Emotionaler Stress kann akute KHK-Ereignisse auslösen
Original Titel:
The Impact of Mental Stress on Cardiovascular Health-Part II
- Review-Artikel zu emotionalem und psychischem Stress und Herzerkrankungen
- Chronischer Stress als Risiko für koronare Herzkrankheit (KHK) bekannt
- Akuter psychischer Stress kann KHK-Ereignis auslösen
- Vermittelt über Entzündungen, aber auch über neuronale Prozesse der Stressverarbeitung
- Nicht nur pharmakologische, sondern auch psychologische Interventionen spielen eine Rolle bei Prävention und Behandlung von KHK-Ereignissen
MedWiss – Psychischer Stress ist ein Risikofaktor für die koronare Herzkrankheit (KHK). Entzündungen werden schon länger als potenziell zugrunde liegende Mechanismen angesehen. Neuere Studien sehen jedoch auch neuronale Effekte auf die Blutgefäßkontrolle als wichtige Elemente des Stress-Problems für die Herzgesundheit und betonen, dass vieles in diesem Komplex noch nicht gut verstanden sei.
Chronischer Stress erhöht das Risiko für die koronare Herzkrankheit (KHK) und verschlechtert die kardiovaskuläre Prognose. Aber auch akuter emotionaler Stress kann bei anfälligen Patienten akute KHK-Ereignisse auslösen. Die Rolle von emotionalem Stress bei Herzerkrankungen und mögliche zugrundeliegende Mechanismen wurden in Review-Artikeln diskutiert.
Akute KHK-Ereignisse durch Verhaltensänderungen vermeiden
In einem Übersichtsartikel fassten Wirtz & von Känel (2017 im Fachjournal Curr Cardiol Rep erschienen) Hinweise auf eine mögliche Rolle von Entzündungen als zugrundeliegendem biologischen Mechanismus zusammen. Die Evidenz stammte aus populationsbasierten Studien, die Zusammenhänge zwischen chronischem Stress und erhöhter Entzündung zeigen. Experimentelle Studien zeigen einen akuten Anstieg von Entzündungsmarkern, der durch Stress induziert wird. Akute KHK-Ereignisse könnten daher durch geeignete Medikamente und Verhaltensänderungen positiv beeinflusst werden.
Eine neuere Übersichtsarbeit fasste nun weitere Faktoren zusammen, über die mentaler Stress die Herzgesundheit beeinträchtigen kann:
- Endotheliale Dysfunktion durch erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems, Freisetzung von Corticotropin-freisetzendem Hormon im Hypothalamus, Hemmeung der Stickoxid-Synthese (NO) durch Kortisol und erhöhte pro-entzündliche Zytokin-Spiegel
- Erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems kann zu einer systemischen Entzündung führen, die auch Arterienwände betrifft und mit atherosklerotischen Plaques einhergehen kann
- Niedriggradige, nicht-infektiöse (sterile) Inflammation spielt bei der Atherogenese und der Bildung koronarer Plaques eine Rolle
- Durch den erhöhten Sympathikotonus (Erregungszustand des sympathischen Nervensystems) kann das Wachstum glatter Muskelzellen in den Arterien angeregt werden, mit Folge einer vaskulären Hypertrophie und der Förderung von Bluthochdruck
- Emotionale Ereignisse führen zudem zu einem Ungleichgewicht in der autonomen nervösen kardialen Kontrolle, wodurch es zu asymmetrischer Repolarisierung und Arrhythmie kommen kann
- Akuter emotionaler Stress kann zudem eine starke Freisetzung von Katecholamin auslösen, u. a. mit direkter Folge der Muskelzell-Schädigung durch erhöhte Kalzium-Level. Diese Effekte können auch ein Herzversagen-Syndrom triggern, die sogenannte Stress-Kardiomyopathie (Takotsubo)
Frauen, so die weitere Zusammenfassung der Datenlage, scheinen dem Risiko einer durch mentalen Stress induzierten myokardialen Ischämie stärker ausgesetzt zu sein als Männer. Dies wird aktuell auf Geschlechtsunterschiede in Gehirnaktivierungs-Mustern bei emotionalem und psychischem Stress zurückgeführt.
Psychischer Stress kann akutes KHK-Ereignis auslösen
Psychischer Stress ist demnach ein unabhängiger KHK-Risikofaktor, der mit einer erhöhten Entzündung und veränderten neuronalen Prozessen einhergeht. Obwohl mittlerweile Leitlinien zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen die Rolle psychosozialer Faktoren und deren Rolle bei der Vorhersage eines Risikos als auch bei der Entscheidungsfindung im Therapieverlauf betonen, muss die Kausalität weiter erforscht werden. In Zukunft sind Studien sinnvoll, die die gesamte Abfolge der Ereignisse von Stress über Entzündung bis hin zur KHK und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen genauer evaluieren. Die bisherige Datenlage unterstützt jedoch, wie wichtig nicht nur medikamentöse, sondern auch psychologische Therapien zur Prävention und Behandlung von Herz-Erkrankungen sind.
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