Oraler Gerinnungshemmer bietet effektiven und sicheren Thromboseschutz nach Operationen zur Gewichtsreduktion
Starkes Übergewicht und Operationen zur Gewichtsreduktion, sogenannte bariatrische Eingriffe, sind bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung von Thrombosen. Eine aktuelle Studie von Forschenden des Inselspitals, Universitätsspital Bern, und der Universität Bern zeigt nun vielversprechende Resultate bei der Vorbeugung von Thrombosen nach bariatrischen Eingriffen. Die Studienergebnisse, veröffentlicht in der Zeitschrift JAMA Network Open, unterstreichen die Wirksamkeit und Sicherheit eines oralen Gerinnungshemmers als Schutz vor Thrombosen.
Gemäss Bundesamt für Statistik sind in der Schweiz 42 Prozent der Bevölkerung übergewichtig. Jede zehnte Person erfüllt sogar die Kriterien einer Adipositas (starkes Übergewicht mit einem Body-Mass-Index [BMI] von ≥ 30). Der Anstieg an adipösen Menschen hat zu einer weltweiten Zunahme sogenannter bariatrischer Operationen geführt. Bariatrische Operationen sind chirurgische Verfahren an Magen und Dünndarm, die die Nahrungspassage verändern und die Nahrungsaufnahme verringern, um starkes Übergewicht zu reduzieren.
Übergewicht und bariatrische Operationen als Risikofaktoren bei der Thromboseentstehung
Aufgrund ihres starken Übergewichts weisen alle bariatrischen Patientinnen und Patienten ein mittleres bis hohes Risiko für die Entwicklung von Thrombosen auf. Auch bariatrische Operationen selbst können die Entstehung von Thrombosen begünstigen. Thrombosen zeichnen sich dabei durch einen sehr unterschiedlichen klinischen Verlauf aus: einige verlaufen ohne Symptome, andere können zu lebensbedrohlichen Ereignissen führen. In seltenen Fällen können Thrombosen in den Venen zu Lungenembolien mit ernsthaften Folgen führen.
Nach einer bariatrischen Operation treten die meisten Thrombosen mit schwerem Verlauf erst nach der Krankenhausentlassung, aber innerhalb der ersten 30 Tage nach dem Eingriff auf. Daher empfehlen klinische Richtlinien, nach einer solchen Operation neben physikalischen Massnahmen (z. B. frühe Mobilisation) auch Medikamente zur Vorbeugung von Thrombosen einzusetzen. Bisher wurde bei bariatrischen Eingriffen standardmässig ein Gerinnungshemmer unter die Haut gespritzt. In den letzten Jahren haben direkte orale Gerinnungshemmer in Tablettenform das Spektrum der Thromboseprophylaxe (Thrombosevorbeugung) erweitert. Bis anhin gibt es aber noch keine klaren Leitlinien zur bestmöglichen Art, Dosis und vor allem Dauer dieser medikamentösen Prophylaxe.
Schweizer Studie belegt Wirksamkeit und Sicherheit eines oralen Gerinnungshemmers zur Thrombosevorbeugung
Ein Forschungsteam um PD Dr. med. Dino Kröll und PD Dr. med. Guido Stirnimann, Oberärzte der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin des Inselspitals Bern, und der Universität Bern untersuchte mit Forschenden des Inselspitals (PD Dr. med. Philipp Nett) und anderer Schweizer Zentren in einer Studie die Wirksamkeit und Sicherheit des direkten oralen Gerinnungshemmers Rivaroxaban zur Vorbeugung von Thrombosen nach bariatrischen Operationen. Dazu wurden 269 Patientinnen und Patienten mit einem BMI von > 35 rekrutiert. Die eine Hälfte der Studienteilnehmenden erhielt nach dem Eingriff für 7 Tage, die andere für 28 Tage täglich 10 mg Rivaroxaban.
Die Ergebnisse der klinischen Studie zeigen, dass eine Thromboseprophylaxe mit Rivaroxaban unabhängig von der Behandlungsdauer zu einer sehr tiefen Thromboserate führt. In der gesamten Studie wurde nur eine Beinvenenthrombose festgestellt, die zudem keine Symptome verursachte. Diese trat in der Studiengruppe auf, die eine längere Prophylaxe (28 Tage) erhielt. Darüber hinaus belegt die Studie, dass die Thromboseprophylaxe mit Rivaroxaban in der untersuchten Patientengruppe sicher ist: in beiden Studiengruppen wurde eine sehr geringe Blutungsrate beobachtet.
Studienergebnisse werden zukünftige Thromboseprophylaxe bei bariatrischer Patientengruppe beeinflussen
Gemäss PD Dr. Kröll werden die Resultate dieser Studie das zukünftige Management von bariatrischen Patientinnen und Patienten rund um die Operation vereinfachen. «Ein wesentlicher Vorteil für die Patientinnen und Patienten ist die einfache Handhabung einer oralen Thromboseprophylaxe gegenüber einer täglichen Injektion unter die Haut, was die Akzeptanz und die Durchführung der wichtigen Thromboseprophylaxe erleichtert», erklärt der Forscher und Erstautor der Studie. Wie bei den beiden Vorgängerstudien sei auch bei dieser Studie davon auszugehen, dass die Resultate in Fachkreisen Beachtung finden und in die internationalen Richtlinien zur Behandlung von bariatrischen Patientinnen und Patienten einfliessen werden. So dürften die Studienergebnisse mittelfristig die Art und Weise beeinflussen, wie die Thromboseprophylaxe in dieser und eventuell auch in weiteren Patientengruppen durchgeführt wird.
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Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin des Inselspitals
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