Depressionen können mit der richtigen Ernährung abgemildert, aber nicht geheilt werden
Original Titel:
Diet quality and depression risk: A systematic review and dose-response meta-analysis of prospective studies
Immer wieder wird behauptet, dass eine sinkende Qualität der Nahrung zu einer erhöhten Häufigkeit depressiver Erkrankungen geführt habe. Genauso wird man regelmäßig mit guten Ratschlägen konfrontiert, sich ‚glücklich‘ zu essen. Auf die Statistik von Depressionen und Ernährung oder alternative Erklärungen für die Zahl depressiver Erkrankungen wie beispielsweise Stress oder gestörte Tag-Nacht-Rhythmen wollen wir jetzt nicht weiter eingehen. Der klinische Psychologe Prof. Molendijk vom Universitätsklinikum Leiden in den Niederlanden untersuchte nun mit Kollegen in Spanien und den USA, ob solche Behauptungen durch kontrollierte Studien gestützt werden können.
Dazu durchsuchten sie systematisch wissenschaftliche Datenbanken nach Veröffentlichungen mit Publikationsdaten bis März 2017. Spezifisch suchten sie sogenannte prospektive Kohortenstudien, in denen für Gruppen von Teilnehmern das Ernährungsverhalten oder bestimmte Nahrungsmittelgruppen (wie beispielsweise Gemüse) und die zeitlich folgende Häufigkeit von Depressionen oder depressiven Symptomen untersucht wurden. Insgesamt fassten die Wissenschaftler in ihrer Analyse Daten von 24 separaten Kohorten zusammen, die zusammengenommen fast 2 Millionen Personenjahren entsprachen. Das bedeutet, dass beispielweise eine Studie mit 2000 Teilnehmern über 2 Jahre laufen konnte und daraus in der hier berichteten Analyse die Häufigkeit von depressiven Episoden in 4000 Personenjahren ermittelt wurde. Dadurch konnten Studien auch mit unterschiedlicher Dauer direkt miteinander verglichen werden.
Es zeigte sich, dass qualitativ hochwertige Ernährung ein erniedrigtes Risiko zur Folge hatte, unter depressiven Symptomen zu leiden. Dies war unabhängig von der speziellen Ernährung, also beispielsweise hatte eine Mediterrane Diät einen ähnlich guten Einfluss auf die Stimmung wie eine simple vielseitige Auswahl hochwertiger Nahrungsmittel. Je länger sich die Teilnehmer der verschiedenen Studien solcherart ‚gut‘ ernährten, desto stärker ausgeprägt waren die positiven Effekte auf die depressiven Symptome. Positiv fielen dabei einerseits Ernährungsstile auf, die entzündungshemmend waren oder mindestens Entzündungen nicht förderten. Ähnlich schien auch Fisch und Gemüse generell gut zu tun. Interessanterweise ließ sich ein solcher Effekt aber nicht für die Nahrungsmittelgruppe ‚Obst‘ zeigen. Regelmäßiges Früchteessen wirkte sich im Mittel über alle Studien also nicht messbar auf die depressiven Symptome aus. Weiter fanden die Forscher, dass Studien, in denen der Fokus auf der Häufigkeit einer konkreten Depressionsdiagnose lag, keinen Effekt der Nahrung zeigen konnten. Nur wegen des guten Essens erkrankten also nicht weniger Menschen an Depressionen. Entsprechend führte aber auch eine Ernährung schlechter Qualität nicht zu häufigeren Depressionsdiagnosen.
Die Studienlage zeigt also, dass eine höherwertige Ernährung das Risiko für das Auftreten oder auch den Schweregrad depressiver Symptome verringert. Allerdings gibt es hierzu widersprüchliche Ergebnisse. Speziell welche Ernährungsstile sinnvoll sind und welche nicht, ist beispielsweise weiter nicht völlig klar. Zusätzliche gesundheitliche Risiken wie Übergewicht waren hier außerdem nicht thematisiert worden und müssten in kontrollierten Präventionsstudien genauer in ihrem Einfluss auf Depressionserkrankungen analysiert werden.
Sich gesund zu ernähren kann also das Risiko für depressive Symptome senken. Das gute Essen verbessert demnach die Lage, kann aber keine Depression heilen. Es macht also durchaus Sinn, auf die Ernährung zu achten, allerdings darf man keine Wunder davon erhoffen. Unterstützung gegenüber gutgemeinten Ratschlägen geben die Forscher zum Abschluss auch noch: wer an Depressionen erkrankt, ist nicht selbst schuld, schon gar nicht wegen eines ungesunden Ernährungsstils.
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