens einmal während der Studiendauer ermittelt. 33 Patienten (jeder 50ste) bekamen daraufhin Medikamente gegen erhöhte Zuckerwerte verschrieben. Bei 18 der Patienten (entsprechend 1 Patienten von 100) wurde eine tatsächliche Diabeteserkrankung infolge der Quetiapinbehandlung festgestellt. Typischerweise nahmen die Patienten zu diesem Zeitpunkt seit etwa anderthalb Jahren das Neuroleptikum ein. Im Mittel waren diese Patienten 55 Jahre alt, wobei es sowohl sehr junge als auch ältere Betroffene gab. Durchschnittlich litten die Patienten seit 15 Jahren unter der Bipolaren Störung. Männer und Frauen schienen ähnlich häufig von der Nebenwirkung auf den Zuckerstoffwechsel betroffen zu sein. Bei ihnen war auch eine verstärkte Bindung von Zucker an den Blutfarbstoff festzustellen: die HbA1c-Werte waren im Mittel höher als bei gesunden Menschen (7 % statt zwischen 4 % und 6 %). Mit einem BMI von durchschnittlich 28 kg/m waren diese Patienten eher übergewichtig. 17 der diabetischen Patienten hatten auch erhöhte Blutfettwerte (eine sogenannte Dyslipidämie) zu dem Zeitpunkt, als der Diabetes festgestellt wurde. Sämtliche dieser 17 Patienten beendeten innerhalb von drei Monaten nach der Diabetesdiagnose die Quetiapinbehandlung. Bei 4 Patienten normalisierte sich der Stoffwechsel anschließend ohne zuckersenkende Medikamente. Von den 13 übrigen Patienten, die entweder mit Tabletten zur Behandlung der Diabeteserkrankung oder mit Insulin behandelt wurden, erreichten 2 Patienten wieder einen guten HbA1c-Wert, den sie ohne weitere Medikamente erhalten konnten. Weitere 10 Patienten konnten ihren mäßig erhöhten Blutzucker (HbA1c im Bereich von 5 % bis fast 8 %) mithilfe von Medikamenten stabil halten. Im Allgemeinen soll der Wert unter 8 bleiben, um langfristige Folgen der Erkrankung zu vermeiden oder zu verzögern.
Diese Studie zeigte damit, dass fast alle Patienten, die infolge einer Quetiapinbehandlung eine Diabeteserkrankung entwickelten, erhöhte Blutfettwerte zeigten und übergewichtig waren. Der Diabetes war bei keinem der Patienten lebensbedrohend, wie es beispielsweise selten bei extremem Überzucker (schwere Hyperglykämie) geschehen kann. Die Erkrankung konnte auch bei mehreren Patienten nach Absetzen des Neuroleptikums deutlich abgemildert werden. Das Problem der Quetiapin-induzierten Diabeteserkrankung betrifft eventuell besonders Patienten mit bereits erhöhten Blutfettwerten oder Übergewicht. Die Studie verdeutlich damit, dass die Stoffwechselwerte wie Blutfette und Blutzucker während der Behandlung mit Antipsychotika überwacht werden müssen, um eine mögliche Entgleisung des Zuckerstoffwechsels früh zu erkennen und eine rasche Behandlung zu ermöglichen.
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